Don Curry on Tour
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Don Curry qualmen die Füße

Veröffentlicht: 01.02.2017

Don Curry ist keine Frau. Diese simple und eindeutig klare Aussage beinhaltet zugleich eine unübersichtliche Menge von Folgerungen. Zum Beispiel über Don Currys Verhältnis zu seinen Schuhen. Er mag sie bequem. Er mag sie unauffällig. Er mag sie praktisch. Und er trägt sie, bis sie auseinanderfallen. Dann ist er leider gezwungen, sich neue zu besorgen. Doch es gibt Situationen, in denen er dem Wert seiner Schuhe eine ganz neue Bedeutung abgewinnen kann.

Der heutige Tag begann für Don Curry wie der gestrige geendet hatte: mit einem Besuch des Meenakshi Tempels. Gegen 7:30 Uhr machte sich Don Curry auf den Weg, kämpfte sich durch die bereits ziemlich gefüllten Straßen und Gassen, bestaunte die frisch mit Kreide gemalten Mandalas vor den Hauseingängen von Hindus, und erreichte schnell das Westtor des Tempels.

Straßen-Mandala - jeden Morgen frisch


Als er die Schuhe abgeben wollte forderte die energische Schuhbewacherin: die Socken auch! Der Sicherheitsmann von gestern war immer noch oder schon wieder im Dienst; er erkannte Don Curry sofort, verlangte aber trotzdem einen neuen Eintrag in das "Foreign Tourist"-Buch, exakt drei Zeilen unter seinem gestrigen Eintrag. 

Dann war Don Curry endlich drin, barfuß und kameralos, aber noch mit seinem Smartphone ausgestattet. Brav wollte er bei der nächsten Möglichkeit die Gebühr für die überall ausgeschilderte Smartphonefotografiergebühr von 50 Rupien bezahlen, erfuhr aber, dass das Fotografien kostenlos sei. Allerdings müsse er als Nichtinder 50 Rupien Eintritt entrichten. Indien ist das Land der sich stetig verändernden Regenl; das einzige, was bleibt, ist, dass nichts bleibt, wie es ist.

Der Tempel wirkte am frühen Morgen deutlich lebendiger als in den gestrigen Abendstunden. Überall zeigte sich viel mehr Bewegung: große Tische wurden mitten durch den Tempel getragen, eine Pilgergruppe schritt laut singend dem Hauptschrein entgegen, eine kleine Prozession mit zwei Trommlern und einigen Priestern bahnte sich an anderer Stelle ihren Weg, und selbst der Tempelelefant bewegte sich auf dem Gelände und wurde zum beliebten Fotomotiv. Don Curry entdeckte ein paar neue Bereiche, nahm sich aber vor allem Zeit, die besondere Atmosphäre dieses Ortes aufzunehmen. 

Tempelelefant


Zurück im Hotel präsentierte sich das Frühstücksbuffet sehr übersichtlich. Ein paar Fruchtstücke und ein würziges frittiertes Teigteilchen mussten reichen; dazu wurde Don Curry eine winzige Tasse Milchkaffee serviert, kaum größer als eine Espressotasse. Wie vereinbart wartete um 10:00 Uhr bereits Prince, um Don Curry zu neuen Zielen zu bringen. Zuerst steuerte Prince den Blumenmarkt im Norden Madurais an. Deutlich rustikaler als sein Pendant in Mysore überließ sich Don Curry weitgehend der drängenden Menge, die ihn fast von selbst an allen Ständen vorbeischob. Anders als in Mysore herrschte hier auch ein enormer Geräuschpegel, weil sich Händler und Käufer grundsätzlich schreiend verständigten und natürlich die Nachbarhändler und Nachbarkäufer übertönen mussten. 

Blumenmarkt


Als Augen, Ohren und Nase mehr als gefüllt waren von den exotischen Eindrücken, ließ sich Don Curry zum nächsten Programmpunkt fahren: dem Gandhi Memorial Museum. Ausführlich zeichnet das Haus den Lebensweg des großen Inders nach, betont dabei besonders Gandhis Bezüge zu Südindien. Auch Teile seiner persönlichen Habseligkeiten waren ausgestellt, darunter der Dhoti (festlicher Lendenschurz), den er am Tag seiner Ermordung getragen hatte.

Gandhi Museum


Mitten im Verkehrsgetümmel Madurais erhebt sich die katholische St. Mary's Cathedral - eine mächtige weiß-blaue Kirche im neugotischen Stil und mit farbigen Glasfenstern. Leider erfüllte der umtosende Verkehrslärm auch das Innere der Kirche; wirklich zur Ruhe zu kommen fiel hier sicherlich schwer.

