Veröffentlicht: 28.01.2018
Vor etwa zwei Wochen konnten wir diesen Taifun hautnah miterleben und können uns nun sehr gut vorstellen, was die Menschen in einer solchen Situation fühlen, spüren oder denken.
https://en.wikipedia.org/wiki/Typhoon_Meranti_(2016)
http://www.jacdec.de/2016/09/15/2016-09-15-typhoon-meranti-left-aircraft-damaged-at-xiamen/
https://www.youtube.com/watch?v=eyk9oe0yi-k
http://www.abc.net.au/news/2016-09-15/typhoon-meranti-slams-into-mainland-china/7847648
Es ist Mittwoch, der 14. September 2016 und der Wetterbericht sagt für heute Abend einen Taifun voraus.
Mal sehen, was da kommt. Noch ist es draußen ruhig. Gegen Mittag gibt es einige Sturmböen. Mein Mann ruft mich von der Arbeit aus an und fragt, wo ich gerade bin. Es ist 12:35 Uhr. Ich war noch draußen unterwegs aber gerade auf dem Heimweg. Er meinte es wäre gut, wenn ich jetzt nach Hause gehe und auch dort bleibe.
Auf meinem Weg nach Hause erlebe ich einige stärkere Windböen, doch nichts bedrohliches. In der Wohnung angekommen, schaue ich noch einige Zeit aus dem Fenster um das Wetter zu beobachten.
Als mein Mann nach Hause kommt, ist es zwar windig, aber es sieht so aus als wäre es ruhiger geworden. Wir gehen um ca. 17:30 Uhr nochmal raus und trinken ein Bier zusammen.
Die Restaurantbesitzer haben alle Stühle und Tische, die sonst immer draußen stehen, zusammengeklappt und weggeräumt. Einige kleine Geschäfte haben bereits geschlossen und vor den Eingängen ihrer Geschäftsräume die Läden heruntergelassen.
Langsam kommt wieder Wind auf. Außerdem fängt es noch an zu regnen. Da wir draußen sitzen, brechen wir auf und laufen in Richtung Park zurück.
Es ist jetzt 19:00 Uhr. Wir gehen ein Stück die Straße entlang und essen noch ein paar Krebse in einem Restaurant. Hier sitzen wir wenigstens im Trockenen.
Gegen 21:00 Uhr wird der Regen stärker und der Wind ebenfalls. Die Bäume biegen sich im Wind. Wir gehen zügig nach Hause. Noch ist kein richtiges Unwetter in Sicht. Also gehen wir erst mal schlafen.
Um 01:00 Uhr werden wir wach. Der Taifun “Meranti“ ist bereits im Anmarsch.
Wir stehen auf und schauen aus dem Fenster. Der Sturm wirbelt bereits um die Bäume und einzelne Blätter und Äste fallen zu Boden. Durch den starken Regen und die Dunkelheit ist es schwer etwas zu erkennen.
Zwischen 02:00 Uhr und 02:30 Uhr tobt der Taifun bereits so, dass wir um unsere Fenster auf den Balkonen bangen. Wir haben Fenster, die man einklappen und zur Seite schieben kann.
Um die Fenster fest zu schließen, gibt es noch eine Halterung, an der man einen Riegel nach unten schieben kann. So sollte das Fenster mit dem Balkon fest verbunden sein. Na ja, zumindest nicht mehr aufgehen :o)
Es ist jetzt 03:15 Uhr und mittlerweile halten diese Teile dem Taifun nicht mehr Stand. Markus versucht sie mit Papier und Holzstäbchen zu fixieren. Vergeblich.
Während er auf dem einen Balkon versucht die Fenster zu retten, gehen sie auf dem anderen Balkon auf und schieben sich mit lautem Krachen zur Seite. Die Halterungen sind kaputt. Es sieht aber so aus, als wären die Fenster noch ganz geblieben.
Noch ist nichts wirklich kaputt gegangen. Wir retten noch schnell ein paar Hemden und Handtücher, die ich auf dem kleineren Balkon zum Trocknen aufgehängt hatte. Dann müssen wir drinnen bleiben, da es zu gefährlich wird.
Der Taifun draußen tobt und es ist sehr laut, der Wind peitscht den Regen gegen die Fenster und einige Gegenstände fliegen durch die Luft und krachen laut zu Boden. Auf der Straße schleifen irgendwelche Blechdächer und sonstige Dinge quietschend auf dem Boden entlang. Noch sind die Straßenlaternen an.
Jetzt ist es 03:45 Uhr und die Fenster auf dem großen Balkon sind nicht mehr zu schützen. Die Halterungen brechen heraus und einige Fenster lösen sich und fallen laut krachend auf den Boden. oder fliegen einfach davon.
Ein lauter Knall. Was war das jetzt? Auf dem kleinen Balkon ist eine komplette Glasscheibe der Verkleidung abgefallen und nach innen auf den Boden geknallt. Doch wie durch ein Wunder blieb sie unversehrt. Die Straßenlaternen sind aus.
So etwas habe ich noch niemals vorher erlebt. Man kann nur noch hilflos dastehen und zuschauen was passiert. Ein Eingreifen wäre hier zu gefährlich. Mit Sicherheit würde man vom Balkon geweht werden. Auf der gegenüberliegenden Seite unseres Hauses sehen wir, dass die großen Balkontüren komplett mit Fenstern ins Innere der Wohnung gedrückt wurden. Unglaublich diese Kraft des Taifuns “Meranti“.
