Feldtagebuch-aus-Kakuma
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Roadtrip

Veröffentlicht: 28.12.2022

Fröhliche (und dezent verspätete) Weihnachtsgrüße aus Kenia! Für mich ist hier gerade Halbzeit und ich blicke sehr glücklich auf die ersten Monate zurück. Die Zeit rast. Hier noch ein kleiner (oder mal wieder etwas eskalierender) Rückblick auf den Roadtrip mit Muli vor Weihnachten.
In 7 Tagen haben wir in 8 verschiedenen Counties (Bundesländer) gestoppt und um die 900km Strecke mit 10 Minibussen, die hier Matatus heißen (meistens für 14 Leute+Überfüllung) zurückgelegt.
Reine Fahrzeit waren so 19 Stunden, aber oft haben wir seeehr lange im Matatu gewartet, bis es voll war und losgefahren ist.

Etappe 1 - Kakuma bis Kapenguria

Vollbepackt warten wir um 17 Uhr auf unseren Minibus. Ich schon etwas nervös, weil wir ziemlich spät dran sind. Als wir an der Haltestelle ankommen, wird uns gesagt, dass der Bus verloren gegangen ist und wir mit einer anderen Company fahren müssen. Wir sollen eine halbe Stunde warten. 3 Stunden später sind wir noch immer in Kakuma, aber dann gehts los. Ich sitze mit Muli neben dem Fahrer, unter meinem SItz ist der Motor und deswegen hab ich ne sehr heiße Sitzheizung gratis und sehr wenig Platz. Bis nachts um halb4 sind wir unterwegs. Da ich so nah neben dem Fahrer sitze, habe ich Angst einzuschlafen und dann auf ihn zu fallen :D
Der Part der Strecke ist der angespannteste, weil es an der County-Grenze von Turkana und Westpokot manchmal zu Unruhen zwischen den ethnischen Gruppen kommt. Manchmal kommt man als Durchreisender ins Feuergefecht. Wir sind die ganze Zeit einem anderen Matatu hinterhergefahren, so ist es sicherer und auch ein bisschen heller. Und generell bekommt man mit, falls die Straße gefährlich wird und fährt dann in einem Convoi oder garnicht. Ein Matatu kann nur 80 km/h fahren und wenn der Fahrer an den 80 km/h kratzt, piepst es laut im Halbsekundentakt. Also habe ich 7 1/2 Stunden dieses anstrengende Geräusch im Ohr und werde fast verrückt :)

Der Fahrer wurde auch immer müder und die Straße immer serpentinenhafter (ich dachte es haut uns bald raus), die Landschaft grüner und als wir in Kapenguria angekommen sind, hat es in Strömen geregnet und es war kalt. Zum ersten Mal seit 2 Monaten hatte ich eine heiße Dusche, das war sooo gut!

Unser Matatu-Freund vor uns
Rosa Träume
Muli und ich wissen morgens nie, wo wir abends schlafen. Aber hier läuft alles ganz entspannt und unkompliziert.

Kapenguria ist die Hauptstadt von Westpokot. Die Freiheitskämpfer für die Unabhängigkeit Kenias waren hier eingesperrt.

Wir haben das Museum angeguckt, wo man sowohl die Zellen der Freiheitskämpfer anschauen konnte als auch einiges über das Leben der Westpokot, Übergangsrituale, medizinische Heilpflanzen... lernen konnte. Die Kapenguria 6 wurden von den Weißen dafür verhaftet, dass sie sich den Maumau anschlossen, die angeblich alle Weißen Settler umbringen wollten. Maumau ist die Abkürzung für das Kiswahilische: Mzungu aende ulaya mwafrika apate uhuru. Das bedeutet: Die Weißen gehen zurück nach Europa damit die Afrikaner Freiheit bekommen!

Pokot sind meistens Viehhirten oder machen Landwirtschaft
Die Hütte der 1. Frau war guter Schutz für den nichtvorhergesehen Regen

Dann waren wir noch bei wunderschönen Wasserfällen. Ich konnte und kann mich immer noch nicht satt sehen an dieser so grünen und fruchtbaren Landschaft nach 2 Monaten in Kakumas Trockenheit.

Auf dem Weg zum Wasserfall - mit Birkenstock super Treppe
Das ist nur der kleine Anfang

Etappe 2 - Kapenguria bis Kitale

Im Matatu spendiert ein Mitreisender Bananen für alle :)
Blick auf Kitale aus dem Hotelrestaurant-Fenster
Lichtspiele

Kitale ist die Hauptstadt vom County Trans-Nzoia. Fast alles Gemüse und Obst, das nach Kakuma importiert wird, kommt von hier.

