Don Curry on Tour
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Don Curry trifft Jesus Christus

Veröffentlicht: 14.01.2017

Don Curry geht es schlecht. Er leidet so hingebungsvoll und leidenschaftlich, wie es nur ein Mann wirklich kann.

Dabei hatte der Tag richtig gut und überraschend scharf begonnen. Beim Gang zum Frühstück sah Don Curry zum ersten Mal "seine" Burg bei Tageslicht. Nun wurden zwar deutliche Alters- und Abnutzungserscheinungen sichtbar, doch dem besonderen Charme und Charakter der Anlage tat das keinen Abbruch. Das Frühstück war als Buffet vorgesehen, doch da - wie fast immer in indischen Hotelrestaurants - viel zu viele Kellner anwesend waren, kam stets einer vorbei und fragte, was man wünsche. Als Don Curry nach einem Omelette gefragt wurde, verweigerte er sich nicht; dass die Eierspeise allerdings kräftig mit grünen Chilis versetzt war, sorgte schon am frühen Morgen für Hitzestau in den Geschmacksknospen seiner Zunge. Mit etwas milchreichem Müsli kühlte Don Curry schnell nach und machte sich dann auf zur Rezeption. Die sollte ihm für 90 Minuten einen Guide engagieren.

Das Shekhawati ist eine Region Rajasthans, die einst an einem Zweig der Seidenstraße lag. Das ließ nicht nur die lokalen Fürsten, sondern auch mehrere Kaufmannsfamilien unermesslich reich werden. Während die Fürsten ihr Vermögen in ständigen Kriegen gegeneinander nach und nach verpulverten, vererbten die Kaufleute das Geld innerhalb ihrer stetig wachsenden Familien und vermehrten es durch eigene Geschäfte. Ab der Mitte des 19. Jhdts. wurde es für alle Familien der inzwischen weitverzweigten Händlerclans geradezu zum Statussymbol, gewaltige Hausanlagen mit mindestens drei Innenhöfen zu bauen, und diese innen und außen lückenlos mit bunten Fresken bemalen zu lassen. Diese besonderen Kaufmannshäuser werden Havelis genannt und gelten als der eigentliche Schatz des Shekhawati. Noch gibt es Tausende von ihnen, doch da seit der Errichtung Bausubstanz und Malerei fast nie restauriert wurden, gleicht ein großer Teil bereits Ruinen, und viele weitere stehen ebenfalls kurz vor dem Verfall. Erst kürzlich wurde die Region für den Tourismus entdeckt, und erst seitdem haben meist Privatleute begonnen, besonders schöne Havelis zu restaurieren.

Haveli in Mandawa


Der sympathische Mr. Singh stand schon bereit, Don Curry die besten Havelis seiner Heimatstadt Mandawa zu zeigen. Mit extrem schneller Sprechgeschwindigkeit ratterte er Zahlen, Daten, Fakten runter und ließ Don Curry dann in jedem Haveli ausreichend Zeit zum Fotografieren. Die gut erhaltenen Havelis sind übriges in der Regel bewohnt, doch bis in den ersten Innenhof lässt die Familie die interessierten Fremden in der Regel problemlos hinein.

Zum Abschluss wurde Don Curry noch zu einem Kumpel von Mr. Singh geschleppt, der für eine Frauenkooperative deren Arbeiten verkauft: bunte Textilien aller Art. Don Curry zeigte durchaus Interesse an einem Wandteppich, der in Patchwork-Technik geschaffen war. Die meisten Erzeugnisse hatten die Künstlerinnen allerdings mit Glitter, Strass, Metallplättchen, usw. übersät  - Blingbling, wie der Verkäufer treffend formulierte. "Italiener mögen Blingbling, Deutsche nicht", meinte Mr. Singh. Wohl wahr, stimmte Don Curry still zumindest dem zweiten Teil der Aussage zu. Doch schließlich hatte er einen Wandläufer ohne Blingbling ausgewählt, den Preis geschmeidig ausgehandelt und im Shop gegenüber bezahlt - die Kooperative akzeptiert keine Karten.

Das war der wunderbare Aufenthalt in Mandawa. Mr. Sanjay würde sich gern sofort bis Jaipur durchhupen, aber Don Curry hatte andere Pläne: zwei Stopps unterwegs im Shekhawati. Zunächst besuchte er in Dundlod die mittelalterliche Burg, die für rund 0,30 € Eintritt der Ticketverkäufer/Fremdenführer/Coffeeshopbetreiber persönlich und engagiert zeigte, aufgrund mangelnder Englischkenntnisse allerdings ziemlich informationsarm.

