Veröffentlicht: 18.04.2023
Neuer Tag, alte Leier. Ich brauche etwas von der Mall, möchte mir für meine Switch einen Adapter kaufen. Boxen auf dem kleinen Bildschirm macht halt nur halb so viel Spaß.
Also auf zum Lotte Mart. Auf dem Weg dahin gehe ich in den eMart24 und denke mir: "Hmmm, ein Saft wäre gut. So richtig lecker mit Obst und so." Nach einigem Suchen finde ich auch etwas. Wieder ein Punkt, der hier anders ist als bei uns. Die Asiaten lieben Essen, aber mit Obst im Allgemeinen haben sie es nicht so sehr wie wir. Und das stelle ich auch am Preis fest. Die 700 ml Bio kosten mit 7 €.
Ich will heute weitere Erfahrungen sammeln, also beschließe ich die Metro zu nehmen. Google sagt mir, ich solle das Gleis 양 산 nehmen. Ja genau Busan, du bist bereit für die Welt... 🤨
Auf dem Weg zur Mall überquere ich die Kreuzung, zähle nach. 4 Spuren in die eine Richtung, 7 in die andere. Autos noch und nöcher. Diese Stadt liebt ihre Autos. In der einen Ecke steht ein Polizeihäuschen. In der anderen Ecke steht eine der unzähligen Skulpturen hier. Die Ironie des Standorts entgeht mir nicht...
Im Lotto Mart kriege ich nicht das was ich will. Auch der Food Court ist für mich als Ausländer komplett nicht zugänglich. Ich erwarte nicht, dass ich auf Händen getragen werde, frustiert bin ich dennoch. Also mache ich mich auch zum Bahnhof, dort sollte ich immerhin irgendwas zu Essen finden. Keine 200 Meter weiter auf dem Weg zum Bahnhof kreuze ich den Zebrastreifen und ein weiterer Autofahrer scheißt einfach auf den Zebrastreifen. Darüber prankt ein Schild in riesigen Lettern: "Busan is ready!". Fairerweise steht dort nicht, für was Busan bereit ist.
Ich beginne diese Stadt immer mehr und mehr zu hassen. Ich habe bisher nicht wirklich etwas finden können, was mir an dieser Stadt gefällt. Keinen einzigen einzigartigen Grund, wollte mich jemals in diese Stadt zurückkehren wollen würde. "Vielleicht braucht es auch diese Erfahrung.", denke ich, während mich mein Navi durch die Favela-artigen Straßen dieser Stadt leitet.
Ich lasse meine Gedanken frei laufen, denke an Japan zurück. Ich vermisse Japan. Selbst die schlechteste Stadt dort, Osaka, war mir auf Anhieb weitaus angenehmer als das, was ich hier erlebe. Plötzlich ist da wieder etwas Vertrautes. Etwas, was ich schon länger nicht mehr hatte. Ein Deja-vu Moment. Ich weiß nie, was es zu bedeuten hat und so schnell er kam ging er auch wieder.
Es ist schon komisch. In Japan habe ich genauso wenig verstanden wie hier, was die Worte, Sprache und Schriftzeichen angeht. Aber hier streubt sich mein System sich dem Ganzen zu öffnen auch mal Dinge einzugehen, so wie ich es in Japan gemacht habe. Ich merke, dass mich diese Stadt abweisender macht. Kälter. Ich habe hier so gut wie keine freundlichen Begegnung oder auch nur Momente wo ich willkürlich lachen, grinsen oder lächeln musste. Ein Austern-Gefühl kommt auf, als verzöge ich mich in meine schützende Schale.
Nachdem ich etwas im McDonald's runter bekommen habe, entschließe ich mich wieder in mein Zimmer zu fahren. Ich habe nichts vom Maces erwartet, aber auch hier wurde ich enttäuscht. Es regnet, ich habe weder Jacke noch Schirm dabei, laut Wetterbericht war kein Regen zu erwarten. Meine Erwartungen und diese Stadt werden keine Freunde. Ich beobachte die graue Stadt an mir vorbei ziehen. Die Anzeigetafeln zeigen ein leicht trauriges Gedicht, entweder erhöhte Feinstaub- oder Ozonwerte. Genau wie an dem Tag meiner Ankunft. Wenn ich in Hotel bin werde ich meine Notfall-Tee anbrechen und mich ins Bett wühlen. Scheinbar neben einer warmen Dusche die beiden einzigen Quellen an Wärme, die mir diese Stadt bieten kann. Ich hoffe mit dem morgigen Umzug in die nächste Unterkunft, auch in Busan, bessert sich die Lage. Später warten noch zwei Telefonate in die Heimat auf mich. Es kann nur gut werden.
Ich hätte meinen Gedanken eventuell nicht von der Leinen lassen sollen, die aktuelle Stimmung ist nicht gut dafür geeignet. Der vorzeitige Abbruch, den ich noch zuvor ausgeschlossen hatte, wird nun eine Option. Wann? Nachdem ich Okinawa besucht hatte? Ich könnte mich hier durchschlagen, das ist es nicht. Aber ist es das wert?
Mir kommt ein anderer, weitaus verführerischer Gedanke. Vielleicht tausche ich auch einfach nur Taiwan gegen Japan. Die Idee gefällt mir weitaus besser. Was bindet mich denn an Taiwan? Mit diesem Land habe ich keinen Vertrag, nichts was mich zieht. In Japan hingegen war ich vom Anfang bis Ende glücklich und habe das Land mit dem Gefühl verlassen, dass ich noch länger bleiben könnte. Ich lasse es auf mich wirken. Die zwei Telefonate helfen dabei. Es wird eine durchträumte Nacht werden.