Wir verbringen den Tag in einem Naturreservat, wo auch Tiere mit 3 oder 5 Beinen ein Zuhause finden können und eine große Arche Noah für Klimabewusstsein wirbt. Und es gibt auch lebensgroße Bibelfiguren mit Rätselfragen und komischen Antworten, warum auch immer.

a million branches
Verschlungene Bäume
Muli auf ner klapprigen Brücke
Noch eine Holzbrücke
An dem Tag feiern wir Unabhängigkeitstag in Kenia und der Kronenkranich thront freiheitsliebend auf dem Käfig
Das ist die Arche Noah (für alle Nicht-Bibeltreuen Menschen)

The bible is silent!
11th commandment: You shall not destroy planet Earth
Recht hat er :(
Das erste Mal Weihnachtsdeko entdeckt

Etappe 3 - Kitale bis Eldoret

Auf dem Weg kommen wir an vielen Orten vorbei mit großen Märkten

Eldoret bei Nacht

Mit ungefähr 500.000 Einwohnern ist Eldoret die fünftgrößte Stadt Kenias. Wir haben einen Stadttag gemacht und Zeit in Cafés und einer Mall verbracht.

Kathedrale von Eldoret
Da hängt eine halbe Kuh beim Metzger
Ein neues EInkaufszentrum
Da ist sie ja, die Weihnachtsstimmung

Etappe 4 - Eldoret bis Iten

Iten ist weltweit bekannt als Wiege der Marathonläufer. Auf 2400 Höhenmeter bei mildem Klima kommen hier viele Läufer aus der ganzen Welt zum Höhentraining.
Nachts waren es 11 Grad und ich habe wirklich sehr gefroren, ich hab mich wohl doch schon ziemlich an Kakumas Hitze gewöhnt. Iten ist so ein friedvoller, entspannter und schöner kleiner Ort, da wär ich auch länger geblieben.

In Iten gibt es überall extra Teerwege für die Läufer*innen
Viewpoint
Zum ersten Mal die Fließjacke ausgepackt. Hatte mich schon geärgert, dass ich sie umsonst um die halbe Welt mitgenommen habe! Zum Glück wars kalt genug
Die Absolvent*innen von der Uni wollten ungefähr 138 Bilder mit mir / EMC = Elgeyo-Marakwet County
WE RUN THE WORLD!
Eliud Kipchoge - die Legende mit 2:01:09 beim diesjährigen Berlin Marathon

Etappe 5 - Iten bis Marigat

Es geht mit dem Matatu mindestens eine Stunde bergab. Die Bremsen des Matatus qualmen und rauchen heftig, aber das hat den Fahrer weiter nicht gestört.

Ein mit Obst beladener Truck wird von Obst-Verkäuferinnen umringt -eine witzige Szene

Meistens Frauen verkaufen den vorbeifahrenden Autos Obst und Gemüse. Sobald ein Matatu stoppt, drängen sie sich an die Fensterscheiben.

Ein bisschen eng im Matatu. Der Mann im Hintergrund singt swahilische Worship-Lieder und übersetzt sie mir

Marigat ist in der Nähe des Baringo-Sees. Ähnlich wie der Lake Turkana ist er in den letzten Jahren um einige Meter gestiegen und hat Häuser und den Tourismus zerstört. Und ähnlich wie Turkana ist es hier wieder heiß. Hier haben wir ein Hippo und Krokodile gesehen, das war ein bisschen aufregend. Außerdem ist der See Zuhause von Hunderten verschiedenen Vogelarten.

die abgestorbenen Bäume im See werden zum Vogel-Zuhause
Hausruinen im Wasser
Futter für die Seeadler - mit ganz leichtem Holz ausgestopft, damit er aufm Wasser schwimmen kann
Ehrfürchtig vor Hippos, aber Angst hat er nicht, sagt der Mann in seinem Boot
Da ist das Hippo
Seeadler holt sich den Fisch
Franzi holt sich auch nen Fisch
Als wir 2 Stunden auf unser nächstes Matatu warten, freunde ich mich mit dem Mädchen und den paar Hundert Chicks an, die mit uns im Bus mitfahren sollen.

