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02/04/2018 - "Wenn es irgendwo anders wäre, würden die Massen nur so herbeiströmen."

Veröffentlicht: 30.04.2018

06:30 Uhr - wir lagen wach im Auto. Durch die Zeitumstellung sind wir wahre Frühaufsteher geworden. Als wir aus dem Auto stiegen, um frühstücken zu gehen, erblickten wir die Ausmaße einer verhängnisvollen Nacht. Unser Kräutertopf wurde attackiert. Bereits den Tag zuvor sahen wir „Wekas“ auf dem Gelände herumstreunern. In der vergangenen Nacht nutzen die neugierigen Laufvögel wohl die Gunst der Stunde. Nun ist unsere Minze um etwas Blumenerde ärmer und der Plastiktopf weist kleinere Löcher auf … 
Nach dem Frühstück verließen wir unseren Schlafplatz am Meer und fuhren weiter in Richtung Norden. Umso weiter wir vorankamen, umso weniger Häuser waren am Straßenrand zu sehen. Wie abgelegen die Gegend wirklich ist, stellten wir bei unserer ersten Wanderung fest. Ein 15-minütiger Wanderweg leitete uns zum „Lake Hanlon“. Der See ist umgeben von neuseeländischem Busch. Als wir die Aussichtsplattform erreichten, herrschte eine unglaubliche Stille. Es war so ruhig, dass es uns die Sprache verschlug. Kein Auto, Flugzeug oder Mensch war zu hören - lediglich ein paar Vögel zwitscherten in weiter Ferne. Wir genossen diesen friedlichen Moment und benutzten nach langer Zeit mal wieder die Videofunktion unserer Kamera, um den Augenblick festzuhalten. Neben der eindringlichen Ruhe, die der See ausstrahlte, war er ein schönes Fotomotiv. Denn kaum eine Windböe brachte die Wasseroberfläche in Bewegung, sodass sich der umliegende Wald in ihr spiegelte.
Nach dieser kleinen Pause ging es zurück auf die Straße und weiter bis nach „Karamea“. Diese Ortschaft ist das letzte Stück Zivilisation, bevor nur noch Wald, Busch und Abgelegenheit kommt. 
Unseren ersten Halt in Karamea legten wir beim „Big Rimu Tree“ ein. Dieser beeindruckende Baum ist nach einem 30-minütigen Spaziergang erreicht. Sein Alter wird auf sagenhafte 1.000 Jahre geschätzt. Da er damals zu groß für den Holztransport war, ließen die ersten Siedler ihn glücklicherweise stehen. Seine Ausmaße können zwar nicht mit den bekannteren „Kauri Bäumen“ mithalten, dennoch weist er eine beachtliche Größe auf. Als wir vor ihm standen, raschelte es plötzlich im Gebüsch. Ganz langsam und vorsichtig näherte sich ein Weka. Als der kleine Laufvogel den Wanderweg überquerte und uns in die Augen sah, wurden seine Schritte schlagartig schneller und er stolperte in die nächste Hecke. Immer wieder lugte er zwischen den Blättern hindurch und verschwand kurzdarauf wieder im Dickicht. 
Nach der tierischen Begegnung ging es zurück zum Auto, denn ein letztes, großes Highlight stand noch auf unserem Tagesprogramm. Der Reiseführer preist die „Oparara Basin“ als wahren Geheimtipp an. Durch kleinere Recherchen vorab war die Vorfreude und Erwartung groß. Doch bevor wir die Naturwunder selber zu Gesicht bekamen, standen uns 15 Kilometer schlimmste Schotterstraße bevor. Abgesehen von den vielen Schlaglöchern, die Gang und Gebe sind, ist der Weg ziemlich steil und kurvenreich. Daher ist es nicht jeder Fahrzeuggröße gestattet, sich die Straße hinab (und später wieder hinauf) zu begeben! Wir packten all unseren Mut zusammen und schlichen uns die schier endlose Straße entlang. Aufgrund der Abgelegenheit und dem Verbot für einige Fahrzeugklassen war erfreulicherweise wenig los. Nur ein Auto kam uns während der Anreise entgegen und keines holte uns ein. Wie auch? Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 30 km/h. 40 Minuten später war der Parkplatz endlich erreicht! Nach kurzer Verschnaufpause begannen wir die erste Wanderung zur „Moria Gate Arch“. Wir folgten dem gutausgebauten Weg, welcher abrupt endete. Zuerst waren wir uns nicht sicher, wo lang es nun ging? Die Steinwand hinauf? Doch wir entdeckten eine Metallkette, die durch ein kleines Loch in eine Höhle führte. Wir krallten uns an der Kette fest und stiegen die wenigen Meter hinab. Das Bild, welches sich nach dem Abstieg bot, war unbeschreiblich. Wir standen mitten in einer Höhle. Hinter uns das kleine Loch, in das wir hindurch stiegen. Rechts und links die Steinwände der Höhle. Über uns hingen Stalaktiten. Und vor uns eröffnete sich der Blick auf den natürlichen Kalksteinbogen (Arch) unter dem der „Oparara River“ hindurchfließt.

