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Im Lande der Lamas

Veröffentlicht: 10.06.2024

16.04.- 12.06.2024

Wer an Peru denkt, denkt automatisch an Macchu Picchu. Ja, das war auch auf unserer Agenda. Machu Picchu und dann weiter. Wir schauten uns diverse Routen unterschiedlicher Reiseanbieter an, da wir so gar keine Ahnung hatten, was wir in Peru sonst so anschauen sollten. Alle Routen beginnen in Lima und fahren Richtung Süden. Wie ihr bestimmt schon in den letzten Berichten erkennen konntet, bereisen wir lieber die Teile eines Landes, wo nicht so viele Touris unterwegs sind. Wir so: Ok, bereisen wir ausgiebig den Norden und im Anschluss noch bisschen den Süden. Von Lima aus gings am 5. Tag mit einem sehr komfortablen Nachtbus nach Trujillo und mit einem Taxi weiter an der Küste entlang nach Huanchaco. Hier wollten wir kurz verschnaufen, da Tines Kreislauf immernoch nicht ganz auf der Höhe war. Der lange Flug und die nächtliche Geräuschkulisse neben unserem Hotel, dessen Isolierung pappähnliche Schalldämpfung hatte, ließen Tine nur max. zwei Stunden Schlaf zu. Eine große Baustelle, Diskothek und die üblen Alarmanlagen der peruanischen Autos, ahhhhh, lasst mich doch endlich pennen! Ohne Schlaf kein Kreislauf. Huanchaco hat uns mehr als überrascht. Ein kleines, süßes Städtchen mit einer langen Strandpromenade. Es gab einige Surfschulen. Wir hatten beide nicht damit gerechnet, dass Surfen sich an solch großer Beliebtheit erfreut. Aber klar, wenn ein Land mehr als 2500km Strand hat, warum nicht surfen? Wir beide also länger in diesem tollen Städtchen geblieben, in dem man vorzügliche Ceviche essen kann und für vier Tage Surfunterricht genommen. Flo hatte ziemlich schnell den Dreh raus. Was für ein Glücksgefühl. Unser Hotelvermieter hatte uns nach drei, vier Bier eingeladen, mit ihm und seiner Freundin nach Chicama zu fahren. Die surfbegeisterten Leser unter euch wissen es, den andren erklären wir es, hier gibts die längste Welle der Welt. Bei gutem Windverhältnis kann man bis zu 15 Minuten auf der gleichen Welle reiten. Es war richtig windig dort und die ein oder andre Welle haben wir auch für wenige Minuten gefangen. Aber auch auf dem Bauch liegend und auf der Welle treibend hatte Tine ihren Spaß. Wir hatten einen wunderschönen Sonnenuntergang vor uns. Einfach auf dem Brett liegend und den roten Ball am Horizont untergehen sehen war traumhaft.

Von Huanchaco gings dann wieder mit dem Taxi nach Trujillo zurück, um dort in den nächsten Nachtbus zu steigen. Es ging ins Landesinnere, für wenige Tage nach Cajamarca auf 2700 ü. NN. und dann im Marathon mit Taxi, Nachtbus, Kleinbus, Kleinbus und nochmals Taxi zu unsrem Hotel nach Yurimaguas. Alle ca. 820km in einem Abwasch und 30 Stunden Fahrt. Fast ohne Essen und Getränke, da es nur im ersten Bus eine Toilette gab und man ja nie weiß, wann es die nächste Pinkelpause gibt. Aber landschaftlich beeindruckend. In Serpentinen fuhren wir zickezacke hoch um dann wieder im Zickzack runter zu fahren. Große Streckenabschnitte nur einspurig und schwindelerregend. Es wurden extra Kotztüten verteilt, die bei dem ein oder andren auch gefüllt wurden. Trotz unserer Reiseübelkeit, toitoitoi, war es uns nach den 30 Stunden etwas mulmig in der Magengegend, aber übergeben musste sich keiner von uns beiden. Wir waren nur totmüde und einfach erledigt. Schnell Abendessen und ab ins Bett, denn wir hatten große Pläne für den nächsten Tag. Nach hektischem Hin und Her haben wir es auf ein Cargoschiff geschafft. Drei Tage mit ca. 40 Peruanern, ca. 200 Hühner, haufenweise Obst und Gemüse und anderen Lebensmitteln, Babyschweinen und Babyziegen, einem Straßenbaufahrzeug, einem Kerosintanklaster und allerhand weiteren Baumaterialien und Schuleinrichtungen an Board, legten wir ab. Ziel der Reise: Iquitos. Die weltweit größte Stadt, die nur mit Schiff oder Flugzeug zu erreichen ist, am Rande des Amazonasdschungels. Wir buchten für das Schiff eine kleine Kabine, die wir eigentlich nur zur Gepäckaufbewahrung nutzten. Zu zweit plus Gepäck hätten wir da eh nicht reingepasst. Für unser Abenteuer drei Tage auf dem Wasser hatten wir zwei Hängematten gekauft, die wir, wie die andren auch auf dem dritten Deck spannten. Drei Tage und Nächte in der Hängematte liegen und schwitzen vom Nichtstun, verträumt auf das braune Wasser schauen, pinken Flussdelfinen zuschauen, das Grün des vorbeiziehenden Waldes bestaunen und mit Händen und Füßen und Googleübersetzer mit den andren Mitreisenden tratschen. Zur „Abkühlung“ oder um einfach mal eine Schicht Schweiß abzuwaschen gabs auch minikleine Nasszellen (Dusche und Klo in einem, auf 1,5qm), bewässert natürlich mit dem Flusswasser. Es war definitiv ein Abenteuer und ein kleines Highlight. Einfach mal Abschalten und genießen. Sich um nichts kümmern müssen, denn Internet hatte man keins und drei Mahlzeiten waren inklusive. Ja, sagen wir mal so, also es kamen nicht alle in Yurimaguas eingeladenen Hühner lebend in Iquitos an. Meist drei Stunden bevor die Küchenglocke läutete hört man Gegacker, dann einige laute Steinschläge und dann wusste man, nun wieder nicht vegetarisch. Für Tines gabs ziemlich oft einfach nur Kochbanane und Kekse. Die vegetarische Kostform wurde von allen nur belächelt und nicht so ganz verstanden, warum auch. Frischer kann man sein Hühnchen wohl auch nicht bekommen. So schipperten wir zuerst den Rio Huallaga entlang, über den Marañon zum Ursprung des Amazonas, dessen Strömung wir für einen Tag folgten. 