St. Mary's Cathedral


Als überraschender Höhepunkt der Madurai-Rundfahrt erwies sich der Besuch des Königspalastes, den im 17. Jhdt. die Nayak-Könige von Madurai erbauen ließen. Nur ein Viertel des ursprünglichen Gebäudes hatte den Lauf der Zeiten überstanden, doch dieser Rest zeugte immer noch von der einst überbordenden Pracht. Um einen Innenhof gruppieren sich extrem hohe offene Hallen mit fein ausgearbeitetem Figurenschmuck und exzellenten farbenfrohen Deckenfresken. Don Curry konnte sich lebhaft vorstellen, wie nett es gewesen sein muss, hier als Nayak-König herrschen zu dürfen. Leider war der Thron abgesperrt, ein Probesitzen nicht erlaubt.

Nayak - Palast


Dann wurde der gestern verworfene Tempel von Thirupparakundram nachgeholt. Die Kleinstadt liegt direkt vor den Toren Madurais an einem riesigen goldfarbenen Felsbuckel. In diesen Felsen hatten die Erbauer auch die ältesten Teile des Tempels hineingetrieben, während später mehrere Vorbauten dazukamen. Die Schuhabgabe befand sich diesmal auf der gegenüberliegenden Straßenseite, so dass Don Curry als erstes gezwungen war, barfuß den aufgeheizten Asphalt zu überqueren. 

Der Weg zum Tempel


Kaum betrat er den Tempel, wies ihn ein alter Mann auf eine Ganesha-Statue im Eingangsbereich, die Don Curry allerdings auch ohne Hilfe gesehen hätte. Der Alte meinte weiterhin, dem hilflosen Nichtinder den Weg weisen zu müssen und ab und zu einen Götternamen aufzusagen. Überraschend wurde es für Don Curry erst, als der Alte ihn unversehens an das Ende einer langen Schlange bugsierte und mit vollem Körpereinsatz dafür sorgte, dass Don Curry und er selbst in dieser Schlange gut vorankamen. Die Nachfolgenden dachten allerdings ähnlich und drängelten ebenso rücksichtslos. Bald fühlte sich Don Curry wie eine schwitzende Sardine inmitten vieler anderer heißer, schwitzender Sardinen. Allmählich wurde ihm klar, dass er sich auf das Allerheiligste des Tempels zubewegte, bzw. zugeschoben wurde. Ein Hindupriester wollte ihn noch kurz vor Erreichen des Ziels aussortieren, wurde aber grob von dem Alten zurechtgewiesen. Plötzlich setzte karnatische Tempelmusik ein: eine tiefe Glocke schlug regelmäßig, begleitet von mächtigen Trommeln und den schrillen Klang der Tempeltrompeten. Zusammen mit der immer dunkler und höhlenartiger werdenden Umgebung versetzte diese archaische Musik Don Curry in eine längst vergangene Zeit zurück. Fast tranceartig schob man schwitzend Don Curry durch das Allerheiligste eines Hindutempels, trat ihm mehrfach auf die Füße, und presste sich unsanft immer wieder an seine hintere Hälfte, bis der Alte einfach eine Absperrung öffnete und ihn auf einem kurzen Weg aus der Schlange befreite. Es folgten noch einige hingemurmelte Götternamen, dann zahlte Don Curry schnell 100 Rupien, um den Alten loszuwerden und endlich in Ruhe Fotos machen zu können. 

Opfergaben auf dem Tempelboden


Dieser altertümliche Tempel bot so viele herrliche Motive, dass Don Curry gar nicht merkte, wie es spürbar leerer wurde. Er wusste, um 12:45 Uhr würde der Tempel schließen, es war bereits 12:50 Uhr. Selbst die Devotionalienhändler hatten ihre Läden bereits geschlossen und auch die massive Eingangstür war verriegelt. Allerdings gab es in ihr in rund 1 m Höhe eine kleine Fensteröffnung, die gerade noch von einigen späten Pilgern als Ausgang genutzt wurde, allerdings mit einigen notwendigen sportlichen Verrenkungen. Auch Don Curry zwängte sich schnell durch dieses "Nadelöhr" und genoss frohgemut die frische Luft vor dem Tempel. Eilig überwand er den heißen Asphalt und freute sich, sein Schuhwerk wieder nutzen zu dürfen.

Der einzige Ausweg...


