Veröffentlicht: 03.03.2017
Von Delhi aus flogen wir für einige Tage ins Königreich Bhutan. Beim Flug über Kathmandu zogen wir bei perfektem Wetter am Mount Everest, Lothse und Konsorten vorbei. Nur gerade 700'000 Leute wohnen im kleinen Himalaya-Land Bhutan, im kleinsten Land Asiens - sogar kleiner als die Schweiz. Speziell für uns war, dass man das Land nicht selbst bereisen darf. Man muss eine Tour buchen, die einen staatlich festgelegten Tagessatz kostet. Dafür sind Guide, Fahrer, Essen und Hotels inbegriffen. Man bekommt dann das Visum für genau die gebuchten Tage. Für uns hiess das, dass wir für einmal einen ungewohnt hohen Standard geniessen konnten: Wir wurden in einem tollen Auto herumkutschiert und am Abend bei einem der wunderschönen Resorts abgeliefert.
Nach der Landung in Paro wurden wir von Guide Thinley und Fahrer Raj im traditionellen Gho - einem knielangen Kleid - empfangen, fuhren zum Naturmuseum und besichtigten den Rinpung Dzong. Dzongs sind eine Art Mischung aus Festung, buddhistischem Kloster und Amtshaus. Mönche laufen zwischen den Tempeln umher, während in den Aussenmauern die Gemeindehäuser untergebracht sind. Dann gings schon zum ersten Essen: Immer wurde der Tisch mit mindestens 5 Gerichten zugepflastert. Während die Bhutanesen vor allem Chilli essen (Chilli gilt hier als Gemüse) kommen für die Touristen auch indische, chinesische, tibetische (Momos!) und sogar westliche Gerichte auf den Tisch. Sofort fiel uns die gegenüber Indien gespenstige Ruhe im Land auf. Ausserdem wird kaum gehupt. Auch das Znacht schmeckte herrlich, bekam uns beiden aber gar nicht gut. Die erste Nacht verbrachten wir fast mehr auf dem Klo, als im Bett und waren am Morgen fix & fertig.
Trotzdem wollten wir versuchen, zum berühmten Tiger's Nest - Kloster aufzusteigen. Nicht mal halb oben mussten wir aber kapitulieren und umdrehen. Derweil zogen lachende chinesische Reisegruppen auf Rössern an uns vorbei. Zufälligerweise war gerade der Geburtstag des Königs, der hier mit ganzen drei Feiertagen gewürdigt wurde. Wir konnten Maskentänzen, Darbietungen der Schüler und einem Bogenschiess-Turnier beiwohnen. Dabei wird mit Bambus-Bogen aus 145 Metern auf eine kleine Zielscheibe geschossen. Treffer sind selten und werden daher mit Gruppentanz und -gesang beider Teams ausgiebig gefeiert. Den ganzen Nachmittag schliefen wir durch und kurierten uns aus, denn wir wollten für den nächsten Tag fit sein.
Topfit brachen wir am nächsten Morgen zu einem fünftägigen Trekking auf den Druk-Pfad auf, der über die Berge in die Hauptstadt Thimphu führt. Begleitet wurden wir vom Guide, einem Assistenten, einem Koch, einem Pferdeführer und 7(!) Last-Rössli - alles im Tagessatz inbegriffen. Schon Paro liegt auf 2200 m und die erste Etappe führte auf 3900 m hinauf. Die Luft wurde zunehmend dünner und das Wandern immer anstrengender. Auf dem Gipfel wurden wir mit einem schönen Kloster und einem herrlichen Ausblick auf den Jomolhari (7326 m, zweithöchster Berg Bhutans) belohnt. Die folgenden Tage wanderten wir auf dem Grat, über Pässe und an Bergseen vorbei. Wir übernachteten stets auf fast 4000 m. Die klaren Nächte waren klirrend kalt. Einmal gefror uns sogar die Zahnpasta. Zum Glück bereiteten unsere Lakaien uns stets Bettflaschen für die Nacht oder machten ein Feuer. Die Baumgrenze liegt hier auf fast 4000 m. Die Ausrüstung im Camp stellte punkto Luxus jedes Pfadilager in den Schatten: Wir hatten ein Esszelt mit Kuscheldecken, heisses Wasser zum Waschen und sogar ein WC-Zelt mit richtigem Sitz. Auch für das leibliche Wohl war gesorgt. Neben Tea Time mit Pommes Frites und Popcorn gab es zum Zmittag und Znacht mindestens 5 Gerichte und ein Dessert. Als strenge Buddhisten töten die Buthanesen keine Tiere. Sie essen aber gerne und viel aus Indien importiertes Fleisch. Sogar viel Rindfleisch, das wir in Indien, wo Kühe heilig sind, etwas vermisst hatten.
In Thimphu angekommen erfreuten wir uns zuerst an unserer geheizten Suite. Anderntags besichtigten wir die riesige, 52 m hohe Buddha-Statue über der Stadt und den eindrücklichen Dzong. Es fand gerade das buddhistische Neujahr Losar statt (wieder 2 Feiertage). Wir konnten beim Bogenschiessen mit Hightech-Metallbogen zuschauen und unsere Trekking-Crew beim Darts anfeuern. Beim buthanesischen Darts wird mit schweren Pfeilen auf eine 20 m entfernte, winzige Zielscheibe geschossen.
Am nächsten Tag fuhren wir über den Dochula-Pass nach Punakha. Wir mussten dem Konvoy des Königs und etwas später jenem der Queen ausweichen. Die Royal Family lässt sich im Toyota Hilux chauffieren. In Punakha fanden wir den schönsten Dzong des Landes an einer Flussmündung. Danach wanderten wir zum Fruchtbarkeitstempel. Hier können unfreiwillig kinderlose Paare Rituale zur Abhilfe durchführen lassen. Ein Gästebuch verkündete haufenweise Erfolge mit zahlreichen Fotos von lachenden Babies.
An unserem letzten Tag brachen wir ein zweites Mal zum Tiger's Nest auf. Im gesunden Zustand war es mehr als machbar. Das Kloster in der Felswand hat uns sehr beeindruckt. Wir wollten gar nicht mehr ins Tal zurückkehren. Am letzten Abend nächtigten wir in einem Resort & Spa und gönnten uns ein buthanesisches Heissstein-Bad. Dabei werden glühende Steine in einen vom Holz-Pool abgetrennten Bereich gegeben und man wird langsam gegart.
Wir dachten zurück an die Legenden und Sagen von Tigern und Donnerdrachen, die die Dzongs und Klöster in Bhutan umgeben. Vielleicht ist es auch ein bisschen seine Abgeschiedenheit, die Bhutan so magisch und märchenhaft erscheinen lässt. Schweren Herzens nahmen wir Abschied. Der Rückflug über Kathmandu wird uns in Erinnerung bleiben: Bissige Winde liessen das Flugzeug im Himalaya ordentlich wackeln und schlittern, gerade als wollte es uns noch nicht so richtig loslassen.