In Iquitos angekommen genossen wir lange, warme Duschen, Flo fand seine Liebe wieder zum Fotografieren und Tine motivierte sich trotz 36° und 80% Luftfeuchtigkeit zum Joggen. Dann stand ein neues Highlight an. Wir buchten vor einer Woche eine Amazonas Dschungeltour über 5 Tage/ 4 Nächte. Wir waren sehr gespannt auf unsere Mitreisenden. Einen Tag zuvor lernten wir unsre Reisegruppe kennen. Es war Robert, 36 Jahre, Australier, seit drei Monaten auf Südamerikareise. Das wars. Wir waren tatsächlich nur zu dritt. Und wir verstanden uns auf Anhieb super. Besser hätte es nicht laufen können. Am ersten Tag der Reise klingelte der Wecker um 3.30 Uhr, Treffpunkt 4 Uhr, Busabfahrt 5 Uhr. Die einzige Straße aus Iquitos führt nach Nauta, auch eine Kleinstadt am Amazonas, wo sie auch endet. Hier stiegen wir in ein 60 Mann Passagierboot ein. Für vier Stunden gings dann weiter nach Requena, eine kleine Handelsstadt am Rio Ucayali. Hier hatten wir nochmals die Möglichkeit, Snacks oder andere Kleinigkeiten einzukaufen. Danach gings in einem privaten sieben Mann Boot weitere vier Stunden entlang des Rio Tapiche. Einen ganzen Tag haben wir nun benötigt um im Tapiche Reservat anzukommen. Direkt neben dem Dschungel am Fluss standen sieben Holzhütten auf Stelzen mit kleinen privaten Badezimmern und doppelt vernetzten Betten zur Moskitoabwehr. Eine größere Hütte diente als Küche mit großem Esstisch, wo wir drei super leckere Mahlzeiten am Tag serviert bekamen. Nach dem Abendessen fielen wir in einen tiefen Schlaf, begleitet von Zirkaden-, Affen-, Vögel- und Froschklängen. Um 6:30 Uhr trafen wir uns dann täglich zum Frühstück, um dann mit dem Boot flussauf oder -abwärts die verschiedenen Seen zu besuchen. Der erste Tag fiel wortwörtlich ins Wasser, es schüttete aus Eimern. Wir verlegten unsere Tour auf unbestimmte Zeit, wann eben der Regen nachlassen sollte. Kein Problem, wir waren eh noch müde vom Vortag und so krabbelten wir alle nochmals ins Bett und lauschten ganz gespannt dem Regen und den Klängen des Waldes. Nach dem Mittagessen gings dann los. Bewaffnet mit Kamera und Fernglas sahen wir sehr viele pinke Flussdelfine direkt neben unsrem kleinen Boot auftauchen. Wir sahen verschiedene Affen in den Bäumen neben dem Fluss entlanghangeln, ein Faultier im Baumwipfel hängen und Papageien, Tukane und Eisvögel über uns herum fliegen. Schlangen haben wir natürlich auch gesehen, züngelnd, aber auch schlafend. Auf einer nächtlichen Bootstour fanden wir Babykaimane und unendlich viele gelbe Minifrösche. Ein Highlight war unsre Wanderung durch den Wald, durch Sumpf gestapft, auf der Suche nach allem was kriecht und krabbelt und einfach auch das Grün um einen herum anders wahrzunehmen. Wir hatten einfach mega Glück. Unser Guide war einfach klasse, unser Bootsmann hatte ein super scharfes Auge, um Tiere zu finden, Rob als Reisebegleiter, fast schon wie ein alter Kumpel, das Wetter: ein Regentag, ein Nieseltag und ein Sonnentag machten die Abwechslung perfekt.