Das ganze Haus schwankt. Ich habe das Gefühl mich irgendwo festhalten zu müssen. Es ist so als wäre einem irgendwie schwindelig zumute. Das ist ähnlich wie auf einem Schiff. Möglicherweise auch vergleichbar mit ein wenig zu viel Alkoholkonsum :o)
Mittlerweile ist es 04:17 Uhr. Das Auge des Taifun “Meranti“ ist jetzt genau über uns. Es ist windstill und total ruhig draußen. So bleibt es eine Weile. Dann kommen noch ein paar Sturmböen, bis es sich allgemein wieder etwas beruhigt.
Wir schauen uns den Schaden genauer an. Einige Fenster auf dem Balkon sind zu Bruch gegangen. Der Rahmen der Fenster und die Schienen in denen sie laufen, sind ebenfalls defekt und teilweise abgerissen.
Dieser Taifun “Meranti“ hatte eine gewaltige Kraft. Hat man so etwas noch nicht selbst erlebt, ist es kaum nachzuvollziehen wie es ist, dort mittendrin zu sein. Sonst ist bei uns nicht viel passiert zum Glück. Gegen 05:11 Uhr gehen wir wieder schlafen. Das schlimmste ist nun hoffentlich vorbei. Unser Leitungswasser läuft nicht mehr. Strom haben wir noch.
Am nächsten Tag, Donnerstag, 15. September 2016, haben wir immer noch kein Wasser. Wir schauen uns an, was der Taifun in unserer Umgebung angerichtet hat.
Heute ist ein sehr verregneter Tag. Wir wollen nicht aus der Wohnung rausgehen. Außerdem haben wir jede Menge Schlaf nachzuholen, da die letzte Nacht etwas aufregend war.
Jetzt hat der Regen doch nachgelassen und wir beschließen, in der Nähe noch etwas essen zu gehen. Es ist bereits 20:33 Uhr, doch es sind schon wieder einige Menschen unterwegs. Wir essen gegrillten Tintenfisch :o)
Am Freitag, 16. September 2016, immer noch kein Wasser, g r r r r r r r, fahren wir mit dem Fahrrad in Richtung Strand. Habe mich mittlerweile notdürftig mit Trinkwasser gewaschen. Für die Toilettenspülung hat mein Mann mit dem Eimer Wasser aus dem See geholt :o)
Mal sehen, was “Meranti“ hier angerichtet hat.
Die Fahrt bis zum Strand dauert etwa 15 Minuten. Unterwegs sehen wir, wie schon fleißig aufgeräumt wird.
Das muss man den Chinesen ja lassen. Sie sind wie ein Ameisenhaufen. Wenn man den Bau der Ameisen zerstört, wird er mir nichts dir nichts wieder schnell aufgebaut. Das passiert hier ebenfalls.
Die rausgerissenen oder umgefallenen Bäume werden einfach wieder gerade hingestellt bzw. eingepflanzt. Kann man sie nicht mehr aufstellen, werden sie zerschnitten und zersägt und mit großen LKW’s wegtransportiert.
Es rückt die Armee an und arbeitet mit Kränen, Baggern, und Motorsägen um wieder Ordnung in die Stadt zu bringen.
Hier wird nicht lange geplant und gedacht, es wird einfach angefangen und gemacht. Das ist China :o)
Auch in unserem Park wird fleißig gearbeitet. Umgefallene Bäume werden wieder aufgestellt, herumliegende Äste und Blätter werden eingesammelt und auf einen Haufen gestapelt, der mit dem LKW abgeholt wird.
Wenn man sich den riesigen Haufen mit Ästen, Stämmen, Palmblättern und sonstigem Grünzeug, der am Parkeingang aufgehäuft wurde, anschaut, bekommt man den Eindruck, der halbe Park sei zum Abtransport herausgerissen worden.
Alle Aufräumarbeiten werden gemeinsam, meist per Handarbeit, verrichtet.
So, nun weiter zum Strand.
Der erste Eindruck ist etwas erschreckend. Bäume sind mit Umrandung von Pflastersteinen aus dem Boden gerissen und umgekippt. Den Palmen ist hier in Xiamen generell sehr wenig passiert. Sie sind fest im Boden verwurzelt und haben nur vereinzelt ein paar Palmwedel verloren.
Das mit den vielen rausgerissenen oder umgekippten Bäumen soll daher kommen, dass diese Bäume später gepflanzt wurden. Sie sind schon in einer ausgewachsenen Größe versetzt worden und konnten so nicht tief genug verwurzelt sein. Ein leichtes Spiel für den Taifun.
Ich hoffe, es werden wieder genug Bäume eingepflanzt.
Das Strandlokal, in dem ich vor kurzem noch mit Markus gesessen habe, ist zerstört. Es steht nur noch das Eisengestell etwas verbogen da. Die Planen liegen zerrissen herum. Die Tischplatten und Tische liegen am Boden. Es wird wohl einige Zeit dauern, bis es hier wieder so aussieht wie vorher.
Der Blick von der Strandpromenade in Richtung Strand und zum Meer ist nicht sehr hübsch. Alles sieht hier im Moment etwas traurig aus.
Wir fahren noch ein Stück am Strand entlang und müssen immer mal wieder vom Rad absteigen, um umgefallenen, rausgerissenen Bäumen auszuweichen. Teilweise unser Fahrrad sogar über Hindernisse drüber heben. Eigentlich reicht es uns, was wir bisher gesehen haben. Wir fahren zu unserer Wohnung.
Es ist bereits 15:00 Uhr. Unser Wasser läuft immer noch nicht. Das ist schon der zweite Tag ohne Wasser. Sehr unangenehm nach der Radtour. Doch nach einigen Minuten haben wir wieder Wasser. Jetzt aber schnell duschen. Eine richtige Wohltat.
Es ist sehr traurig das alles anzuschauen. Wir sind doch gerade erst hier eingetroffen und schon ist alles verwüstet aber ich bin sicher die Chinesen bringen das ganz schnell wieder in Ordnung :o)