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Santiago de Chile von oben

Veröffentlicht: 08.11.2018

Es gibt immer wieder neue Facetten in dieser Stadt. Gestern abend hatte ich ein peruanisches Restaurant besucht. In der Straße San Antonio, hier um die Ecke, gibt es einige davon. Scheint hier sehr beliebt zu sein, ähnlich wie Balkangrill in Deutschland: leckere Grillgerichte und große Portionen zu ordentlichen Preisen. Diese peruanische Superpower sollte ich heute noch brauchen. Aber der Reihe nach: Aller guten Dinge sind 3 und so besuchte ich natürlich auch hier in der Hauptstadt das wieder mal sehr schöne Haus von Pablo Neruda. Dieses liegt im Viertel Bellavista und der Name dieses Viertels erschließt sich erst wenn man den Cerro San Cristóbal erklimmt, was ich nach der Besichtigung dann auch tat. Das Haus selbst ist sehr schön eingrichtet, aber etwas weniger Seemannskram im Vergleich zu den anderen.  Eigentlich war das Haus das Liebesnest für Matilde, die später seine 3. Ehefrau wurde. Ein wunderbarer Innenhof, wieder Hanglage und diverse Treppen verbinden die Gebäudeteile. Auch ein schöner Ausblick auf die Cordilleren (Anden) und wo dies nicht möglich ist, ein Scheinfenster mit einem Ölgemälde, das die Küsten-Cordilleren darstellt. Ein Schelm war er schon. Auch eine Art Geheimkabinett gab es, durch das der Meister das Speisezimmer zu betreten pflegte - oft verkleidet. War der Meister müde zog er sich zu einem Schläfchen durch diese Türe zurück. Eine langer Tisch für 14 Personen bot Platz für seine Freunde. Selbstverständlich fehlt auch eine tolle Bar nicht, wo mich am meisten überdimensionale Herrenschuhe begeisterten. Bistrotischchen waren aus Paris, wo Neruda einige Zeit Konsul war. Es gibt auch Fotos, die zeigen wie schlimm das Haus nach dem Sturm durch die Militärs und sonstigen Mob beim Putsch 1973 aussah. Man hat das Haus geplündert, vieles demoliert, gestohlen und auch noch geflutet. Nach dem Tod von Neruda entschloss sich Matilde unermüdlich möglichst viel wieder zu restaurieren und gestohlene Objekte zu ersetzen. Draußen überreichte mir eine Frau nach der Besichtigung eine Kopie, eines seiner Liebesgedichte. Warum? Erfahrungsgemäß ist immer Skepsis angebracht, wenn einen jemand auf der Straße anquatscht. Letztendlich laufen diese unfreiwilligen Gespräche immer in 2 Phasen ab und haben 1 Ziel: 1. eine Story, persönliche Kontaktaufnahme, dann erst kommt der Zweck oder Grund wofür gesammelt oder gebettelt wird. Trotzdem war das dieses Mal ein recht nettes Gespräch, die Person war irgendwie charmant ohne blöd zu kommen, obwohl ich den Zweck nicht stimmig fand. Das Gedicht auf dem kleinen Zettel las ich erst später, als ich schon halb den Berg (von wegen Hügel!) erklommen hatte. "Porque al sentirme solo, pienso en ti. " ( Wenn ich einsam bin, denke ich an Dich. Ich erinnere mich an Dich, wie an den Frühling mit Frohsinn). .... Mariposa de mis flores de mil colores ... (Schmetterling meiner Blumen mit tausend Farben..." Schön gell? Das Gedicht heißt Mi Jardin (mein Garten). Warum bei der Hitze (28°C mit 7% Luftfeuchtigkeit) einen Berg erklimmen. Ich wollte mit dem Funicular (Standseilbahn) hoch fahren, aber die war kaputt. Der angebotene Bus kam für mich nicht in Frage, so viel stand fest. Wasser hatte ich dabei. Außerdem erschließt sich beim Aufstieg der Ausblick und die Gegend immer besser, was für mich ein besonderer Genuss ist. und papperlapapp ein bisschen sportliche Anstrengung schadet nie - der Kreislauf muss mal etwas in Schwung kommen. An den Salzflecken auf meinem T-Shirt konnte ich später erkennen, wie sehr ich geschwitzt hatte. Der Ausblick lohnte wirklich sehr. Cerro San Cristóbal ist nicht mit dem Santa Lucia vergleichbar - Bellavista! Er ist rund 300m höher und bietet einen noch fantastischeren 270° Ausblick auf die Metropole und die Berge. Der Gipfel selbst ist ein Marienheiligtum mit einer großen Statue. Damit es hier auch würdig zu geht, sind diverse Schilder angebracht und zur Stille wird gemahnt. Religiöser Gesang überall aus  Lautsprechern. Dies schafft zunächst spirituelle Stimmung, aber bald nervt es.

Unterwegs hatte ich mir geschworen, den Flüssigkeitsverlust im Tal schnellstmöglich zu ersetzen. Das Viertel Bellavista wird auf Schildern als "Barrio de cultura y bohemian" beworben. Aha, die Lebenskünstler sind da. Daher hatten Pablo und Matilde hier ein Haus.

Für mich war es eine Reggae - Bar mit einer Art Biergarten. Und dieses gönnte ich mir in Form einer Literflasche kalten Cervezas. Dazu eine Empanada con Queso y carne". Die Lebengeister waren auf angenehme Weise wieder hergestellt und es war ein schöner Tag!

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