Es war eine mega authentische Erfahrung, aber auch ein Privileg, die Natur, so wie sie ist, und dort hoffentlich noch lange so bleibt, so zu erfahren, wie es sein sollte. Ohne Anaconda- oder Faultierkuschelei für Andenkenfotos, wie uns andere Reiseagenturen sie uns zuvor so häufig angeprießen hatten.

Von Iquitos aus gönnten wir uns danach einen Inlandsflug über Lima nach Cusco. Total verpennt am Frühstückstisch lernten wir Martí kennen. Er war schon ein paar Tage in Cusco und zeigte uns ein paar nette Ecken. Ja, kaum acht Stunden gepennt, liefen wir zusammen am ersten Tag von 3400 m. ü. NN auf 3700 und insgesamt über 13km durch die wunderschöne Stadt Cusco. Ja, es sind wirklich seeeeehr viele Touristen unterwegs, aber die Souvenirlädchen und das Getummel auf den Straßen ist sehr nett anzuschaun. Mit Martí und seiner Bekannten buchten wir die Inca Jungle Trek Tour. Vier Tage voller Abenteuer mit Mountainbiking, Wildwasserrafting, Ziplining und natürlich Wandern, bis wir Machu Picchu erreichen. Hörte sich vielversprechend an und es war hammer. Wir hatten mal wieder unglaubliches Glück mit unserer Reisegruppe und unserem Guide Andi, verstanden uns auf Anhieb mit allen super und hatten unvergessliche gemeinsame, teils auch arg anstrengende Momente. Wir unternahmen von Cusco aus noch Tagesausflüge zu den Regenbogenbergen und auch ins Heilige Tal der Inkas. Lernten so noch etwas über die Kultur und Rituale der Inkas und auf den teils doch sehr langen Anfahrtswegen sahen wir nochmals ein ganz anderes Peru als wir es bisher kannten.

Mit dem Nachtbus gings dann nochmals weiter Richtung Süden, nach Arequipa. Wir wollten unbedingt Condore sehen. Also buchten wir mit Martí und Emma, die wir auf unserer Machu Picchu Tour kennen gelernt hatten, eine Colca Canyon Trekking Tour. Um 3 Uhr in der Früh wurden wir abgeholt. Für Stunden fuhren wir immer weiter ins Colca Tal, Berge hinauf, es wurde bitterkalt, die Fensterscheiben froren und wir auch. Aber als die Morgensonne über die Berggipfel kletterte, entschädigte dies vieles. Gegen 9 Uhr erreichten wir Mirador Cruz del Condor. Eine Aussichtsplattform, von der man die Condore aus beobachten konnte, wie sie sich durch die aufsteigende warme Luft zwischen den Canyons nach oben treiben ließen. Ja, da wirds einmal kurz dunkel, wenn ein Vogel mit einer Flühelspannweite von drei Meter über einen hinwegfliegt. Schon ein bisschen magisch, wenn man weiß, dass von diesen Vögeln nur noch ca. 300 in Peru leben.

Und wenig später starteten wir unseren Zweitagestrek. Tine hätte sich davor belesen sollen. Schweregrad 3 von 5. Ahhhhh. Und unsre guten Wandersocken hatte Tine leider in die Wäscherei gegeben. Also super vorbereitet. Los gehts. Was Tine nicht wusste, da sie bei der Buchung nicht dabei war: In den nächsten zwei Tagen werden wir 17 Kilometer und 3000 Höhenmeter in einer der tiefsten Schlucht der Welt bezwingen. Am zweiten Tag starteten wir um 4.45 Uhr, um beim Aufstieg der Mittagssonne zu entgehen, die uns am ersten Tag ordentlich zu schaffen machte. Und da auch einige Esel mit ihrem Guide die Strecke mehrmals täglich gehen, überlegte sich Tine nicht nur einmal, aufzugeben und huckepack auf einen Esel zu sitzen. Aber nein, der Ehrgeiz war zu groß und wir haben es alle geschafft. Stolz wie Bolle am Ende des Tages. Und für Tine hieß es ab hier erstmal Bett hüten. War die Trekkingtour vielleicht doch anstrengender für den Körper als erwartet? Oder sehnte sich ihr Körper nach 10 Monaten auch einmal nur Ruhe vom Reisen? 

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