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Northland - Einmal Cape Reinga und zurück

Veröffentlicht: 08.02.2019

Sobald wir Auckland hinter uns gelassen haben und Richtung Orewa fahren, kommen wir uns vor wie in einer anderen Welt. Hier im sogenannten Northland, der gesamten Halbinsel nörlich von Auckland, ticken die Uhren etwas langsamer. Die Gegend ist ausschließlich ländlich und satte, grüne Weiden und Wiesen voller Schafe und Kühe und kleine Ortschaften aus Holz- und Wellblechhäusern bestimmen das Bild. Wir sind förmlich erschlagen von dieser Ruhe und Idylle.

Unser erster Halt nach gut 40km on the road ist der Shakespear Regional Park, wo wir über die Website des Auckland Councils einen Zeltplatz buchen konnten. Der Park liegt an der Spitze der Whangaparaoa Peninsula und der Campingplatz direkt am Strand. Die laue Abendluft nutzen wir, um am Strand entlang zu spazieren und den Sonnenuntergang zu beobachten - ich verspreche, es war nicht unser letzter romantischer Abendspaziergang am Meer.

Am nächsten Morgen brechen wir auf zu unserer ersten kleinen Wanderung hier in Neuseeland. Der Shakespear Regional Park wartet mit vier eher kurzen Rundwegen (1-2h) auf. Wir entscheiden uns für einen kurzen Trek, der zu einem Aussichtspunkt führt und uns entlang der eher schroffen nördlichen Küste und durch einen kleinen Wald zurück zu unserem Strand bringt. Das Wetter ist traumhaft! Bei der sommerlichen Hitze kommen wir schnell ins Schwitzen, doch die Aussichten und auch der abwechslungsreiche Weg an sich entschädigen uns für unsere Mühen.

Fun Fact: Neuseeland hat sechs mal so viele Schafe wie Einwohner
Kaum lässt man Auckland hinter sich scheint man allein zu sein
Zum Schutz der Kauri Bäume müssen die Schuhe an verschiedenen Punkten gereinigt werden

Auf unserem Weg zum Uretiti Beach, unserem Ziel für heute, halten wir an den Waipu Caves unweit von Whangarai. Hier hat der Reiseführer uns die ersten Glowworms versprochen. Diese Tiere als Glühwürmchen zu bezeichnen, was ja die Übersetzung ins Deutsche wäre, ist nicht korrekt. Die neuseeländischen Glowworms sind die in etwa Streichholz großen Larven der Pilzmücke. Nachdem sie aus ihren Eiern geschlüpft sind, verbringen diese Mücken etwa 9 Monate im Larvenstadium, während denen sie so viel fressen, wie sie fangen können. Bei der "Jagd" nutzen sie ein chemisch erzeugtes, grün-blaues Licht, welches Beutetiere anlockt. Diese verfangen sich dann in den bis zu 30 klebenden Schleimfäden, die die Larve wie Angeln rund um ihren Höhlenplatz einige Zentimeter tief von der Decke hängen lässt. Hat die Larve genug gefressen, so verpuppt sie sich und eine Pilzmücke schlüpft. Diese lebt nur etwa 4 Tage, denn sie kann keine Nahrung mehr zu sich nehmen, da sie weder einen Mund noch einen Verdauungstrackt besitzt. Eine kurze Zeit, um die "Liebe ihres Lebens" zu finden und Eier abzulegen, wie unser Guide in den Waitomo Caves es so nett ausdrückte, aber dazu kommt im nächsten Blogeintrag mehr.
Ein kleiner Bach fließt durch die Waipu Caves

Die Waipu Caves kosten keinen Eintritt und man kann so weit in die Höhlen hinein klettern, wie man sich traut. Nach etwa 200m gelangen wir in eine etwas größere Kammer mit recht hoher Decke. Man rät uns, die Strinlampen auszuschalten und tatsächlich: unsichtbar im Schein unserer Taschenlampen hängen hunderte kleiner leuchtender Punkte an der Höhlendecke. Es ist fast wie unter einem Sternenzelt und von hier unten sieht man auch die Schleimfäden nicht.

Nachem wir unser Zelt auf einem Zeltplatz unweit des Uretiti Beach aufgeschlagen haben, folgt der obligatorische Abendspaziergang bei Sonnenuntergang am Strand, dann ist dieser Tag auch schon wieder vorbei.


