Veröffentlicht: 04.08.2020
Am Sonntag starten wir unsere Wanderung zum Grouse Mountain. Er liegt in der Nähe von Nord-Vancouver und so nehmen wir den Bus, um dorthin zu gelangen. Umgangssprachlich wird er auch Vancouvers Hausberg genannt, weil hier viele Vancouveraner wandern gehen, wenn es sie in die Natur zieht!
Mit ausreichend Wasser und Snacks im Rucksack kaufen wir erstmal ein Ticket für die Gondel. Man kann den Grouse Mountain Wanderweg nämlich nur hoch und nicht runter laufen. Der Grund liegt in dem steilen und schwierigen Weg, der nur in eine Richtung begehbar ist. Wenn man dennoch herunter laufen möchte, muss man einen anderen, längeren Wanderweg nutzen. Während wir in einer Schlange warten, sehen wir schon eine erste Infotafel über die beiden Grizzlys, die auf dem Grouse Mountain leben.
Trotz des schwierigen Weges sind recht viele Leute unterwegs und wir beginnen mit Khushbu den Aufstieg.
Was uns am Anfang gar nicht auffällt: Man kann mit einer App seine Zeit messen, die man für den Aufstieg braucht. Und oben auf einem Bildschirm sieht man später alle Teilnehmer des Tages mit ihrer benötigten Zeit. Der Rekord bei den Männern liegt bei 25:01 Minuten und bei den Frauen bei 30:02 Minuten. Schauen wir mal, ob wir diese Rekorde brechen können...
Die ganze Zeit über verläuft der Wanderweg im Wald, sodass man nicht in der direkten Sonne und Hitze laufen muss. Der Weg hat jedoch kein Erbarmen mit Anfängern und geht direkt ziemlich steil los... Nach dem ersten Viertel dreht Khushbu um, weil der Weg und die Stufen viel zu groß und steil für sie sind.
Nach dem ersten Viertel begrüßt uns eine große Info-Tafel, die nicht nur gratuliert, dass wir das erste Viertel geschafft haben. Sie fragt auch nach, ob wir jetzt noch genug Wasser, keine Kreislaufbeschwerden haben und informiert, dass die Strecke bis jetzt leicht war. Wer sich nicht gut fühlt und kein Wasser mehr hat, der soll jetzt umdrehen. Nachher ist ein Umdrehen nicht mehr möglich.
Julian und ich gehen weiter und die Stufen sind teilweise so hoch, dass wir alle paar Meter eine kurze Verschnaufpause machen. Aber nicht zu lange! Sonst freuen sich nämlich die ersten Tiere, die uns seit dem Start begleiten: riesige Mücken, die sich direkt auf einen stürzen, wie die Aasgeier!
Außerdem kennen wir einige Wanderer nach kurzer Zeit vom Sehen: Wenn wir Pause machen, überholen sie uns und wenn sie pausieren, dann ziehen wir an ihnen vorbei. Jedes Alter ist hier vertreten und eine Familie mit einem kleinen Sohn fällt mir besonders auf. Die Abstände von den Stufen sind so hoch, dass die Mutter ihren Sohn oft auf die nächste Stufe hochheben muss. Außerdem helfen uns zwei junge Männer mit Mückenspray aus, nachdem sie uns bei einer kurzen Pause halb tänzelnd, halb kämpfend bei der Mücken-Abwehr beobachten. Eine junge Frau hat eine Tasche um gehangen, in der sie ihren Hund trägt. Der kleine Dachshund schaut aus seiner Tasche heraus und scheint sehr zufrieden mit seiner Reise zu sein. So komfortabel möchte ich auch wandern!
Teilweise sind am Rand Seile gespannt, die ich auch zwischenzeitlich nutze, um mich hoch zu ziehen.
Neben den Viertel-Markierungen gibt es auch kleine Vierzigstel-Markierungen, die mich während der Wanderung doch motivieren, weil man den Fortschritt gut sehen kann.
Das dritte Viertel ist echt das Schwierigste! Hier sind die Abstände so hoch, dass ich mir oft einen Ast oder eine Wurzel suchen muss, an der ich mich ein bisschen abstützen und hochziehen kann.
Eine Frau erzählt uns, dass das letzte Stück wirklich leicht sein wird. Und so ist es dann auch. Erst sieht man die Sonne an der Waldgrenze, da die Bäume aufhören. Und dann steht man in der Sonne auf einem kleinen Felsen und sieht die Gondelstation mit dem Chalet.
Wir genießen die Aussicht auf Vancouver und ergattern zwei Stühle auf einer Wiese, um uns auszuruhen. Hier warten wir auf Khushbu, die mit der Gondel hochfahren wird.
Das besondere ist, dass wir noch weiter hoch fahren können mit einem kleinen Lift. Aber bevor wir den Lift besteigen, schauen wir uns erstmal das Plato an. Auf dem Weg sind Bärenspuren, denen man folgen kann. Und so entdeckt Julian den Platz, an dem in ein paar Minuten eine Eulen-Show startet. Der Ranger stellt drei Eulen vor und erzählt einige interessante Details über die unterschiedlichen Arten. So lernen wir Cleo, die Schleiereule, Odin, den Streifenkauz und Athena, den Virginia Uhu kennen.
Nach der Eulen-Show gehen wir zum Lift, der uns zur Spitze des Berges bringt. Hier genießen wir erneut die Aussicht und machen viele Bilder. Aber wir müssen uns ein bisschen beeilen, weil eine Rangerin über die zwei Braunbären Grinder und Coolar redet. Während des kurzen Vortrages badet einer der Bären sogar und ist später sehr interessiert an den Besuchern, die am Zaun stehen.
Nach den vielen Informationen bin ich hungrig und gönne mir eine weitere typisch kanadische Delikatesse. Es handelt sich um ein süßes Gebäck, das wegen seiner Form an einen Bieber-Schwanz erinnert. Ich wähle das Gebäck mit Zucker und Zimt und muss mir natürlich eine Beschwerde von Julian anhören, der leider *hust* kein Zimt mag... Khushbu wählt dagegen Nutella als Aufstrich. Ich beiße genussvoll in mein Gebäck, während Khushbu ruft, dass wir erstmal ein Foto machen müssen. Außerdem sagt sie, dass ihr aufgefallen ist, dass ich recht schnell esse. Ich erkläre ihr, es läge daran, dass Julian noch schneller isst und dann immer meine Portion haben möchte. Das hat mich zum schnellen Essen trainiert.
Aufgrund von Corona mussten wir vorab die Uhrzeit buchen, um die wir die Gondel nach unten nehmen wollen. Und so bleibt uns gerade noch ein paar Minuten, um ein Getränk im Bistro zu bestellen und die Sicht auf die Stadt Vancouver von der Terrasse aus zu genießen.
In der Gondel, die eigentlich Platz für bis zu 100 Personen bieten kann, dürfen zu Corona-Zeiten nur eine bestimmte Anzahl mitfahren und müssen dabei auf einem gekennzeichneten Punkt stehen bleiben und Masken während der Fahrt tragen. Obwohl die Fahrt nur fünf Minuten geht, ist der Blick aus dem Fenster und dem Capilano Lake wunderschön.
Unten angekommen fahren wir mit dem Bus wieder zurück in die Innenstadt. Und ich falle müde, aber sehr glücklich mit einem kleinen Flecken Sonnenbrand (die Stelle habe ich wohl beim Eincremen mit Sonnenschutz nicht erwischt) ins Bett.
Gute Nacht! Heute werde ich sicherlich von Braunbären, Eulen und steilen Wanderwegen träumen.