Etappe 6 - Marigat bis Nakuru

Hier verläuft der Äquator - ab jetzt wieder Südhalbkugel
Blick auf Matatus in Nakuru

In Nakuru sind wir zum Mount Menengai gewandert, es ist der sechstgrößte Krater der Welt. Einer der Souvenirshop-Besitzer nimmt sich viel Zeit und erklärt uns alles über Vulkane, Gesteine, Kräuter die hier wachsen...

Menengai
Eine Klasse Krankenpflegender wollte nicht mehr aufhören, Bilder mit mir zu machen. Muli dachte, nur Kinder wären so aufgeregt, eine Mzungu (Weiße) zu treffen.

Etappe 7 - Nakuru bis Naivasha

RELAX - God is in control :D

Ja hoffentlich ist God in Control, weil die 2-spurige Straße ab Nakuru bis nach Nairobi 4-spurig befahren wird und der überholende Gegenverkehr immer darauf hofft, dass man bremst oder ausweicht. Nichts für meine Nerven!

Schwarzwälderkirschtorte gibts überall - aber keine Kirschfüllung. Dafür gibts auch ein White Forest Cake :D

Wir schlafen eine Nacht im Zelt, um am nächsten Tag durch den Nationalpark Hells Gate zu radeln. Hells Gate gilt als Ort der Inspiration für den Film König der Löwen und ich habs sehr gefühlt. Nur Löwen gab es keine. Um 6 stehen wir für den Sonnenaufgang auf, und es war sowieso zu kalt im Zelt, um noch weiterzuschlafen.

Unser Campingspot für die Nacht direkt am See in Naivasha
Die Hippos sind hinter nem kleinen Elektrozaun vom Campingplatz abgetrennt
Hippos grasen in der Nacht am Ufer des Sees
Sonnenaufgang am See
Morgenstimmung am See - und die Hippos sind untergetaucht
Kalt und müde
Duschwasser heißmachen - blöd, wenn man duscht, bevor das Feuer an ist :D
Der Park ist auch sehr bei Kletterern beliebt

Dass man in dem Nationalpark radeln kann, war eines der besten Dinge. Da hab ich meine Freiburgsehnsucht wieder gestillt. Und außerdem fühlt man sich noch näher an den Tieren dran, wenn man nicht den ganzen Tag im 4x4 sitzt.

Achtung, Zebra kreuzt
Affenbaby klammert sich an Mama
Es gibt ein riesiges Erdwärme-Werk

Wir sind nach dem Park noch sehr lange weiter zu heißen Quellen bergauf geradelt, um dann festzustellen, dass es ein für Nicht-Kenianer teures Badespaß-Erlebnis ist mit Wasser aus den heißen Quellen. Das Bergabradeln hat die unnötige Mühe aber entschädigt. Nur die Bodenwellen (in Kenia gibt es sehr viele davon) ohne Verkehrsschild und Markierung haben mich fast über den Lenker geschmissen.

Etappe 8 - Naivasha bis Nairobi

Ich bin sehr glücklich, mit Muli diese Reise gemacht zu haben. Sein Ziel ist es, alle 47 Counties in Kenya zu bereisen, bevor er dann im Ausland reist. Durch Muli konnte ich getrost Touristenpfade verlassen und ohne Ziel und Plan von Ort zu Ort reisen, er war ein großartiger Preisverhandler, Übersetzer für mich und einfach ein guter Freund.

Wir kommen Samstag Nacht in Nairobi an. Mit Maggy, bei der ich auch schon meine allerersten Tage in Kenia verbracht hat, gab es ein sehr fröhliches Wiedersehen.

Fußballfest - fast alle unterstützen Frankreich, weil da so viele schwarze Spieler im Team sind. Sie nennen das Team "African Union". Aber immer wenn Messi trifft, feiern alle auch ihn. Da war richtig gute Stimmung, obwohl Les Bleus es dann nicht gemacht haben.

Alle im Fußballfieber - ich bin heimlich für Argentinien :p

Nach 3 Tagen Nairobi mit spontanen Geburtstagsfeiern (die haben hier bei den meisten nicht so nen hohen Stellenwert und selbst der eigene Geburtstag kann schon mal vergessen werden), Weihnachtsfilmen mit Maggy und Mall-Besuchen bin ich dann mit Bryan zu seiner Familie Richtung Viktoriasee gefahren für die Weihnachtstage. Ich hatte ein ganz anderes, aber sehr wunderbares Weihnachten. Ich hoffe, ihr hattet es auch schön. Und dass eure Gesichtsmuskeln vom vielen Grinsen und Lachen wehtun, so wie meine.

Eure Franny



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