Don Curry on Tour
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Don Curry und der Jain-Priester

Veröffentlicht: 10.02.2017

Don Curry gibt auf - fast wäre das der Titel des heutigen Berichts geworden. Erstmals auf seiner langen Reise zog er tatsächlich eine Kapitulation in Erwägung. Als er sein Ziel am Horizont auftauchen sah, dachte er nur eins: das schaffst du nie! Zumindest nicht gegen Ende eines langen Tages...

Der hatte mit spürbarer Kälte begonnen. Indische Hotels sparen grundsätzlich an der Isolierung, und warme Bettdecken halten sie meistens auch nicht vor. Wenn dann in über 2200 m Höhe die Temperatur nachts im Februar schon mal auf 7° C sinkt, dann hat eben der Gast das Problem. Don Curry konnte sich nicht entsinnen, wann er das letzte Mal vor Kälte aufgewacht war, hier in Ooty geschah es jedenfalls mitten in der Nacht. Eifrig wickelte er sich in die breite Bettdecke und ist wohl doch nicht den Tod durch Erfrieren gestorben - den Wecker um 6:30 Uhr hörte er jedenfalls.  Ins eisige Badezimmer zu stapfen stellte auch kein Vergnügen dar, aber die Dusche verfügte zumindest über heißes Wasser, wenn auch nur als dünner Strahl. Auf ein Frühstück im ungeheizten Restaurant verzichtete er lieber, auch angesichts der vor ihm liegenden langen Fahrtstrecke.

Zunächst galt es, von den Höhen der Nilgiris in das Tiefland von Mysore hinabzukommen: 36 Haarnadelkurven abwärts ermöglichten diesen Weg. Danach mussten zwei Nationalparks durchquert werden, der Mudumalai NP in Tamil Nadu und der direkt benachbarte Bandipur National Park in Karnataka. Zahllose Axishirsche säumten die Straße, doch weitere Wildtiere zeigten sich leider nicht. 

Begegnung am Straßenrand...


Das erste eigentliche Ziel des Tages stellte der Hoysala-Tempel von Somnathpur dar. Am nächsten Tag würde Don Curry zur Gänze eintauchen in die einzigartige Kultur der Hoysala-Dynastie. Hier in Somnathpur, am Rande ihres einstigen Machtbereichs, hatte sich einer ihrer Tempel komplett und unzerstört über die Zeiten retten können - Don Curry nahm dieses kleine, aber grandiose Bauwerk quasi als Appetithäppchen für die deutlich größeren Hoysala-Tempel in Belur und Halebid, denen er morgen seine Aufwartung machen würde. 

Der Hoysala-Tempel


Weiter ging es zur Flussinsel Shrirangapattana, ganz in der Nähe von Mysore. Die muslimischen Herrscher von Mysore, Haider Ali und Tipu Sultan, hatten diese Insel befestigt und zur neuen Hauptstadt erkoren, von der aus sie den Kampf gegen die Armeen der Briten führten - lange Zeit mit großem Erfolg. Als erstes Ziel diente dabei die Freitagsmoschee, die Tipu Sultan als Teil der Stadtbefestigung erbauen ließ; schnell hatte hier Don Curry wieder einmal einen älteren Herren an der Seite, der ihn in die im ersten Stockwerk gelegene Moschee hinein und zu weiteren sehenswerten Plätzen auf dem Gelände führte. Ganz in der Nähe markiert ein schlichter Gedenkstein den Ort, an dem Tipu Sultan bei der Verteidigung seiner Festung gegen die Briten im Kanonendonner sein Leben verlor.

