Don Curry on Tour 3
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Don Curry sucht Kirchen

Veröffentlicht: 17.10.2021

Don Curry mag keine Einseitigkeiten. Es ist ihm suspekt, wenn aus einer Variation von Möglichkeiten ausschließlich eine betont und gefördert wird, alle anderen aber nicht. Er meint, eine Kultur wird einfältig, wenn sie die Vielfalt des Formenreichtums nicht zulassen kann. In seinem Reiseland begegnete er bisher fast ausschließlich Moscheen, eine Synagoge fand er einzig als antike Ruine auf einem Ausgrabungsgelände. Und die wenigen Kirchen, die er entdecken konnte, zeugten entweder als Ruinen oder als Museen von einer längst überholten Vergangenheit.  Sollte das wirklich alles sein: lebendige Moscheen, aber sonst nichts anderes? Dieser Frage wollte er heute nachgehen.

Aber nicht in Konya, das selbst für Muslime als besonders konservative Stadt gilt. Die Stadt gab sich auch heute keine Mühe, Don Curry noch irgendwie freundlich zustimmen. Es regnete, als Don Curry erwachte, und es sollte bei einem völlig grauen Himmel mit gelegentlichen Schauern bleiben, bis er die Stadt hinter sich gelassen hatte. Das Hich Hotel dagegen strengte sich noch einmal richtig an, Don Curry für sich einzunehmen. Als er gegen 9:00 Uhr nach dem Frühstück fragte, bot man ihm einen überdachten Platz im Garten an. Hier gab es also kein Buffet, war Don Curry gleich klar. Würde es eine Frühstücks-Karte geben oder sollte er gleich Wünsche äußern? Nein, weder noch, das Frühstück kam einfach überwältigend über ihn. Im Kayalar Terrace Hotel hatte er über die allerliebst angerichteten 12 Schüsselchen gestaunt; das Personal des Hich Hotels brachte ihm ein großes Tablett mit 15 deutlich größeren Schüsseln, dazu noch 5 weitere, die auf dem Tablett keinen Platz mehr gefunden haben. Manche der angebotenen Köstlichkeiten waren für Don Curry ganz neu: so gab es einen frisch gebackenen süß-knusprigen Fladen, es gab ein Stück Bienenwabe mit dem Honig darin, es gab eine Kumpir, also eine würzige, überbackene Ofen-Kartoffel, und vieles mehr. Als ihm auch noch ein knallgrüner Kräuter-Gemüse-Smoothie kredenzt wurde, meinte die Kellnerin aufmunternd "Detox". Tatsächlich war dieses Getränk nur unter dem Gesundheitsaspekt akzeptabel. Alles andere hob Don Currys Zufriedenheit erheblich an, auch wenn er nur ein Bruchteil des Dargebotenen zu sich nehmen konnte.

Aufatmend entfleuchte er Konya. Insignia kannte heute nur eine Richtung: gen Süden, der Sonne entgegen. Nach ca. 40 km steuerte Don Curry bereits das erste Zwischenziel des Tages an: Çatalhöyük, ein relativ neues UNESCO-Welterbe. Hier war es türkischen Archäologen gelungen, eine Siedlung der Jungsteinzeit auszugraben, die nicht von späteren Siedlungsschichten beeinträchtigt wurde. Im kleinen Besucherzentrum und in den vier nachgebauten neolithischen Häusern erfuhr Don Curry, dass sämtliche Häuser keine Türen hatten, sondern nur über das Dach und Leitern in den Räumen betreten werden konnten. Als eigentümlich empfand er den Brauch, die Toten direkt in den Häusern zu begraben; sie konnten also weiterhin zuhause bleiben. Zudem staunte er, wieviel künstlerisches Potenzial und wieviel Kunstfertigkeit bereits existierten. Ganze Jagdszenen malten die anonymen Künstler*innen an die Wände der Wohnungen. Unter einer gewaltigen Hallenkonstruktion befanden sich die eigentlichen Ausgrabungen. Wand an Wand standen die Häuser und bildeten doch eigenständige Wohneinheiten. Don Curry bewunderte wieder einmal, wie plastisch und nachvollziehbar hier in Anatolien selbst unscheinbare und doch unvergleichliche Funde aufbereitet wurden. 

