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4 Kinder in 5 Stunden

Veröffentlicht: 17.10.2018

Heute war gut zutun!

Gleich am Morgen half ich einer Frau bei der Geburt ihres zweiten Kindes. Ich hatte vorerst ein gutes Gefühl, der Kopf trat schnell tiefer durch das Becken der Frau.

Doch schon die Kopfgeburt war erschwert und ich bemerkte, wie das Kind danach ‚feststeckte‘

Schulterdystokie!

Dies meint, wenn sich nach der Kopfgeburt die Schultern nicht ins Becken der Frau einstellen und dadurch die Geburt an diesem Punkt stagniert. Es ist natürlich ein stressiger Moment für das Kind und daher ist schnelles handeln absolut notwendig.

Ich war sehr froh, dass Johanna mir half mit bestimmten Handgriffen und Bewegungen der Beine der Frau die Schultern zu lösen.

Zwei Schwestern sahen die Situation und fragten, was wir da machen. Ich dachte mir nur wieder: Traurig, dass sie solche ‚Basics‘ der Geburtshilfe nicht kennen.

Die Schultern lösten sich und ein Junge wurde geboren. Er war etwas gestresst, aber kam zum Glück zügig an auf der Welt.

Die Frau war überglücklich!

Parallel dazu betreuten wir zwei Frauen, deren Geburten schon seit 6 bzw. 8Stunden stagnierten. Bei 6 bzw. 7cm Muttermundseröffnung.

Eine der Frauen hatte moderate Wehen, bewegte sich im Kreißsaal und atmete gut.

Die andere Frau hatte kaum eine Wehenpause, sie waren kräftig, doch der Kopf hatte sich falsch in das Becken eingestellt. Wir überprüften regelmäßig die Herztöne. Plötzlich waren sie zu niedrig. Sie wurden kurze Zeit nach der Kontraktion der Gebärmutter wieder besser, doch da folgte schon die nächste.. Wir beobachteten dies 10Minuten, doch das Kind reagierte immer wieder stark auf die Wehen und die Geburt schien nicht auf natürlichem Wege zu gelingen.

Wir informierten die Schwester, entnahmen Blut, bereiteten die Frau vor und baten darum, den Arzt zu rufen, der sich im Hauptgebäude der Klinik befand.

15Minuten später.. noch immer kein Arzt. Die Herztöne weiterhin schlecht.

Ich bat die Schwester erneut darum, ihn anzurufen. Es gibt nur ein festes Telefon im Kreißsaal, welches stets eingeschlossen ist. Zeitgleich stand eine Frau am Tresen, die Essen verkaufte. Dies war natürlich wichtiger, als sich um einen NOTFALL zu kümmern! In absoluter Zeitlupe schloss sie danach das Telefon aus, wählte die Nummer und sprach mit dem Arzt. Ich rief noch dazwischen, dass es ein Notfall ist und er bitte zügig kommen soll..

Weitere 15Minuten passierte nichts.

40Minuten nach unserer Info kam der Arzt in den Kreißsaal. Einfach unvorstellbar!

Nach 1 1/2h war das Kind entwickelt. Wieder ein Kind, was unsere Hilfe benötigte, aber er war taff und ihm ging es schnell besser nach der Geburt.

Die Situation hat mich trotzdem so geärgert! Und frustriert!

Kurz nach der OP kam eine neue Frau, die aus einer anderen Klinik zu uns verlegt wurde. Sie erwartete ihr zweites Kind und hatte als Diagnose einen Geburtsstillstand bei 8cm Muttermund.

Ich kniete mich neben sie, fühlte die Wehen, hörte Herztöne, sprach ein paar Worte mit ihr, streichelte/ massierte ihr den Rücken. Sie war dankbar für jedes Wort und jede Berührung. Sie war HIV positiv und ich hatte das Gefühl, dass sie wieder schlecht von den Schwestern behandelt wurde deswegen.

Natürlich ist es eine Erkrankung, mit der man sich keinesfalls anstecken möchte. Allerdings gibt es so viele Schutzmöglichkeiten und deshalb mies behandelt zu werden, hat einfach niemand verdient in meinen Augen.

25Minuten nach ihrer Ankunft hat sie wunderbar ein kleines Mädchen geboren. Sie hatte die Nabelschnur um den Hals, was die Frau sah und sofort fragte, ob sie trotzdem lebt. In diesem Moment kam aber schon der erste Schrei und die Dankbarkeit war so groß, dass ich Gänsehaut am ganzen Körper hatte!

Nach dieser Geburt mussten wir leider auch bei der Frau vom Morgen mit der protrahierten Geburt noch einen Kaiserschnitt machen.

(Als der Arzt und die Op- Schwester mit einer Cola bzw. Fanta in der Hand den OP- Saal betraten, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln. Aber man erlebt auch an seinen letzten Tagen immer noch einen neuen Schockmoment. Beweisfoto anbei sichtbar) 

Ein gesunder Junge wurde geboren und die Frau glücklich, nun von den Schmerzen erlöst worden zu sein. Nach 11h unverändertem Befund, war es auch wirklich eine notwendige und richtige Entscheidung.

Der Tag war anstrengend, aber es hat sich gelohnt.

‚Irgendwann wird die Zeit kommen, an der du merkst, dass es sich gelohnt hat zu kämpfen.‘

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