Am nächsten Morgen brechen wir auf mit dem Tagesziel "Cape Reinga". Dies ist der nördlichste, zugängliche Punkt Neuseelands und zudem wartet dort ein wahres Naturwunder: hier treffen nämlich Pazifik und Tasmansee aufeinander! Ein tosendes Schauspiel, das wir uns nicht entgehen lassen wollen! Vom Parkplatz aus führt ein kleiner Lehrpfad bis hinunter zu dem historischen Leuchtturm. Dort angekommen bietet sich uns ein fantastischer Anblick: Ein paar hundert Meter vor den schroffen Felsformationen und Klippen des Festlandes prallen die Wellen der Tasmanesee auf der linken Seite gegen die von rechts ankommenden Wellen des Pazifik. Es schäumt gewaltig und Wasser spritzt mehrere Meter hoch in die Luft. Wir könnten diesem Getöse stundenlang zuschauen!

Steile Klippen und hohe Dünen am nördlichsten Rand Neuseelands
Hier treffen Pazifik und Tasmansee mit schäumender Gischt aufeinander


Wir erfahren, dass dieser Ort ein ganz besonderer für dieMāori ist. Der māorische Name für dieses besondere Fleckchen Land ist "Te Rerenga Wairua" - die Stelle an der die Seelen verschwinden. Ihren Legenden zufolge wandern die Seelen der Verstorbenen über den an der Westseite verlaufenden Ninty Nine Mile Beach (der in Wirklichkeit nur knapp 64 Meilen lang ist) hier her. Dann rutschen sie an den Wurzeln des 800 Jahre alten Pohutukawa Baumes in den Ozean, schimmen zu den Three Kings Islands vor der Küste, um noch ein letztes Mal Lebewohl zu sagen und entschwinden dann entgültig an der Schnittstelle von Pazifik und Tasmansee im Tosen der Wellen, um zu ihren Vorfahren nach Hawaiki zu gelangen. Tatsächlich hat dieser Ort etwas unglaublich Mystisches, wie da die Gewalten der beiden Meere aufeinander prallen.

Die untergehende Sonne zaubert eine malerischer Stimmung am Cape Reinga

Im oberen Bild sieht man links die tosende Berührung von Tasmansee und Pazifik, rechts den Leuchtturm, der 165m hoch über der Colombia Bank den Küstenabschnitt bewacht.

Nachdem wir hier den Sonnenuntergangt abgewartet haben, geht es zurück zum Zeltplatz, nur etwa 5km entfernt. Am nächsten Morgen hatten wir ein entspanntes Frühstück mit Pancakes geplant...doch daraus sollte nichts werden! Schon früh durch ein tiefes Brummen und Summen geweckt, trauen wir unseren Augen kaum, als wir aus dem Zelt klettern wollen. Der Zwischenraum zwischen Innen- und Außenzelt ist schwarz von Moskitos! So etwas haben wir noch nie gesehen. Hunderte oder Tausende sind es! Da will die nächste Aktion unsererseit gut überlegt sein! Wir packen schon im Zelt alles zusammen, was geht und legen alles durch einen Minischlitz vor das Zelt. Anschließend heißt es schnell sein und sich viel bewegen...wie durch ein Wunder schaffen wir es mit nur wenigen Stichen ins Auto und runter von unserem so schönen aber von Mücken geplagten Zeltplatz. Aus unseren Pancakes wird auch nichts mehr, da der Teig im Campinggeschirr anbrennt. Was ein Start in diesen Tag.
Aber es sollte sehr viel besser werden. Im Waipoua Kauri Forest machen wir kurz Halt um die ältesten und größten Kauri Bäume Neuseelands zu bewundern. Die Kauri-Bäume zählen neben den Mammutbäumen zu den größten Bäumen der Welt. Sie wachsen sehr langsam aber stetig bis zu 50m hoch und können mehrere Tausend Jahre alt werden. Irgendwann wird ihr Kern dann zu schwach für das Gewicht und die Bäume zerbrechen und sterben. Die Māori, die die Urwaldriesen mit einfachsten Werkzeugen behandeln mussten, sahen die Kauris als etwas Heiliges an und nur selten wurde ein Baum gefällt, etwa um ein Kriegskanu zu bauen. Mit dem Eintreffen der Europäer ging es diesen tollen Bäumen dann aber an die Rinde. Im Gegensatz zu den Mammutbäumen ist das Holz der Kauris sehr wohl zur Möbel- oder Vertäfelungsproduktion zu gebrauchen und die feine Maserung, resultierend aus dem langsamen Wachstum der Bäume, macht es besonders wertvoll. Eine gigantische Industrie entstand, die dem Northland und ganz Neuseeland schnell zu einem gewissen Wohlstand verhalf. Die Kauris wurden systematisch abgeholzt, die großen und alten Stämme zur Möbelproduktion genutzt, die jungen als Masten für Schiffe. Um die riesigen Stämme aus dem Wald zu transportieren, dachten sich die findigen Holzfäller so manches aus. Manchmal reichten 10-20 Ochsen, um den Stamm zum Fluss oder zur Bahn zu ziehen, manchmal wurden wiederverwendbare Staudämme mit Sollbruchstelle gebaut und die Stämme in die Flucht dieses Dammes gelegt. Dann wurde der Damm zum Brechen gebracht und die Stämme wurden mit ohrenbetäubendem Krachen ins Tal und Richtung Fluss mitgerissen.

