Veröffentlicht: 28.07.2017
Kolumbien ist, um gleich mal mögliche Clichés zu beseitigen, ein Land, in dem die Leute sich unglaublich freuen, wenn man es bereist. Und nach unserer Erfahrung keineswegs unsicherer als andere südamerikanische Länder. Die Kolumbianer sind, zurecht, sehr stolz auf ihr Land. Gleich am Flughafen wurden wir so lieb von den auf uns einströmenden, temperamentvoll artikulierenden Busanbietern "befreit" und saßen kurze Zeit später in einem Auto zusammen mit einer kolumbianischen Großfamilie. Nur zum Verständnis, die Familie wollte sicher gehen, dass wir unsere Bustickets nicht am Flughafen für 10 € sondern in der Stadt für 5 € erwerben. Und um die Autofahrt etwas zu veranschaulichen: Wir waren zu zehnt im Wagen, Oma saß mit Koffer auf Opa's Schoß, der Rest auch irgendwie gestapelt im Auto, alle haben gelacht und auf Spanisch auf uns eingeredet und wir hatten unser persönliches "Taxi" zum Busbahnhof inklusive Einladung, im Haus der Familie zu nächtigen. Leider hatten wir unsere Unterkunft bereits in einem anderen Ort gebucht, den herzlichen Empfang werden wir aber wohl nicht so schnell vergessen.
Zu Anfang unserer Kolumbien Reise haben wir uns an eine 4-Tages-Wanderung in die "Verlorene Stadt" (Ciudad Perdida) herangewagt, von der wir sehr widersprüchliche Meinungen gehört haben - von "schrecklich" bis "unser Highlight Kolumbiens". Auf jeden Fall wurde die Tour im "Outdoor Magazin" unter den Top Treks der Welt genannt, weshalb wir die Wanderung bereits zu Hause auf unserer Liste hatten. Trotz unwiderlegbaren Herausforderungen, wie extremer Hitze, Anstrengung, Regen, mehreren Flussquerungen und täglichen Aufstehens um 5:00 Uhr, gehörten wir eindeutig zur zweiten Fraktion ("Highlight"!). Die Aussichten im tiefsten Dschungel Kolumbiens waren überragend, wir hatten wohl ziemlich Glück mit dem Wetter, da es nur ein einziges Mal ab 15:00 Uhr geregnet hatte - normal ist jeden Tag ab 13:00 Uhr - und wir haben einen Einblick in die Lebensweise und heiligen Stätten der Ureinwohner ("Tayronas") Kolumbiens bekommen. Nach vier Tagen kamen wir schließlich, immer bestens verpflegt, humpelnd, ein Fuß Flipflop, ein Fuß Wanderschuh (Lene) wieder am Ausgangsort unserer Tour raus und brauchten erst mal zwei Tage am Strand, um uns von den Strapazen zu erholen und unsere Sachen zu trocknen/waschen ;-).
Anschließend ging es an eine an der Küste liegende, sehr hübsch anzuschauende Kolonialstadt (Cartagena), um von dort aus weiter in die Hauptstadt Kolumbiens, Bogotà, zu reisen. Dort hatten wir erst mal einen Kälteschock, die seit gut zwei Monaten vorherrschenden 30°C + wurden plötzlich halbiert, aufgrund der Lage Bogotas auf 2.600 m. Abgesehen davon fanden wir die als gefährlich/kriminell verrufene Stadt super spannend. So haben wir den Hausberg erklommen, mit dem Radl einen Obstmarkt besucht und ca. 20 Früchte probiert, die wir noch nie gesehen, geschweige denn gegessen hatten. Außerdem haben wir den Nationalsport der Kolumbianer gespielt: Tejo - ganz klar was für Männer. Man wirft 'ne Steinscheibe auf 'ne Lehmplattform, die mit Schwarzpulver gefüllten Blättchen bestückt ist. Wer sich bei einem Treffer der Blättchen die Ohren nicht zu hält, läuft in Gefahr, einen Gehörsturz zu erleiden... Im Übrigen ist das Tejo Spielen umsonst, nur das Bier, das die Männer währenddessen konsumieren, kostet (75 Cent)... Das Partybussle in den größten Club der Gegend ließen wir uns natürlich auch nicht entgehen, mit eigenem Barkeeper auf der Rückbank. Witzigerweise trafen sich dort nicht nur die jungen Leute, sondern ganze Familien, der Vater tanzt auf dem Dancefloor mit der Tochter und natürlich wurde den ganzen Abend lateinamerikanische Musik gespielt.
Nach Bogotá sind wir mit dem Bus eine kurvenreiche Strecke in die Berge und gleichzeitig die Kaffeeregion Kolumbiens gefahren. Dort haben wir auf einer Kaffeeplantage gelernt, wie die Kaffeefrüchte in ihrer ursprünglichen Form aussehen, dass die Arbeiter noch von Hand die Früchte pflücken und dass die Kolumbianer nur zweitklassigen Kaffee konsumieren, während der erstklassige zu uns exportiert wird. Dies macht Kolumbien zum viertgrößten Kaffee-Exporteur der Welt. Im Übrigen ist Kolumbien, als kleiner Fun Fact, nach Holland der zweitgrößte Schnittblumen Produzent weltweit. In Salento haben wir uns dann auch mal wieder sportlich betätigt – und haben die Gegend beim Wandern und mit dem Mountainbike erkundet (Thilo hat mich im “vamos amigos Stil” bissel übermotiviert mit dem Mountainbike durch Berg und Tal gejagt).
