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Eine ganz besondere Begegnung

Veröffentlicht: 21.07.2023

Beim Mittagessen am Straßenrand ist uns ein kleiner Laden aufgefallen. Nick erzählte uns, dass das ein Laden für Handwerkskunst aus Leder ist. 

Nach dem Mittagessen wollten wir eigentlich nur eine kleine Runde durch den Laden schlendern. Kaufen wollten wir nichts, da wir ein Jahr unterwegs sind und unsere Rucksäcke ohnehin schon ziemlich schwer sind. 

Beim Betreten des Ladens sprach uns der Besitzer an und führte uns durch seinen Laden. Zu Beginn hat er uns dafür gedankt, dass wir als Touristen sein Land besuchen und damit unterstützen. Anfangs dachten wir beide, dass es ein typisches Verkaufsgespräch ist, doch wir wurden eines Besseren belehrt! 

Während dem Gespräch mit Nhek Sirey Rattana, dem Besitzer, hat er uns erzählt wie er zu seinem Geschäft gekommen ist...

... mit elf Jahren verlor er seine Eltern und wurde Vollwaise. Ab diesem Zeitpunkt musste er sich um seinen jüngeren Bruder kümmern. Da er noch nicht arbeiten konnte, verdiente er sich das Geld für sich und seinen Bruder durch das Sammeln von Plastikflaschen. Während er seinen Bruder in die Schule schickte, kümmerte er sich um den Lebensunterhalt und konnte selbst nicht zur Schule gehen. Nach einiger Zeit lernte er durch Zufall einen Mitarbeiter einer deutschen Hilfsorganisation für Waisenkinder in Kambodscha kennen. Diese Organisation finanzierte ihm seine Schulausbildung und anschließend seine Berufsausbildung. Diese vier Jahre waren sehr anstrengend für ihn, da er neben der Schule weiter arbeitete, um seinen Bruder zu versorgen. Zu Beginn teilte er sich mit seinem Bruder drei T-Shirts, denn mehr hatten sie nicht. 

Um das zurück geben zu können, was er als junge Waise selbst bekommen hat, hat er nach Gründung seines Ladens damit begonnen selbst Waisenkinder und Kinder aus armen Familien aufzunehmen und ihnen eine Schulbildung zu ermöglichen. Nach Abschluss der Schule haben die Jugendlichen die Möglichkeit bei ihm in die Lehre zu gehen und sein Handwerk zu erlernen. Während der gesamten Zeit kommt er für Unterkunft und Verpflegung auf. Wenn die Kunstwerke, an denen die Kinder und Jugendlichen beteiligt sind, verkauft werden, erhalten sie einen prozentualen Anteil. Dies können sie als Taschengeld verwenden oder an ihre Familien schicken. 

In den 22 Jahren, in dem er seinen Laden hat und sich um die Kinder kümmert, hat er bereits 200 Kindern ein besseres Leben ermöglicht. Davon haben 51 sein Handwerk erlernt, andere sind sind unter anderem Polizisten, Anwälte und Bänker geworden.

 Außerdem hat er eine Spendenbox in seinem Laden stehen, die ausschließlich zugunsten Waisenkinder und armen Kindern ist. 

Da er die Kosten für die Kinder alleine trägt und sein Geschäft vom Tourismus abhängig ist, war Corona eine sehr schwere Zeit für ihn. In dieser Zeit musste er sich von seinen Schülern Geld leihen, um deren Verpflegung und Ausbildung sicher stellen zu können. Mit seinen jetzigen Einnahmen zahlt er die Gelder nach und nach zurück. Jetzt wird uns auch klar, warum er so dankbar für unseren Besuch war und wir mit unserer Vermutung, es sei ein typisches Verkaufsgespräch, absolut falsch lagen! 

Wir durften einen selbstlosen und absolut herzlichen Menschen kennenlernen, dem es wichtig ist, das was er hat zu teilen. 

Im Verlauf des Gesprächs fragte er uns aus welchem Land wir kommen. Da wir die ersten deutschen Touristen in seinem Geschäft waren und er deutschen Hilfsorganisation, die ihm damals so sehr geholfen hat, unendlich dankbar ist, war es ihm wichtig uns stellvertretend für seine Dankbarkeit etwas zu schenken. Er schenkte uns beiden einen Drachen als Symbol für Stärke. Auch wir wollten etwas mit ihm teilen, hatten aber bis auf ein paar Bananen nichts dabei, was man teilen konnte. Da es aber nicht um das Materielle geht, sondern um das was man hat, haben wir unsere Bananen mit ihm geteilt. Für einen kurzen Moment wollten wir ihm all unsere Bananen geben. Da aus seinen Erzählungen aber deutlich hervorging dass es ihm im Leben ums Teilen geht, haben wir geteilt und nicht geschenkt. Zum Abschied haben wir ihm noch eine 2 Euro Münze als Andenken geschenkt. Diese hatten wir seit dem Abflug von zu Hause dabei und wussten nicht so recht was wir damit machen sollen. Hier bestätigt sich wieder Madlins Theorie: Nichts im Leben geschieht ohne Grund. 

Diese Begegnung war für uns ganz Besonders! Nicht nur, dass wir eines Besseren belehrt wurden und nicht jedes Gespräch in einem Laden automatisch ein Verkaufsgespräch ist, durften wir einen tiefen Einblick in das Schicksal eines junges Kindes bekommen. Dieses Kind ist nun ein gestandener Mann, der so Dankbar ist, dass sein ganzes Lebenswerk daraus besteht diese Dankbarkeit, Nächstenliebe und Fürsorge, die er selbst erfahren hat, weiter zugeben. Für uns eine ganz besondere Begegnung! 

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