Ein wiederverwendbarer Damm mit Sollbruchstelle - Modell im Kauri Museum in Dargaville
Möbel aus Kauri-Holz

Insgesamt hat die Kauri Industrie beinah ganze Arbeit geleistet. Nur noch wenige uralte Riesen stehen in Neuseelands Wäldern, die ältesten hier im Northland. Unser erster Besuch gillt dem Tane Mahuta, dem Gott des Waldes. Dieser rund 2500 Jahre alte Kauri ist der größte Baum Neuseelands. Knapp 6m breit ragt er 18m in die Höhe, ehe die ersten Äste beginnen. Ein majestätischer Riese, der trotz des Abholzungsverbotes gefährdet ist. Fasziniert lauschen wir einem Guide, der von einer Krankheit berichtet, die die Kauris seit einigen Jahren bedroht. Die PTA, oder auch Kauri Dieback, wird über Erde und Wasser übertragen, daher müssen sich die Besucher dieses Waldes an den Eingängen gründlich die Schuhe reinigen. Anscheinend ist vor Kurzem ein Durchbruch in der Erforschung dieser Krankheit gelungen. Nach neuesten Erkenntnissen ist das Immunsystem der  Bäume durch einen Mangel an Phosphor geschwächt. Dieser Mangel steht wohl in direktem Zusammenhang mit dem Rückgang der Vogelpopulation, da Phosphor in hohen Konzentrationen in Vogelkot vorkommt. Die eingeschleppten Fressfeinde von Kiwi und co. sind somit auch für das Sterben der Kauri verantwortlich. Es ist wirklich erstaunlich, wie fragil dieses Ökosystem hier ist.
Tane Mahuta, Gott des Waldes, ist 2500 Jahre alt


Ein paar Meter weiter entlang der Straße gelangen wir zu einem kleinen Parkplatz, von dem aus wir noch andere Kauris bewundern können. Eine kleine Wanderung durch den von Farnbäumen dominierten Wald bringt uns zu den Four Sisters, vier schlanken Kauris in einem Rund, und dem Te Matua Ngahere, dem Vater des Waldes, der sogar noch älter ist als der Tane Mahuta. Markus kann ihn nur aus einiger Entfernung umarmen.

Te Matua Ngahere, den Vater des Waldes, kann man auch nur auf einem Foto umfassen

