Don Curry on Tour 3
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Tag 18 - Don Curry stolpert auf ein Boot

Veröffentlicht: 20.10.2021

Don Curry plant minutiös. Er weiß nicht nur, was er sehen will; er hat auch fest im Blick, in welcher Reihenfolge er Ziele ansteuern muss, damit der Sonnenstand stimmt oder etwaige Besichtigungspausen berücksichtigt werden. Entweder hat er das bereits in das Programm eingearbeitet oder er liest sich die nötigen Informationen am jeweiligen Vorabend an. Am gestrigen Abend ging die Vorplanung irgendwie unter. Er kam zu spät aus dem Hatay zurück, das Club Sandwich sorgte für eine behagliche Sattheit, er schlief einfach ein...

Zumindest beschloss er gestern noch, den heutigen Tag möglichst früh zu beginnen, da die Fahrtstrecke wieder einmal herausfordernd sein würde. So stattete er dem Service-Buffet im Hilton nur einen kurzen Besuch ab und konzentrierte sich dabei auf ein absolut untürkisches Frühstück aus Croissant, Schoko-Muffin und ein paar Obststücken. Gegen 9:00 Uhr checkte er aus und fuhr auch heute weiter Richtung Osten.

Als erstes Tagesziel diente ihm das Freilichtmuseum Yesemek, das auf einem großen Gelände zahlreiche hethitische Steinstatuen zeigte, die mehrheitlich unfertig geblieben waren. Archäologen sind sich nicht einig, ob es sich hierbei um ein hethitisches Ausbildungszentrum für künftige Steinmetze handelte oder eine Art Fabrik für Statuen "vom Band", die dann im ganzen Reich verkauft und verwendet wurden. In jedem Fall ist es eigenartig, dass es bei den Hunderten Statuen nur wenige unterschiedliche Modelle gibt; vor allem Löwen tauchen zu Dutzenden in immer gleicher Form auf. Don Curry kam als einziger Besucher in das abgelegene Dorf Yesemek und wurde sehr herzlich vom Museumsdirektor begrüsst, der gerade am Holzhacken war. Mit wenigen englischen Begriffen lud er Don Curry zum Besichtigen und Fotografieren des weitläufigen Gebietes ein. Als er zum Schluss seinem Besucher noch einen Kaffee anbieten wollte, verzichtete Don Curry dankend. Heute war die Zeit besonders knapp. 

Sein nächstes Ziel lag in der Millionenstadt Gaziantep. Dort hatte man 2011 ein Museum errichtet, dass vor allem die kostbaren Mosaiken der antiken Stadt Zeugma aufnehmen sollte, die durch einen der neuen Stauseen im Osten Anatoliens buchstäblich vom Untergang bedroht waren. In beeindruckender Architektur fällt das Museum direkt an der zentralen Durchgangsstraße sofort ins Auge, nur an Parkplätze hatte man bei der Planung nicht wirklich gedacht oder mit so wenigen Besuchern gerechnet, dass die 10 Plätze zwischen Durchgangsstraße und Museum ausreichen müssten. Don Curry parkte wild in einer Nebenstraße. Nicht nur äußerlich wusste das Museum zu gefallen, auch das Innere beeindruckte Don Curry mit einer schon mehrfach bei seiner Reise erlebten spektakulären und zugleich hilfreichen Gestaltung. Außer den teils mehrere Quadratmeter großen Fußbodenmosaiken hatte man andere Teile der Häuserarchitektur zumindest angedeutet oder rekonstruiert, so dass zumindest ein wenig von dem ursprünglichen "Zweck" der Kunstwerke spürbar wurde. Über besonders prächtige Mosaiken konnte man auf gläsernen Brücken hinüberschreiten. Auch vom 1. Stock bot sich mehrfach die Möglichkeit, von oben auf die Mosaiken des Erdgeschosses hinabzublicken. Weitere Mosaiken warteten auf den 3 Etagen des Nebengebäudes; kein Wunder, dass dieses Museum als das weltgrößte für Mosaiken gilt. Don Curry verbrachte in all dieser Pracht und Schönheit viel zu viel Zeit.

So strich er den eigentlich vorgesehenen Abstecher zu den Ruinen von Zeugma vom Tagesprogramm. Viel ist dort soewieso nicht mehr zu sehen, seit die berühmten Mosaiken ins Museum gewandert sind. Halfeti sollte daher sein nächstes Ziel sein, und zwar Alt-Halfeti, denn auch dieser Stadt wurde zu einem größeren Teil Opfer des neuen Stausees; nur wenige Häuser lagen hoch genug, um heute nun am Seeufer zu stehen. Die eigentliche Stadt mit tausenden Bewohnern wurde 10 km vom See entfernt neu gebaut. Doch diese gesichtslose Neu-Stadt interessierte Don Curry nicht, Alt-Halfeti genau genommen auch nicht wirklich, er wollte dort nur eine Bootsfahrt auf dem Stausee buchen zu zwei ganz besonderen Zielen.