Die Freitagsmoschee

Don Curry spürte inzwischen, dass ihm das Frühstück fehlte: sein Magen brachte sich knurrend in Erinnerung. In diversen Reiseführern wurde stets das Restaurant des Maruya River View Hotels auf der Insel gelobt - Don Curry wollte das nun überprüfen. Allein schon die Aussicht nahm ihn für das Restaurant ein: es war als schattige Veranda direkt über dem Ufer des Cauvery-Flusses erbaut und erlaubte herrliche Blicke auf das felsengesprenkelte Flussbett. Die kulinarischen Erzeugnisse konnten mit dieser herrlichen Kulisse durchaus mithalten, und dass Don Curry hier sogar ein Kingfisher Strong serviert bekam, ließ ihn endgültig selig werden. Am Ende reichte man ihm sogar noch ein kleines Dessert auf Kosten des Hauses - damit rutschte dieses Lokal in der Hitliste seiner Lunch-Restaurants aber ganz weit nach oben. Dermaßen gestärkt und zufrieden widmete sich Don Curry nun noch den eigentlichen Höhepunkten der Insel: das reich verzierte Gumbaz stellt das Mausoleum der Sultansfamilie dar. 

Das Gumbaz

Zahlreiche indische Muslime pilgern bis heute hierher, um Haider Ali, seine Frau, und vor allem Tipu Sultan zu verehren, dessen Grab mit einem Tigerfell bedeckt ist. 

Die Gräber im Gumbaz


Nicht weit entfernt steht der Daria Daulat Bagh, Tipus prächtiger Sommerpalast, der ganz aus Teakholz besteht und dessen Wände mit riesigen Wandgemälden historischer Szenen bedeckt sind. Um Fresken und Holz vor der indischen Sonne zu schützen, wird der Palast ständig mit grünen Plastikplanen verhängt, was ihn äußerlich recht hässlich wirken lässt. Das Innenleben, das leider nicht fotografiert werden darf, kündet dafür um so mehr von der Kunstsinnigkeit und Lebensfreude des berühmten Herrschers. Ein kleines Museum informiert zudem über Tipu Sultan, seine Familie und seine Geschichte.

Verbotenes Foto im Daria Daulat Bagh


Vieles hatte Don Curry heute schon gesehen, bewundert und genossen. Doch ein Ziel fehlte noch. Er sah es sofort, als sich Prince der kleinen Stadt Shravanabelagola näherte; denn dieses Ziel war buchstäblich herausragend. Von fern erblickte Don Curry einen mächtigen Hügel, und über diesem Hügel den Kopf und den Oberkörper einer mächtigen Statue: Bahubali, die mit fast 18 m Höhe gewaltigste monolithische Statue der Welt, die im Jahr 980 aus dem Felsgipfel des 960 m hohen Vindyagiri-Hügel herausgehauen wurde. Nachdem Prince am Fuß des Hügels geparkt hatte, war von der Statue nichts mehr zu sehen: nur die ersten paar hundert, direkt in den Fels geschlagenen Stufen, die auf den Hügel hinaufführten - rund 700 Stufen sollten es insgesamt sein. Eigentlich hatte sich Don Curry fest vorgenommen, dieses Heiligtum der Jain-Religion auf jeden Fall zu besuchen, doch angesichts der Stufenmassen, der üppigen Außentemperaturen und der schon sehr fortgeschrittenen Zeit - es war bereits fast 17:00 Uhr - war ihm klar: das schaffst du nie! Zumindest nicht mehr heute! Also gab er seinen Plan auf. 

Erster Blick auf Bahubali


Trotzdem wollte er zumindest ein paar Stufen auf diesen Berg hinaufgestiegen sein. Zunächst musste er allerdings seine Schuhe abgeben, da der gesamte Hügel als Heiligtum galt. Mit Erstaunen beobachtete er, dass die meisten Inder sich bei spezialisierten Händlern mit Socken versorgten, da die Felsstufen sich im Lauf des Tages kräftig aufzuheizen pflegten. Doch nach vier Wochen Indien galten Don Currys Fußsohlen als längst abgehärtet - im wortwörtlichen Sinne - außerdem wollte er ja nur ein paar Stufen versuchen.

