Veröffentlicht: 13.07.2024
New York ist groß – man hörte vielleicht bereits davon. Und die meisten Sehenswürdigkeiten finden sich in einem kleinen Bereich Manhattans. Insofern sind 6 Tage nicht annähernd genug, um New York in seiner Gänze richtig zu sehen. Gleichzeitig sind die Eindrücke so vielgestaltig, dass sich auch gar nicht alles in einem kurzen Blogartikel fassen lässt. Wir schreiben daher etwas mosaikartig einzelne Eindrücke und Episoden auf und hoffen, dass so ein Bild entsteht, das die Buntheit New Yorks einfängt.
Anreise mit George
Eigentlich wollten wir mit dem Zug von Montreal nach New York, aber Amtrak informierte uns wenige Wochen vor unserer seit etlichen Monaten gebuchten Fahrt, dass sie uns umgebucht hätten. Wir würden nicht von Montreal sondern von Albany aus starten. Das ist entfernungsmäßig so, als hätte man uns mitgeteilt, unser Zug nach Mailand würde nicht in Bremen sondern in Stuttgart abfahren – ganz abgesehen davon, das Amtrak scheinbar keine Idee hatte, dass zwischen Montreal und Albany die US-Grenze liegt. Also hatten wir schnell Greyhound-Tickets gebucht. Egal wie komfortabel (und wir hatten die besten Plätze) – 8 Stunden Bus fahren ist zu lang. Und es wird nicht unbedingt einfacher, wenn der Fahrer George heißt:
George meinte vor Einsteigen in den Bus, wir sollten alle Papiere bereithalten, die wir bräuchten. Als eine andere Fahrgästin zögerlich fragte, was das denn für Papiere sein, pampte George nur „What do I know what your papers are.“ Sehr hilfreich. Auch ansonsten war er zunächst rüpelhaft. Dann taute er auf, wurde scherzend und hilfsbereit. An der Grenze leitete er alle sehr gut an und der Grenzübertritt war sehr einfach und entspannt. Auch für Frau Waas, trotz dessen sie neben der lummerländischen noch die kummerländische Staatsangehörigkeit hat und somit Visumspflichtig ist.
Auf der weiteren Fahrt schwankte Georges Stimmung weiter: Mal gönnte er uns Pausen bei McDonalds (augerechnet) oder hielt extra länger an einem Halt mit sauberen Toiletten, damit wir nicht die in Albany benutzen mussten, dann schimpfte er wieder über die Leute, als sie erst nach 5 Minuten (bei vereinbarten 10 Minuten) zum Bus zurückkehrten und fuhr schon kurz ohne alle Fahrgäste an, bevor er wieder brenste. Später präsentierte er uns wieder herzlich voll erkennbarem Stolz sein New York City.
Bleibt festzuhalten: 1.) Das Hinterland zwischen Montreal und New York ist schön und fast menschenleer und erinnert an Schweden. Immerhin fanden in Lake Placid auch zweimal die olympischen Winterspiele statt. 2.) Es stellt sich die Frage, ob ein Busfahrer nun die verordneten Psychopharmaka vor einer Fahrt einnehmen sollte oder lieber nicht.
Gerüche
Manhattan riecht nicht nach Rosen – es wachsen ja auch fast keine Pflanzen da. Als wir im etwas angeranzteren Westend ankamen wurde schnell klar: New York riecht wie scheinbar fast alle in warmen Regionen gelegenen Großstädte oft nach Müll und anderem. Und es riecht verdammt oft nach Cannabis. Das Team Waas/Ärmel sah und roch während seines New York-Trips mehr Joints als klassische Zigaretten.
Leben
In New York City könnten sich Frau Waas und Herr Ärmel durchaus vorstellen zu leben (das trifft allerdings auf viele Städte zu), obwohl man es sich erst einmal muss leisten können. Abgesehen von exorbitanten Lebenshaltungskosten (z.B. werden da mal 6€ für eine exotische Cola-Dose oder 10€ für einen Laib Brot aufgerufen) kostet ein Apartment im teuersten Wohnhochhaus bis zu 10 Millionen Dollar. Dann doch eher Brooklyn. Allerdings gilt auch hier, dass oft die Preise nicht an den Produkten stehen – und man an der Kasse erfährt, warum.
Ein besonderer Shopping-Tip von Frau Waas sind trotz der hohen Preise West Village und Greenwhich Village: Kurz nachdem man durch die Christopher Street kommt (ja, genau die), kann man sich z.B. an manchen Tagen im Hanky Panky von einer coolen aber geerdeten Verkäuferin in mittleren Jahren zu Dessous beraten lassen, die nichts außer ihren eigenen Produkten trägt. Davon gibt es leider kein Fotos - ebensowenig wie von den New Yorker Passant*innen, die in ihren manchmal queeren, manchmal gewagten bis waghalsigen, manchmal bizarren Outfits einen wesentlichen Aspekt des Charmes New Yorks ausmachen. Auch von den oft extrem abgemagerten Obdachlosen, die ihr weniges Geld teilweise für Crack und anderes opfern und oft im Gespräch mit nicht sichtbaren anderen sind, gibt es verständlicherweise keine Fotos.
Auch die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der New Yorker*innen lässt sich fotografisch hier nicht abbilden. Dafür im Bild eine der zahlreichen Christlichen Sekten, die Sonntags im freien durch die Straßen ziehen und voll missionarischem Eifer ihren Gottesdienst dort feiern, während es z.B. in Brooklyn wieder fast geschlossen jüdische Viertel gibt.
