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Sofia - Istanbul

Veröffentlicht: 09.10.2024

Good morning from Sunset Garden!


Ich hatte mir nicht träumen lassen, dass meine ironisierte Bezeichnung „Eishölle“ hinsichtlich meines Schlafgemaches so schnell real werden würde. Nachdem der Platz seinem Namen alle Ehre machte und der Sunset durch war, fielen die Temperaturen. Gegen 4:37 Uhr griff ich mit zittrigen Händen nach meinem Smartphone. Nachdem ich es einige Sekunden zwischen beiden Händen gewärmt hatte, kehrte auch Leben in das Gerät zurück. Die Wetter-App konnte ich glücklicherweise starten und was sie mir anzeigte, passte zu meiner Situation hier oben hinter den Zeltwänden: drei Grad Celsius. Als ich zwei Stunden später in Kadirs Reich hinabstieg, schlug mir quasi eine Wärmewelle entgegen. Ich tippte auf ca. 23 Grad. Günaydın!


Aber dann: draußen schien die Sonne bei strahlend blauem Himmel, so dass es trotz der nach wie vor kühlen Temperaturen ganz wunderbar auszuhalten war. Wir erprobten die erwähnte und hervorragend funktionierende Dusche sowie alle weiteren Einrichtungen, die Sunset Garden zu bieten hatte. Ich erledigte den Abwasch unter freiem Himmel, während Kadir seine morgendlichen Liegestütze absolvierte und irgendwie hatten wir beide das gleiche Gefühl: simpel, aber grandios.


Trotz dieser tollen Location starteten wir den Benz und machten uns auf den Weg in Richtung Heimat, Heimat, grütz, grütz (Insider). Die Fahrt bis zur Grenze war unspektakulär. Wenige Kilometer vor Verlassen unserer liebsten Ländergruppe wechselten wir die Plätze. Wir waren beide der Meinung, dass ein türkischer Alman am Steuer besser ist als ein echter Alman. Ob das jedoch die nun folgenden Geschehnisse tatsächlich beeinflusst hätte… wir sind bis jetzt unsicher.


Wir kamen also an der weltgrößten Grenzstation an und freuten uns über den zügigen Ablauf am ersten Posten. In der linken Spur wurden noch Reifen an einem Renault Scenic von 2002 gewechselt und dank mehrerer wild gestikulierender Kollegen (die eigentlich Mitfahrer anderer wartender PKW waren!) kamen wir sehr schnell voran. Dummerweise hatten wir mal wieder vergessen, dass dies ja nur die Ausreise war.


Also weiter zur Fahrzeugregistrierung, dem ersten türkischen Posten. Die äußerst freundliche Dame erbat Kadirs Fahrzeugunterlagen und nachdem er ihr die Visitenkarte seines Versicherers und den letzten TÜV-Bericht gegeben hatte, verstand selbst ich die Worte der Beamtin: „grüne irgendwas auf türkisch“. Kadir suchte umgehend und deutlich hektischer als zuvor die grüne Versicherungskarte, welche in der Türkei zwingend mitzuführen ist. Und da mein lieber Freund nach so vielen Jahren neben dem deutschen Pass auch alle Werte und Normen übernommen hat, passte DAS hier nun so überhaupt nicht zu ihm. Aber doch: diese ominöse grüne Karte liegt warm und sicher in einem Leitz-Ordner in Langen/ Geestland. In exakt diesem Moment nahmen wir beide den Geruch von Raki wahr. Dem Fahrzeugführer eines Autos mit Kennzeichen Verden/ Aller war offenbar während er seinen Kofferraum öffnete mindestens eine Flasche des türkischen Nationalgetränks aus dem Laderaum gefallen. Dieser Umstand sollte etwa 90 Minuten später eine bedeutende Rolle spielen.