Infornationsreicher gestaltete sich dagegen der Aufenthalt in Nawalgarh, wo Don Curry ebenfalls die Reste der Festung als auch ein Haveli-Museum anschauen wollte, um die Möglichkeit zu bekommen, einen derartigen Bau in Gänze erkunden zu können. Mr. Sanjay hielt zunächst am Museum, das gut ausgeschildert ist. Nachdem Don Curry sich die ersten Räume bereits angeschaut hatte, stieß ein sehr eleganter junger Inder zu ihm, um sich als Guide anzudienen; er habe gehört, was der Tourist aus Deutschland besichtigen wollte. In Nawalgarh scheint der Flurfunk mit Lichtgeschwindigkeit zu funktionieren...

Haveli in Nawalgarh


Der Guide erwies sich als Geschichtsstudent mit großem Interesse an Kunst und Architektur, sprach außer Hindi und seinem Heimatdialekt perfekt Englisch und Französisch, und konnte in seinem Wissensschwall kaum gebremst werden. Mr. Singh in Mandawa war gut informiert gewesen, doch der Guide in Nawalgarh stellte ihn mühelos in den Schatten. Als aus den zwei Besichtigungswünschen Don Currys sich allmählich eine ausgedehnte Stadtbesichtigung zu entwickeln begann, musste Don Curry den Redefluss des jungen Inders leider abwürgen. Eines aber wollte der ihm noch zeigen: nur 10 Meter von Mr. Sanjays Auto entfernt prangt an einem Haveli mitten zwischen indischen Göttern und britischen Fahrradfahrern ein sehr bekanntes Bild: der segnende Jesus Christus in einer klassischen Darstellung des 19. Jhdts. Nun war Don Curry natürlich wissbegierig, wie Jesus ausgerechnet an ein Kaufmannshaus in einer rajasthanischen Kleinstadt kommt. Lächelnd erklärte der Guide, dass alle Außenbemalung der Havelis zur Unterhaltung und Belehrung der Bevölkerung gedacht war. In eine derart abgelegene Kleinstadt hatte sich nie ein Brite verirrt, aber ständig hörte auch das einfache Volk, wie diese Briten alles bestimmten. Das machte neugierig: Wie sahen diese Fremden aus? Wie lebten sie? An welchen Gott glaubten sie? Daher finden sich außen an sehr vielen Havelis exotische Darstellungen von Eisenbahnen, Dampfschiffen, Fahrrädern, rauchenden Frauen,... und insgesamt 3 mal Jesus Christus. Einmal sogar - leider 80 km entfernt - mit einer Zigarre im Mund: ein Künstler hat schließlich auch seine eigene Fantasie...

Wandfresko in Nawalgarh
Deckenfresko in Nawalgarh: Die Altstadt von Jaipur


Dankbar verabschiedete sich Don Curry von seinem spontanen Guide, und es ging zügig weiter Richtung Jaipur. Da inzwischen die Mittagszeit fast vorüber war, hielt Mr. Sanjay ein paar Dutzend Kilometer weiter an einer Art Straßenrestaurant jenseits jeder Ortschaft. Es trug den Namen "Midway" und hatte nur einen anderen Driver mit Kundschaft zu Gast. Auch wenn er eigentlich keinen Hunger hatte, bestellte Don Curry frittierte Gemüsebällchen (Pakoras) und einen frisch gepressten Orangensaft. Lustlos essend erlebte er kurze Zeit später die Ankunft einer großen chinesischen Reisegruppe und deren Toilettenkarawane: aus dem Bus und in den Bus.

Endlich ging es weiter, doch nach zwei weiteren Fahrstunden grummelte es plötzlich heftig in Don Currys Unterleib. Kurzzeitige schmerzhafte Krämpfe wurden durch das Gefühl bleiernen Unwohlseins abgelöst. Obwohl Mr. Sanjay noch den Besuch eines Tempels in Jaipur vorschlug, wollte Don Curry nur noch eins: ins Hotel, ins Zimmer. Als sich dort schließlich Schüttelfrost, kalte Schweißausbrüche gefolgt von Hitzewellen und am Ende heftige Kopfschmerzen einstellten, begann Don Curry zu leiden - aber richtig. Völlig erschöpft zitterte er sich in einen unruhigen Schlaf...



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