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Trabzon 13.10.2024

Veröffentlicht: 15.10.2024

Guten Morgen aus dem Sweet Home Suite Hotel!


Nun also zu viert, war die Orga rund um das Bad und die vorgegebene Abfahrtzeit eine ganz neue Herausforderung. Hatten wir beide uns bis hierher richtig gut eingegroovet, wollten und sollten jetzt Julchen und Rudy natürlich auch ihre persönlichen Vorbereitungen für den Tag treffen. Leider hatten wir den in unserem Penthouse bereitgelegten Instant-Kaffee schon gestern getrunken. Da fiel uns jedoch ein, dass unten im Hotel ja sogar Frühstück angeboten wird. Julia und Rudy machten sich auf den Weg, um das so wichtige Elixier für den Start in den Tag zu organisieren. Einige Minuten später klopfte es an der Tür. Zwei gut gelaunte Frauen hatten ein Tablett mit vier türkischen Kaffee sowie etwas Milch und Wasser dabei. Teşekkürler!


Die Zeit wurde naturgemäß knapp und ich verschob meine Friseuraktion auf den nächsten Tag. Vor dem Hotel fuhr bereits wenige Sekunden nachdem der Portier ein Taxi angefordert hatte, unser Fahrer vom Vortag auf den Hof. Entweder wartete er direkt nebenan, um bei Aufträgen aus dem Hotel als erster auf der Matte zu stehen oder er hatte ein schlechtes Gewissen ob seiner gestrigen Rekordfahrt und lauerte darauf, uns heute vom Gegenteil zu überzeugen. Sollte das der Grund gewesen sein, er hat es geschafft. Wir genossen eine deutlich ruhigere Fahrt und hatten sogar die Möglichkeit, hier und dort den Blick schweifen zu lassen. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich im Gegensatz zu gestern mit Kadir über dessen Herkunft unterhielt. In Kadirs anschließender Zusammenfassung erzählte er uns, dass er mit dem Fahrer über das Viertel sprach, in dem er aufgewachsen ist. Nun erklärten sich uns auch die großen Augen und das zustimmende Nicken des Herrn am Lenkrad. War dieser Stadtteil von Trabzon doch berühmt berüchtigt für seinen Zusammenhalt und die Probleme, die man mit allen bekam, sollte man mit nur einer Person Stress haben. Wahrscheinlich war der Steuermann nach diesen Aussagen sogar heilfroh, als insbesondere Kadir sein Taxi verlassen hatte.


Bei Haydar angekommen, duftete es bereits nach Essen. Die Pfanne mit Menemen stand bereits zentral auf dem Tisch und wurde von diversen weiteren Leckereien wie Marmeladen, verschiedene Käsesorten, Oliven, Wurst sowie Brot, Brot und Brot umrahmt. Kurzerhand trugen wir den Tisch vom Wintergarten ins Wohnzimmer, so dass alle Platz daran finden konnten. Es wurde Cay ausgeschenkt und da Haydar gestern mitbekommen hatte, dass ich während unseres Rundgangs eine Portion Pommes aß, kam noch eine eben solche auf den Tisch - für mich. Wir aßen, aßen und aßen. Selbstredend gab es weitere Pommes. „Meine“ konnten ja nicht mehr frisch und heiß sein. Also lief parallel die Produktion in der Küche immer weiter. Gleiches galt für den Tee und auch Brot wurde in Sekundenbruchteilen gebracht, sobald auch nur der Anschein erweckt wurde, dass es rund um unseren Teller zur Neige gehen könnte. Selbstverständlich war das noch nicht alles, denn als wir unsere Körper bereits auf Verdauungsmodus einstellten, um dann rollend die Wohnung zu verlassen, brachte Hande die von ihr zubereiteten Tatli. Jedes Teilchen ausgestattet mit 820 Kilokalorien, aber derartig lecker, dass wir alle mehr als nur eines davon doch noch irgendwie in unsere Mägen beförderten.   

Ich fühlte mich in meine Jugend zurückversetzt, denn auch damals war der Tisch bei Familie Soytürk trotz geringster finanzieller Möglichkeiten wie im Schlaraffenland gedeckt. Kein Gast hätte sich jemals auch nur ansatzweise unbefriedigt oder gar hungrig vom Tisch erhoben. Dazu wie damals deutsch-türkisches Stimmengewirr. Heute zusätzlich noch Smartphones mit Übersetzer-Apps sowie das Gewusel der beiden Kinder von Hande. Grandios.


Wir wollten anschließend eigentlich zu den beiden Friedhöfen, auf denen die Verwandten von Kadir, Haydar und Hakan beerdigt wurden. Es schüttete nun aber leider aus Eimern. Kadir machte sich mit Hakan auf den Weg zum Flughafen, um ein Auto zu mieten, während wir uns im Wintergarten die Zeit mit weiterem Cay vertrieben. Natürlich gab es irgendwann dann doch auch Kaffee und weil die Tatli vorhin nicht aufgegessen wurden… allein heute werde ich mindestens zwei bis drei Kilo zugenommen haben.