700 Stufen...


So machte er sich barfuß auf den Weg. Schnell hatte er die ersten Inder überholt, aber bald machten auch ihm die völlig unregelmäßigen Stufen und die Anstrengung des steilen Anstiegs zu schaffen. Dafür sorgte allerdings der stetig grandioser werdende Ausblick für ausreichende Entschädigung. Von Bahubali konnte man von hier unten noch kein bisschen sehen, aber nach einiger Zeit kam der erste der insgesamt 4 Wegtempel in Sicht. Don Curry beschloss, es zumindest bis zu diesem ersten Ziel zu schaffen. Nach zwei Verschnaufpausen zwischendurch stand er endlich vor dem Wegtempel. Leider zeigte sich dieser komplett eingerüstet und konnte nicht betreten werden, doch der zweite Tempel war gar nicht mehr so weit entfernt. Tapfer stapfte Don Curry weiter, inzwischen durchaus hörbar keuchend. Vom zweiten Wegtempel aus eröffnete sich eine fantastische Sicht auf den zweiten bedeutenden Hügel Shravanabelagolas: den Chandragiri-Hügel mit seinen zahlreichen uralten Jain-Tempeln. In einer Höhle dort soll sich im 3. Jhdt. v. Chr. der berühmte erste Maurya-Kaiser Chandragupta Maurya nach seiner freiwilligen Abdankung zu Tode gefastet haben.

Blick auf Chandragiri


Neu motiviert durch das unglaubliche Panorama vor seinen Augen fühlte Don Curry sich bereit, auch noch den dritten Wegtempel anzugehen. Irgendwie hatte sich sein Körper schnell an die ihm abverlangte Leistung gewöhnt, und auch die Füße machten auf den heißen Steinstufen keinerlei Probleme. Als er dann vom dritten Tempel Richtung Gipfel blickte, sah er den Kopf Bahubalis in fast greifbarer Nähe. Zum vierten Wegtempel waren es nur noch wenige Stufen, und der lag bereits am Rand des Gipfelplateaus, wie Don Curry völlig überrascht feststellte. 

Bahubali


So stand er ihm plötzlich doch gegenüber, dem 18 m hohen, völlig nackten Bahubali, der einen wichtigen Propheten (Furtbereiter) der Jain-Religion darstellt. Umgeben ist die Figur von dunklen Wandelgängen in denen Don Curry deutlich kleinere Statuen weiterer Furtbereiter entdeckte. Direkt vor der Riesenfigur hatten sich ein paar Jains niedergelassen, um den Propheten mit melodiösen Gesängen zu verehren; außerdem stand ein weißgekleideter Jain-Priester bereit. Der winkte Don Curry zu sich und erklärte ihm einige Details zur Geschichte und Bedeutung der mächtigen Gestalt. Auf Nachfrage erzählte er auch, dass im kommenden Jahr wieder die - nur alle 12 Jahre stattfindende - große Reinigungszeremonie ansteht, in der die gesamte Statue über und über mit Kurkumaöl, Sandelholzpaste, Zuckerrohrsaft, Safran und anderen - meist kostbaren - Ingredienzien begossen wird. Am Ende des Gesprächs segnete der Priester Don Curry und gewährte ihm sogar ein Foto. 

Der Jain-Priester


Schnell stieg Don Curry die rund 700 Stufen wieder hinab, holte seine Schuhe ab, kaufte bei einem Händler für tibetisches Kunsthandwerk eine wohltönende Klangschale und überraschte den wartenden Prince mit der Nachricht, er sei nun doch oben gewesen. 

Blick herab vom Gipfel


Ob der ihm das wirklich glaubte, konnte Don Curry allerdings nicht erkennen, da Prince längst Richtung Hassan durchgestartet war, wo Don Curry ein Hotel für diese Nacht vorgebucht hatte. Abermals nutzte er den Zimmerservice, bestellte diesmal aber nur 2 Sandwiches und ein Bier. Er wusch noch schnell seine schmutzigen Füsse ab und fiel nach diesem langen und anstrengenden Tag recht bald in einen erholsamen Schlaf. Er hatte es tatsächlich geschafft...


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