Gegen 15:00 Uhr stand er nun am Ufer des Sees und merkte plötzlich, dass er gar nicht wusste, wie und wo er eine Bootsfahrt buchen konnte. Irgendwelche Tourbüros oder aufdringliche Ticketverkäufer gab es hier nirgends. Was tun? Plötzlich sah er, dass einige türkische Familien schnell zu einem unscheinbaren Schalter bei der Hafenverwaltung eilten. Don Curry stellte sich einfach in der Schlange an. Sämtliche Informationen am Schalter gab es nur in türkischer Sprache, und alle wirkten eher wie behördliche Verlautbarungen. Als Don Curry an der Reihe war, zahlte er umgerechnet 2,50 € für ein Ticket, das außer dem Preis keine Angaben enthielt. Hatte er gerade eine Fährkarte zum gegenüberliegenden Ufer gebucht? Egal, die Familien vor ihm liefen zu einem kleinen zweistöckigen Boot und Don Curry folgte einfach, bestieg das Boot und suchte sich einen sonnigen Platz auf dem Oberdeck. Zwei Minuten später sprang der Motor an und das Boot setzte sich in Bewegung. Wohin würde es fahren? Wie lange dauert diese Passage? Ist es eine einfache Strecke oder eine Rundfahrt? Eine Menge Fragen stiegen in Don Curry auf, die er eigentlich hätte vorher klären müssen. Doch dazu blieb keine Zeit und nun war es zu spät. Er saß auf einem Boot und ließ sich von Alt-Halfeti wegbringen... Das Boot steuerte nicht das andere Ufer an, es fuhr weiter in die Felsschlucht hinein, in der sich der riesige Stausee ausbreitete. Und dann sah Don Curry das erste der erhofften Ziele, die ehemalige Byzantiner-Festung Rumkale (= Römerburg), die früher hoch auf einem Felsensporn gelegen hatte und nun z. T. fast am Seeufer positioniert war. Als kurze Zeit später auch das zweite Ziel ins Blickfeld geriet, das halbversunkene Minarett, wandelten sich Don Currys Fragen und Sorgen endgültig in Freude und Zufriedenheit. Ohne Zeit zu verlieren war er instinktiv auf dem richtigen Boot gelandet, das allerdings insgesamt 90 Minuten für die angenehme und von lauter türkischer Volksmusik untermalter Rundfahrt brauchte. Sein Hotel lag noch 3 Fahrstunden entfernt - mitten in den Bergen; und er würde es nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit erreichen können.

Don Curry sauste los. Zumindest die ersten zwei Stunden der Fahrt kam er bei Helligkeit und Dämmerung gut voran. Die eigentlich schwierige Gebirgsstrecke begann allerdings erst, als es längst stockdunkel geworden war. Serpentinenstrecken in Anatolien sind selbst am Tag keine besondere Freude, da die Fahrbahnbegrenzungen nur spärlich angebracht sind. Don Curry hatte zumindest jetzt den Vorteil, dass er nicht sehen konnte, wie tief die Abgründe neben der Straße gähnten. Als er die Baumgrenze hinter sich gelassen hatte, bekam er einen unerwarteten Verbündeten: ein prächtiger Vollmond schenkte zumindest etwas Licht in der Finsternis. Und da er mit dem Fahren recht gut zurechtkam, fuhr er kurzentschlossen an seinem Hotel vorbei, um womöglich heute noch den Gipfel des Nemrut-Berges zu stürmen, 10 km von seinem Hotel entfernt - 10 Serpentinenkilometer. Kurz vor dem Ziel zerstob eine geschlossene Schranke seine Gipfelträume. Später erfuhr er, dass der Zugang zum Gipfel eine Stunde vor Sonnenaufgang eröffnet wird und dementsprechend eine Stunde nach Sonnenuntergang geschlossen wird. Don Curry kam zu spät!

Leicht enttäuscht fuhr er die 10 km zu seinem Hotel bergab, freute sich über ein vorgeheiztes (!) Zimmer und begab sich schnell zum Abendessen. Eine Auswahl gab es hier nicht. Das im Übernachtungspreis beinhaltete Dinner wird als festes Menü serviert: Suppe, Salat und (heute) Hühnchen mit Reis. Das Hühnchen präsentierte sich eher als orientalisch gewürztes Hühnchen-Gemüse-Curry und war auf dieser Reise das erste Gericht, das über eine wohltuende Schärfe verfügte. Don Curry spülte sie mit einem Efes weg.

Und er schaute sich das Programm für morgen noch einmal genau an. Einmal irgendwo hineinstolpern mag ja gut gehen, aber...

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