Die Anmietung des 9-Sitzers gestaltete sich offenbar sehr abenteuerlich, denn die beiden kehrten eher nicht so gut gelaunt zurück zu uns. Da wir bei unserer Einreise per Wohnmobil registriert wurden, hatten wir natürlich keinen Stempel im Pass bzw. keine Bescheinigung. Genau diese wurde beim Versuch der Anmietung jedoch zwingend benötigt. Also wurden die beiden ein bisschen durch die Stadt geschickt, um dann festzustellen, dass es den Stempel am Sonntag nicht gibt. Das muss nun am Montag aber nachgeholt werden.


Es hatte fast aufgehört zu regnen und wir machten uns auf den Weg zu den besagten Friedhöfen. Aus Respekt trugen unsere Frauen Tücher auf dem Kopf, um die Haare zu bedecken- wahrscheinlich das erste Mal im Leben. Ehrlich gesagt, handelt es sich dabei ja sogar um ein modisch einsetzbares Accessoire, wenn es nicht so wie bei Witwe Bolte oder den Hexen bei der Fasnacht getragen wird. Schick waren sie.


Unten in dem berüchtigten Viertel angekommen, stellten wir den Minibus ab und machten uns zu Fuß auf den Weg. Gut, dass wir mit Kadir und Haydar zwei Respektspersonen dabei hatten. So müssten wir eigentlich unbeschadet den Weg zurück zum Auto schaffen.


Wir parkten praktisch direkt neben dem Haus, in dem Kadir bei seiner Großmutter wohnte als seine Eltern bereits in Deutschland nach einem guten, besseren (?), wohl eher anderem Leben suchten. Zwei kleine Räume ebenerdig, plus ein Raum mit Kochstelle und fließendem kalten Wasser. Hier wohnten sie gemeinsam mit dem Bruder der Oma und es wurde uns allen schnell klar, dass diese Wohnsituation mehrere Lichtjahre von den uns gewohnten und bevorzugten Verhältnissen entfernt ist. Wir legten einige Wege zurück, die Kadir häufig in seiner Kindheit nutze, um zur Schule, zur Bäckerei oder zum Schwarzen Meer zu gelangen. Zwei, dreimal stoppten wir. Hier klopfte Haydar an eine Haustür und dort rief Hakan einen Namen in Richtung Balkon im ersten Stock. Sowohl hier als auch dort erschienen Frauen, die sich natürlich an Kadir erinnerten. Waren es doch Verwandte. Wir leuchteten mit unseren Smartphone-Lampen in Kadirs ehemaligen Klassenraum im Erdgeschoss, aber das Gebäude wird offenbar nur noch als Lager für die mittlerweile gegenüber befindliche Schule genutzt.

Nach gut einer Stunde bestiegen wir wieder unseren Van und fuhren durch das mittlerweile dunkle Trabzon. Vorbei am Stadion des hiesigen Fußballklubs Trabzonspor, vor dem drei unterschiedliche Hochzeitsgesellschaften tanzten, um dem Klub die Ehre zu erweisen und somit wohl sehr deutlich die Verbundenheit zum Erstligisten der Stadt aufzeigte.

Wir fuhren einige Kilometer weiter nach Akçabaat, was für seine Köfte bekannt ist. Wenige Zeit später erfuhren wir auch warum. An unserem Tisch direkt am Wasser wurden wir nur so überhäuft mit Leckereien rund um die sagenhaften Köfte. Wir konnten gar nicht so schnell essen, wie zügig die Angestellten um uns herum liefen und Essen brachten bzw. Teller abräumten. Grandios!

Wieder in Trabzon angekommen, parkte Kadir den Wagen vor einem weiteren Restaurant, in dem es im Außenbereich fast keinen freien Platz gab. Hier gibt es wohl die mit Abstand beste Milchreisspeise Sütlaç. Ich beteuerte, dass ich davon wohl nichts essen werde. Nicht, weil ich es nicht probieren wollte, sondern weil einfach nichts mehr hineinpasste. Den türkischen Kaffee jedoch genoss ich wie alle anderen unserer Kleingruppe und dem Knabberzeug sowie zwei, drei Löffeln aus der Tonschale konnte ich dann doch nicht widerstehen. Vielleicht esse ich nie wieder etwas. Und wenn doch, dann werden es ausschließlich türkische Leckereien sein.

Der letzte Teil des Tages ist schnell erzählt: Parken, Zähneputzen sowie kurze Verabschiedung in der Halle von Zimmer 506.
Gute Nacht!

Vielleicht probiere ich morgen doch noch die ein oder andere Kleinigkeit… 

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