Prince hatte für Madurai einen Restaurantvorschlag parat, den Don Curry gern annahm. Er bestellte (grenzwertig scharfen) gebratenden Szechuan-Reis mit Prawns, dazu 1 l Wasser, 1 frische Zitronensoda und später noch einen frischen Granatapfelsaft. Innerhalb von 45 Minuten war alles vertilgt, Don Curry bezahlte 4,80 € und ließ sich zufrieden zum nächsten Ziel kutschieren. In einem Reiseführer hatte er Hinweise auf zwei sehenswerte Tempel nördlich von Madurai gefunden, die anscheinend so selten besucht wurden, dass selbst Prince sie nicht kannte. Der erste trägt den Namen Alagar Kovil und wird sogar gut ausgeschildert. Viele Affen bevölkern das Gelände um den Tempel herum. Nachdem Don Curry seine Schuhe deponiert hatte, konnte er deutlich erspüren, wie sehr die Sonne die Steine im Tempelhof den ganzen Tag erhitzt hatten. Intuitiv suchten seine Füße schattige Steine, die nicht ganz so kochend heiß waren. Freundlicherweise hatte man den Hauptweg zum Tempel mit einem Streifen Kunstfilz ausgelegt, der zwar kräftig an den zarten europäischen Fußsohlen kratzte, aber zumindest keine Brandblasen hervorrief. Als Don Curry den farbenprächtigen Tempelturm fotografierte, bemerkte er, wie sich jemand neben ihn stellte. Konsequent fotografierte er weiter, in der Hoffnung, auf diese subtile Weise etwaige Zwangs-Führer loszuwerden; aber subtil zählte hier nicht viel. Ein noch älterer Mann als in Thirupparakundram sprach ihn in noch schlechterem Englisch an: "My name is Vishnu." Dabei zeigt er ein nahezu zahnloses Lächeln. Don Curry wunderte sich zunächst, dass dieser Mann einfach so den Namen eines der höchsten hinduistischen Götter tragen konnte, bis er feststellte, dass der Ältere grundsätzlich jeden Satz mit den Worten eröffnete: "My name is..." Denn plötzlich hieß er Ganesha, Krishna, Rama und sogar Parvati. Konsequent schob der Ältere bei seinen vielen Namensnennungen Don Curry ins Allerheiligste des Tempels. Eigentlich wollte Don Curry nicht schon wieder einer fremden und kaum verständlichen Religion auf den Pelz rücken, aber "My name is ... mir doch egal" ignorierte völlig, was Don Curry wichtig war oder nicht, er führte schließlich diesen unbeholfenen Fremden. Am Ende gelang dem Älteren tatsächlich ein Satz ohne seine übliche Eröffnung. Diese epochale Aussage lautete "200 Rupies". Don Curry reichte ihm die Hälfte und ersparte sich damit ein zahnloses dankbares Lächeln. Inzwischen hatten sich die Tempelsteine noch mehr aufgeheizt. Als Don Curry abends seine erstaunlich schwarzen Fußsohlen betrachtete, war ihm nicht klar, ob sie nur verschmutzt oder tatsächlich verkohlt waren. Er würde sich in jedem Fall um eine solide Hornhaut bemühen müssen. Und er beschloss mit Rücksicht auf sein Fußwerk, den noch abgelegeneren Tempel nicht mehr zu besuchen.

Prächtige Säulenhalle


Nach diesen Abstechern in die Umgebung Madurais sollte eine Rückkehr in das Herz der Stadt das Tagesprogramm abschließen: noch einmal der Meenakshi-Tempel - allerdings am Nachmittag. Diesmal wählte Don Curry den Eingang am Ostturm, um nicht schon wieder "seinem" Sicherheitsmann in die Hände zu fallen: Im Osten kannte ihn niemand. Schwerpunkt seines Besuchs bildete diesmal die 1000-Säulen-Halle, die als Museum für religiöse Kunst extra Eintritts- und Fotografiergebühr erforderte. Don Curry nutze die Gelegenheit zu problemlosen Blicken auf antike Götterstatuen. So konnte er abermals diesen Tempel mit neuen Eindrücken verlassen. 

Detail eines Tempelturms


Prince bat ihn noch, einen besonderen Shop zu besuchen, bei denen die Driver Provision für jeden angelieferten Kunden bekommen. Zunächst wurde Don Curry aufs Dach des Geschäftes gebeten, da von der Aussichtsterrasse fantastische Blicke über die Tempeldächer möglich seien. Allerdings hatte die Polizei die Terrasse kürzlich gesperrt, der Besitzer hatte selbstverständlich keine Ahnung, aus welchem Grund. Don Curry könne aber trotzdem hinauf klettern, wenn er wolle. Dazu stand eine abenteuerliche Konstruktion aus Barhocker auf der einen, und einem normalen Hocker auf der anderen Seite des gesperrten Treppengeländers zur Verfügung. Während der Besitzer krampfhaft den Barhocker stabilisierte, kletterte Don Curry mühsam über das Treppengeländer und genoss tatsächlich wunderbare Ausblicke. Anschließend begann der lange Gang durch jede Abteilung des mehrstöckigen Shops. Bei Preisen von 100.000 Rupien für riesige Skulpturen fiel es Don Curry nicht schwer, auf jeden Kauf zu verzichten. Allerdings bekam Prince auch keine Provision.

Ausblick auf den Meenakshi-Tempel


Beim Dinner im Dachrestaurant Surya wurde Don Curry vom selben Kellner zum selben Tisch geleitet und bestelle die gleichen Getränke. Ein gefülltes Masala-Dosa und ein feuriges Cashew-Curry mit Kreuzkümmelreis sorgten für einen wunderbaren Tagesabschluss. Don Curry hatte den Wert seiner Schuhe neu schätzen gelernt, aber auch gemerkt, dass man sich ans Barfußlaufen durchaus gewöhnen kann - schwarze Fußsohlen sieht schließlich niemand...










 

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#indien#madurai#alagar kovil#thirupparakundram