Wir wurden zum Gebäude D3 auf der Plaza der Grenzanlage beordert. Kadir begab sich zum dortigen Schalter und erfuhr, dass wir tatsächlich auch gerne ohne die grüne Karte einreisen können. Allerdings gegen eine kleine Gebühr von € 500,-. Ihm wurde aber auch die Möglichkeit offeriert, ein Foto oder eine pdf-Datei des Nachweises vorzulegen. Dumm nur, dass sich in seinem Haus in Norddeutschland momentan niemand aufhält. Glücklicherweise gestattete uns das bulgarische Netz auch hier noch des wunderbare EU-Roaming. Demnach folgten nun mehrere parallele Handlungsstränge: a) Anruf beim Versicherungsmakler des Vertrauens, b) Anruf bei Bennets Mutter sowie c) bei dessen Großmutter. Alle drei boten umgehend ihre Hilfe an und schließlich konnten sowohl Nina als auch Jutta zügig darüber informiert werden, dass die Bescheinigung per Mail auf dem Weg ist und sie nicht in Kadirs Haus müssen.


Nachdem dieses Problem dank toller Menschen gelöst wurde, wurden wir eine halbe Stunde später aufgefordert, in die Halle von Gebäude D3 einzufahren. Und wessen Auto erblickten wir dort mit einem Kennzeichen aus Verden? Der Kamerad lehnte mit seinem Kopf auf den Händen auf dem oberen Rand des Lenkrades. Entweder schlief er oder er hatte kurzerhand alle Raki-Vorräte… 


Während unserer Wartezeit vor D3 brachten wir in Erfahrung, dass wir pro Person je einen Liter über 22% als auch je einen unter 22% mit in die Türkei bringen dürfen. Wir hatten uns jedoch im Vorfeld auf alle Eventualitäten eingestellt und Vorräte für mehrere Wochen…
Wir entschieden uns, dass Kadir auf eine mögliche Frage „Alkohol an Bord?“ mit „ja“ antworten würde. Es erschien ein jüngerer Beamter, der mit seiner ca. 15mm kurzen Zigarette zwischen den Lippen das ein oder andere Klischee bediente. Und nun wurde der Sportsfreund aus dem Verdener-PKW wach und entpuppte sich als unser nie für möglich gehaltener Sidekick.

Er stieg aus seinem Auto und begann auf den Grenzbeamten einzureden, während dieser eigentlich unser War-Car checken wollte. Immer wieder erhob er wild gestikulierend das Wort und „unser“ Grenzer hatte offenbar noch maximal 12% seiner Wahrnehmungsfähigkeit zur Verfügung. Denn nach weniger als drei Minuten kam Kadir grinsend vor zu mir und meinte, dass wir jetzt mal ganz schnell einsteigen und losfahren.

Gesagt, getan und umgehend hatten wir D3 verlassen und freuten uns des Lebens. Doch was war das? Ein weiterer Grenzposten tauchte vor uns auf. Dieser entpuppte sich jedoch als reine Formsache, denn wir durften sofort passieren. Und dann war es tatsächlich soweit. TÜRKIYE’YE HOSGELDINIZ!


Wir fuhren einige Kilometer, bis wir uns entschieden einzukehren, um die landestypische Kost ein erstes Mal zu genießen. Die weitere Fahrt nördlich von Istanbul mit dem entfernten Blick auf die Skyline und über den Bosporus war insbesondere - mal wieder - von Irritationen rund um die Maut gekennzeichnet. Die einen sagen so (einfach überall durchfahren und innerhalb von 15 Tagen in einer Post registrieren, um dann alles zu bezahlen), die anderen so (an den jeweiligen Stationen für die zurückgelegte Strecke bezahlen).


Unseren Stellplatz auf einem Campingplatz erreichten wir in der Dunkelheit. Der Benz war schnell geparkt und wir erfreuten uns an unserem gekühlten Bierchen. Das Abendessen fiel klein aus, da wir ja unterwegs gegessen hatten. Wir kämpften noch eine Weile mit den Tücken der Ländergruppe 2, denn die Hotspot-Funktion wollte so überhaupt nicht wie wir. Dann hatten wir aber Erfolg, dank irgendeines Nerds, der seine Lösung online veröffentlich hatte. Standesgemäß lief im iPad-TV „Einmal Hans mit scharfer Soße“, bevor wir uns eine gute Nacht wünschten und dem Rauschen des etwa 200m entfernten Meeres lauschten. 

Antworten (2)

💯 weiter so 😂👍🏼

🤗🤗🙌🙌

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