Wir campen heute im Trounson Kauri Park. Dieser DOC Campingplatz schließt direkt an den Trounson Kauri Forest an, in dem wir noch mehr Kauris bestaunen können. Damit niemand auf die empfindlichen, nah an der Oberfläche liegenden Kauriwurzeln tritt, wurde der gut halbstündige Rundweg durch den Wald komplett mit Stegen ausgebaut. Wir drehen eine Runde  im Hellen und beschließen dann, gegen 22 Uhr auf Kiwi-Exkursion zu gehen. Die nachtaktiven, flugunfähigen Vögel sollen hier zu Hause sein. Und tatsächlich: Wir sind noch keine 10 min. in dem Wald, als uns ein Pärchen vor uns auf einen schnüffelnden, etwa hühnergroßen Kiwi im Unterholz direkt neben dem Steg aufmerksam macht. Wir können unser Glück kaum fassen! Gleich in der ersten Woche auf Neuseeland haben wir diesen scheuen Vogel zu Gesicht bekommen!
Der Kiwi, das Nationalsymbol Neuseelands, ist leider durch viele eingeschleppte Fressfeinde gefährdet. Man geht wohl davon aus, dass nur noch 70.000 Exemplare in Neuseeland leben. Zum Einen kann er nur schwerlich fliehen, da er eben flugunfähig ist, zum Anderen brüten die Tiere bis zu 80 Tage lang in kleinen Höhlen am Waldboden. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass Eierdiebe das Versteck finden, doch sehr hoch. Das DOC, Department of Conservation, versucht der Übermacht an Fressfeinden mit Fallen und Giftködern Herr zu werden. Tatsächlich sehen wir hier überall mit Hühnereiern bestückte Holzfallen.
Wir wandern noch etwas weiter durch den Wald und sind uns zweimal ziemlich sicher einen Kiwi im Unterholz rascheln und schnüffeln zu hören (der Geruchssinn des Kiwi ist sehr gut ausgeprägt), doch zu Gesicht bekommen wir keinen mehr. Schade!
Dafür erwartet uns ein etwa katzen-großes, äußerst niedliches und kaum scheues Tier vor unserem Zelt. An diesem Abend wissen wir noch nicht, dass wir ein Possum gesehen haben. Diese Tiere wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Australien eingeführt. Ihr Fell war sehr beliebt und sollte hier in Neuseeland die Wirtschaft ankurbeln. Ohne natürliche Feinde konnten sich die Possums ungebremst vermehren, bis die Regierung schon Anfang des 20. Jahrhunderts die Notbremse zog. Doch zu spät. In den 1980er Jahren lebten wohl über 70 Millionen Possums in Neuseeland. Und so einem Possum schmeckt auch mal ein Kiwi-Ei, von den Unmengen an Pflanzenmaterial einmal abgesehen. Aufgrund der starken Bejagung leben heute "nur noch" rund 30 Millionen Possums auf Neuseeland. Tierschützer und Bevölkerung arbeiten Hand in Hand, damit diese Plage eingedämmt wird. Tatsächlich sehen wir hier auf den Straßen unzählige totgefahrene Possums. Unsere Ahnung, dass die Einheimischen extra drüber fahren, wenn ein Possum auf die Straße läuft, wird von einer Studentin aus den Niederlanden bestätigt, die hier ein Austauschsemester gemacht hat. Nun ja - irgendwie muss man dem wohl Herr werden.

Unser Ausflug nach Northland geht weiter mit einem Besuch im Kauri-Museum in Dargaville (Bilder oben), wo wir vieles über die Kauri-Holuzindustrie und die Gumdiggers erfahren, die Menschen die nach dem Fällen der Bäume nach dem Bernstein der Kauris gesucht haben. Hier ist die größte Kauri-Bernstein-Sammlung der Welt anzutreffen. Unter anderem ein 84kg schweres Stück.
Am nächsten Tag unternehmen wir eine kleine Wanderung im Atiu Greek Regional Park, wo wir von Kühen und Schafen beobachtet werden. Anschließend geht es zum Muriwai Beach, nordwestlich von Auckland. An diesem schwarzen Sandstrand genießen wir einen atemberaubenden Sonnenuntergang und besuchen am nächsten Tag die Basstölpelkolonie am oberen Ende des Strandes. Die Vögel lassen sich von den Touristen nicht stören sondern segeln majestätisch über unsere Köpfe hinweg.

Der Muriwai Beach ist ein wahrer Traumstrand
Majestätisch gleiten diese Vögel über unsere Köpfe hinweg
Die Sonne in Lauras Händen

Damit endet unsere erste Woche in Neuseeland. Northland haben wir so gut wir konnten erkundet. Jetzt geht es weiter in den zentralen Teil der Nordinsel.



Antworten (1)

Martina
Possums kenne ich auch als "Road Kill", daher denke ich, dass die vielleicht extra unter die Autos laufen! Winke!!

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