Religiösität und Obdachlosigkeit lassen sich auch kombinieren, wie bei dem Obdachlosen, der bettelnd durch die Metro ging und uns erzählte, dass die Drogen ihn obdachlos gemacht hätten und der uns aufforderte „Let's say it together: no drugs no alcohol“ und dann die Kollekte herumgehen ließ.
Andere Geschäftsmodelle für Obdachlose: ein Bettler öffnete uns und anderen die Notfalltür bei der Metro, als unsere Tickets von der Maschine nicht eingelesen wurden und bekam dafür eine kleine Spende, ein anderer Bettler hielt in seinem Rollstuhl die sonst zugehende Tür an der Grand Central Station auf. Auch dieser Türöffner verdiente sich eine Spende.
Neben dem ultraorthodox jüdischen Viertel in Brooklyn und dem Hipster-Viertel in West Village gibt es natürlich auch noch Little Italy und China Town. Little Italy wirkte Charmant auf uns, allerdings weniger wie ein Lebensraum als wie eine Aneinanderreihung italienischer Restaurants und Cafés – und es ist wesentlich kleiner als das benachbarte China Town, das für uns weit weniger Charme hatte. Dafür hat man hier einen buddhistischen Tempel mit großer Leuchtreklame auf dem Dach.
Skyline
Eine Fahrt bis zur Spitze des Empire State Building kostet 79,-€. Es ist vielleicht weniger die Frage, ob es einem das wert ist sondern eher die, ob man es sich leisten kann. Aber der Ausblick über die Skyline von Manhattan hat uns sehr beeindruckt und wir bereuen es nicht. Kostengünstiger geht es indes auch, von Brooklyn aus über den East River nach Manhattan zu schauen. Die noch teurere Variante wäre der private Rundflug im Helikopter, wie wir sie nahe der wirklich schönen Brooklyn Bridge starten sahen.
Saunabesuch inklusive
Auch wenn hier jetzt etwas auf den Preisen herumgeritten wurde: Ein New York-Besuch im Hochsommer beinhaltet jeden Tag einen Sauna-Besuch: Immer wieder wechselt man von den 35° heißen schwülen Straßen in auf gefühlte 15° heruntergekühlte Gebäude. Das hält die Gefäße in Schwung. Kleiner Life Hack: Immer eine warme Jacke im Handgepäck haben, wenn man z.B. ins Museum geht, sonst vergeht einem irgendwann die Lust.
Museen
Wir waren im Met (Metropolitan Museum of Arts) und im MOMA (Museum of Modern Art). Herr Ärmels Meinung: kann man machen, muss man nicht. Frau Waas Meinung: Met – kann man machen, MOMA - könnte man auch gut mehrmals im Jahr machen, da es eine riesige Anzahl an beeindruckenden Kunstwerken verschiedenster Stilrichtungen beinhaltet.
Broadway
Die bunten Leuchtreklamen am Times Square kennen auch all diejenigen, die noch nie in New York waren. Weniger bekannt sind die weniger glamourösen Ecken des Broadway, der sich wie die anderen Avenues lang durch ganz Manhattan erstreckt. Uns zog es allerdings ganz dem Touri-Klischee folgend zu den Musicals.
Wir entschieden uns für „Back to the Future“ („Get your tickets yesterday“). Eine gute Kulisse, sehr gute Kostüme und tolle Bühneneffekte standen für uns einem absurd lauten Sounddesign und kompositorisch eher vergessenswerten Musikstücken gegenüber. Beste Darsteller und Sänger waren die Darsteller von George McFly und Goldie Wilson.
Insgesamt wirkte das Stück jedoch wie die amerikanische Karikatur eines Musicals.
Ein persönliches Highlight war für Herrn Ärmel aber die Zeitmaschine, die ein findiger Geschäftsmann vor dem Theater geparkt hatte.
Die Freiheit des Geldes
Ganz an der Spitze Manhattans finden sich der Financial District und die Aussicht zur Freheitsstatue. Die Freiheitsstatue muss man aber erst einmal sehen können. Die Freiheit ist hier hinter Mauern und Zäunen gut abgeschottet, wenn man nicht dafür zahlt und ein teures Ticket löst.
„Ich fragte ihn, wie heißt denn dieses Tier?
Das ist die Freiheit, sagte er zu mir
Die gibt es jetzt so selten auf der Welt
Drum wird sie hier für wenig Geld zur Schau gestellt
Ich schaute und ich sagte, lieber Herr
Ich sehe nichts, der Käfig ist doch leer
Das ist ja gerade, sagte er, der Gag
Man sperrt sie ein und augenblicklich ist sie weg“
(Georg Danzer)
Beeindruckend ist Ground Zero. Die riesigen Springbrunnen (oder eher Fallbrunnen) an der Stelle des alten World Trade Centers erinnern an die einstürzenden Ruinen, gerahmt von den Namen der Toten, die an diesem Tag als unschuldige Opfer starben.
Abschied
Wir verlassen New York gesättigt mit Eindrücken und freuen uns auf Strand Urlaub auf Long Island, aber es macht sich auch etwas Wehmut breit. Es ist der erste Punkt unserer Reise, an den wir vermutlich nie wieder zurückkehren werden – außer in Filmen und Musikstücken. Herr Ärmel ließ sich an der 10th Avenue fotografieren die Springsteen einst besang und Frau Waas schaut jetzt erst einmal eine alte Folge Cagney und Lacey. Danke New York für die all die schönen Erinnerungen.