Veröffentlicht: 18.06.2018
Eigentlich will ich nur ins Niederländische Nationalballett nach Amsterdam. Aber da sowohl die Flüge dorthin als auch die Unterkünfte vor Ort sehr teuer sind, entscheide ich mich, mit Ryanair für 19,- € nach Brüssel zu fliegen und dann mit dem Flixbus über Antwerpen und Rotterdam nach Amsterdam zu kommen. Natürlich plane ich für alle Städte ein wenig Zeit für die Besichtigung ein - ein straffes Programm für ein Wochenende, aber zu schaffen.
Brüssel sei keine schöne Stadt, erzählt mir mein Reiseführer auf jeder zweiten Seite, nichtsdestotrotz fühle ich mich bei meiner Ankunft auf Anhieb wohl. Die Straßen sind sauber, die Vororte, durch die mich der Flughafenbus fährt, gepflegt, in der Innenstadt duftet es wunderbar nach Waffeln und Schokolade, und der Hauptplatz, die "Grand' Place", mit den barocken Zunfthäusern und dem spätgotischen Rathaus ist bezaubernd. Sehenswert sind unter anderem auch die Kathedrale St. Michel, die "Place Royale", die von der Unterstadt aus über den "Mont des Arts" erreichbar ist, mit den Königlichen Museen der Schönen Künste, der "Parc de Bruxelles" und nicht zuletzt das Europaviertel.
Nach sechs Stunden Aufenthalt habe ich so gut wie alle Highlights abgeklappert und fahre weiter nach Antwerpen. Dort sprinte ich ins historische Zentrum, schaue mir die Liebfrauenkathedrale und den "Grote Markt", den berühmtesten Platz der Stadt an, der wie die "Grand' Place" in Brüssel von prunkvollen Zunfthäusern sowie vom Rathaus im Stil der flämischen Renaissance umsäumt wird. Die Stimmung in Antwerpen ist toll, es gibt unzählige süße Lokale zum Einkehren, eine lange Shopping-Meile zum Einkaufen, und ich bedauere, dass ich nach wenigen Stunden bereits zurück zum Busbahnhof muss.
Der Flixbus-Fahrer, der uns nach Rotterdam bringen soll, wo ich übernachten werde, scheint etwas verwirrt zu sein. Er schafft es nicht, die Tickets einzuscannen und kann die Klimaanlage nicht bedienen (- oder ist sie kaputt?), sodass ein Passagier während der Reise den Notausstieg an der Decke einen Spalt breit aufmacht, damit wir nicht vor Hitze ersticken. Es kreisen bereits dicke Fliegen um uns herum, ein Baby schreit. Als wir mit fast einer Stunde Verspätung an einem Bahnhof in Rotterdam ankommen, weiß der Fahrer nicht, ob es sich dabei um den Hauptbahnhof handelt, sodass ich es selbst herausfinden muss. Letzten Endes komme ich heil an meinem Ziel an, doch die Zeit reicht nur noch für einen kurzen Abendspaziergang durch das Zentrum, bevor die Sonne untergeht.
Der nächste Tag gehört dem Ballett. Ich frühstücke gemütlich, bin in einer Stunde mit dem Bus (diesmal ist alles super) in Amsterdam, umkreise mehrmals das Het Muziektheater
in Vorfreude auf die Vorstellung, die dann um 14 Uhr endlich beginnt: "Tristan und Isolde", Choreo: David Dawson, Musik: Szymon Brzóska, getanzt vom wunderbaren Holländischen Nationalballett... Sie kriegen mich nach nur fünf Minuten. Nach drei weiß ich bereits, dass ich gleich weinen werde, aber ohne ein wenig Kampf gebe ich meine Tränen nicht her. Es ist überwältigend schön, so wie es das letzte Mal auch schon war, und ich beschließe, nach meiner Rückkehr nach Berlin gleich für die nächste Premiere zu buchen. Dann geht's auch schon mit der Bahn nach Hause..
Vielleicht fahre ich nicht jedes Mal einen Umweg, vielleicht lerne ich aber auf diese Weise auch alle Orte im näheren Umkreis von Amsterdam kennen, feststeht jedenfalls, dass ich dieses Ensemble, das für jede Bewegung auf der Bühne stirbt, noch ganz oft tanzen sehen möchte. :-)