Die Moria Gate Arch ist 46 Meter lang, 8 Meter hoch und 28 Meter breit.

Maße, die man sich vom alleinigen Durchlesen vermutlich nur schwer vorstellen kann.

Wir starteten mit dem Erkunden dieser besonderen Höhle. Als wir weiter vor gingen, erreichten wir schon bald den Durchgang, den auch der Fluss nutzte, um unter den Bogen hindurchzufließen. Links und rechts eröffnete sich die unberührte Natur. Erst mit der Zeit konnten wir das Fotografieren angehen. Zu gelähmt und geplättet waren wir von dieser unbeschreiblichen Schönheit. Allerdings stellten uns nicht nur die Lichtverhältnisse vor ein Problem. Mit uns befand sich zu dem Zeitpunkt noch ein anderer Fotograf in der Höhle. Normalerweise ist mit gegenseitiger Rücksicht zu rechnen, doch er zeigte sich deutlich egoistischer. Dass er uns „versehentlich“ ins Bild lief, kann passieren. Als er uns dann wegschicken wollte, um eine zehnminütige Langzeitaufnahme von der Höhle zu starten, wurde es uns zu viel! … Um uns nicht noch weiter darüber aufzuregen (was gar nicht so leicht war), entschieden wir uns dazu, erst einmal zu gehen. Wir schlenderten durch den dichten Wald, um etwas Frischluft durch den Kopf ziehen zu lassen. Nach ungefähr 15 Minuten stiegen wir ein weiteres Mal in die Moria Gate Arch hinab. Als wir wieder am Fluss waren, kletterten wir zur linken Torbogenseite hinaus, um diesen von außen zu betrachten. Von hier wirkte der Durchgang fast noch schöner. Lediglich die Flussfarbe war etwas irritierend.

In der kompletten Region sind die Gewässer bräunlich gefärbt, was durch lokale Pflanzen und Blätter verursacht wird. Dies ist allerdings völlig ungefährlich.

Zurück am Parkplatz starteten wir die zweite Wanderung zur „Oparara Arch“. Nach gut 20 Minuten erblickten wir einen unfassbar hohen Torbogen. Wow!

Die Oparara Arch ist 219 Meter lang, 43 Meter hoch und 79 Meters breit.

Als wir vor dem Eingangstor standen, staunten wir nicht schlecht und folgten dem Wanderweg bis zum Schluss. Er endete kurz nach Eintritt der „Höhle“. Wobei man von Höhle kaum sprechen kann, so lichtdurchflutet ist sie. Auf einer erhöhten Aussichtsplattform ließen wir die Arch auf uns wirken. Es ist nicht zu beschreiben und kaum zu glauben, wie unfassbar groß und schön dieser Ort ist! Wir waren restlos begeistert. Auch hier floss der Oparara River hindurch - wobei man bei der Dimension der Höhle wohl eher von Bach sprechen könnte. ;)
Nachdem wir uns eine ganze Zeitlang umgeschaut und die Lage eingeschätzt hatten, kletterten wir zum Boden des Tunnels hinab. Von hier wirkte die Höhle noch größer und höher. 
Nachdem die Erinnerungsfotos geschossen worden waren, verließen wir schweren Herzens diesen atemberaubenden Ort. Die Zeitumstellung saß uns im Nacken und wir wären nur ungern die abenteuerliche Straße, die zu diesen fantastischen Naturwundern führt, bei einsetzender Dämmerung gefahren.

Wie zitiert der „Lonely Planet“ einen Einheimischen so schön:

„Wenn es irgendwo anders wäre, würden die Massen nur so herbeiströmen.“

Genau das trifft den Nagel auf den Kopf. Der Ort liegt so abgelegen und versteckt, dass nur die wenigsten den Weg dorthin finden und auf sich nehmen. Kein Reisebus würde vermutlich dieses Ziel unversehrt erreichen. Deshalb behält der Ort einen besonderen Charme und seine Exklusivität.

Es ist einfach immer wieder erstaunlich, zu was die Natur im Stande ist.
Antworten (1)

Wolfgang
Aha, also Speläologie!

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