Weiter ging's in die Geburts- und Wirkungsstadt des ehemaligen größten Drogenbarons der Welt, Pablo Escobar, dem Kolumbien wohl auch seinen Ruf zu verdanken hat. Erstaunlicherweise war Medellin ganz anders als erwartet - super fortschrittlich, mit Rolltreppen und Seilbahn als Fortbewegungsmittel in der am Berg liegenden Stadt. Die ehemaligen Drogenviertel haben sich zu "In-Vierteln" gewandelt, mit Graffiti geschmückt und tollem Ausblick über die Stadt. Es wird erstaunlich viel für die Bildung getan, so werden beispielsweise Bibliotheken gebaut, die gleichzeitg Veranstaltungsort für Konzerte sind. Daher kann man sich als Besucher auch gut vorstellen, weshalb Medellin als eine der innovativsten Städte der Welt gilt. Jedoch muss für den Gesamteindruck der Stadt gesagt werden, dass es eine Millionenstadt mit von Menschen überfüllten Straßen und Gegenden ist, in der man immer noch die Kriminalität und Armut erahnen kann.
Danach sind wir in den Bergen geblieben, dieses Mal im Osten des Landes, in einer Region, die für ihre vielen Outdoor Möglichkeiten bekannt ist. Auch dort haben wir wieder in einer sehr guten Unterkunft gewohnt mit superfreundlichen Besitzern für wenig Geld, wie es im Übrigen in ganz Kolumbien der Fall war. Thilo hat sich sogleich auf den Weg gemacht, ein unterirdisches Höhlensystem, teilweise unter Wasser, zu erkunden. Los ging's in eine einstündige Privattour mit einem ausschließlich spanisch sprechenden Guide. Nachdem die beiden sich die ersten Minuten durch enge Felsspalten gequetscht hatten und der Wasserspiegel immer mehr anstieg, sodass nur noch ein paar Zentimeter zum Atmen blieben, begannen die ersten kleineren Tauchpassagen - jetzt hieß es Luft anhalten. Das Höhlensystem hatte auch optisch einiges zu bieten. Kann man für 8 Euro durchaus mal machen, sofern Klaustrophobie kein Thema ist! Ein weiteres Highlight war für uns die Rafting-Tour. Mit dem Boot ging's knapp zwei Stunden durch Stromschnellen der Schwierigkeitsstufe 5, die höchste, die im Rafting machbar ist. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (auf der Hinfahrt haben wir den Anhänger mit Boot verloren) entpuppten sich unsere zwei Guides als echte Profis, selbst Teil des kolumbianischen Nationalteams. So ging's mit jeder Menge Nervenkitzel, Booflutungen und Paddeln bis die Muskeln brennen den Fluss hinunter. Die restlichen Tage haben wir entspannt die Gegend genossen und kleinere Wanderungen unternommen.
Als letzter Reiseabschnitt in Kolumbien sind wir schließlich nochmal mitten in den Dschungel geflogen, an die Grenze zu Peru und Brasilien, um den Amazonas zu sehen und erleben. Zwei Stunden sind wir mit dem Boot über den breiten Fluss geheizt, die Unterkunft für die nächsten zwei Nächte lag tatsächlich in Peru, am Rande des Amazonas, umgeben von Dschungel und Flussärmen. Wir haben kleinere Tages- und Nachtexkursionen unternommen, rosa Delfine gesehen, die sich ab und zu an der Oberfläche des bräunlichen Wassers gezeigt haben und sind sogar ins Wasser gesprungen, da die Krokos und Piranhas wohl nicht in der Nähe wären, wenn die Delfine spielten. Als wir abends allerdings Alligatoren suchen gingen bzw. fuhren, blitzten am Rande des Flusses von allen Seiten die Augen auf... Die Jungs, die uns mit dem Holzkahn fuhren, sind dann zielsicher in den Busch hineingesteuert, in dem die Augen aufleuchteten, und wenn die Augen klein und schwach gelb leuchteten, sprang einer der beiden "Locals" ins Wasser und kam kurz darauf mit einem kleinen Alligator wieder an Bord. Wenn die Augen stärker leuchteten waren die Krokos allerdings zu groß fürs Boot... Das Piranha Angeln war auch 'ne spannende Angelegenheit, mehr für mich als für Thilo (der weniger Erfolg hatte ;-) ) und so wurde die Amazonas Tour zu einem Erlebnis, das wir nicht missen wollten. Dann hieß es nach einem Monat wieder aus dem Land raus zu kommen, was eine übereifrige Angestellte unserer Fluggesellschaft beinahe verhinderte und somit unsere angrenzende Galapagos Reise gefährdete. Aber die Geschichte passt nun wirklich nicht mehr in den Kolumbien Bericht ;-).