Eine Kirche fand Don Curry in dieser 8000 Jahre alten Siedlung allerdings nicht. Dafür aber beim nächsten Ziel. Don Curry fuhr heute abseits der großen Verbindungstrassen und erreichte damit wieder einmal Gebiete, die selbst Türken für extrem abgelegen halten. Der Zustand der Straße nahm in Einklang mit der Besiedlungsdichte stetig ab, dafür stieg der Attraktivitätsstatus der Landschaft um so mehr. Das Dorf Madenşehri mit knapp 300 Einwohner steht heute an Stelle der byzantinischen Stadt Barata, die einst sogar über einen Bischofssitz verfügte. Aufgrund der zahlreichen Ruinen von Klöstern und Kirchen in und um Madensehri erhielt die Region den schönen türkischen Begriff "Binbirkilise" zu deutsch "1001 Kirchen". Diese märchenhafte Zahl hatte natürlich nie existiert, aber eine genaue Anzahl kann niemand mehr nennen, weil das Baumaterial der alten Ruinen schon lange als kostenlose Quelle für Neubauten im Dorf genutzt wurde. Don Curry bestaunte die mächtige Ruine einer alten Basilika, evtl. der Bischofskirche von Barata; etwas weiter entfernt war ein gut erhaltenes Mausoleum ausgeschildert. Doch auch darüber hinaus ragten in der Umgebung immer wieder Reste einstiger Kirchen- und Klosterbauten auf, die fast vollständig dem Arabersturm im 7. Jhdt. zum Opfer fielen.

Noch ältere Bauten bot das nächste Ziel. Hoch in den Bergen Isauriens konnte Don Curry nach zahlreichen Serpentinen einen mächtigen Klosterkomplex aus dem späten 5. Jhdt. erreichen, dessen eigentlichen Namen heute niemand mehr kennt. Inzwischen wird es als Kloster Alahan bezeichnet. Vor allem 2 große Kirchen sind von dem Kloster geblieben, der Hauptkirche fehlt eigentlich nur das Dach. Filigran gemeißelte Kapitelle zeugen noch heute von der einstigen Meisterschaft kirchlicher Kunsthandwerker. Dieses uralte Kloster in atemberaubender Landschaft bildete für Don Curry sicherlich den Höhepunkt des heutigen Tages - nicht nur in fahrtechnischer Hinsicht.

Einen kurzen Gedenkstopp wollte Don Curry eigentlich an dem Ort einlegen, an dem einst Kaiser Friedrich Barbarossa während eines Kreuzzugs beim Baden verstorben ist. Doch selbiger Ort ist zurzeit Teil einer gewaltigen Straßenbaustelle, so dass er nur für Baufahrzeuge erreichbar ist, nicht für Don Curry.

Zugänglich war dagegen die Kirche der Hl. Thekla in Silifke, die auf eine Schülerin des Hl. Paulus zurückgeht. Geblieben sind allerdings nur ein hoch aufragender Teil der Apsis der einstigen Basilika und eine gut erhaltene, säulenbestandene Zisterne, die gern als Untergrundkirche der Thekla bezeichnet wird und tatsächlich wie ein Sakralbauwerk wirkt.

Das Adamkayalar ("Felsenmänner") genannte Kunstwerk führt zurück in die Römerzeit und zeigt mehrere großformatige römische Grabdenkmäler in einer steilen Felswand. Don Curry konnte zwar mit dem Auto bis zum Rand der Felswand vordringen, doch als der dort beginnende Kletterpfad immer steiler und gefährlicher bergab führte, kehrte er angesichts der beginnenden Dämmerung lieber zurück. Vielleicht ein Nachholfall für den kommenden Tag? Zumindest bot sich hier in den Bergen ein prachtvoller Blick auf die Küstenstadt Kizkalesi mit der malerischen Inselburg im Meer.

Im dortigen Rain Hotel erwartete ihn ein kleiner schlichter Raum, der dennoch alles bot, was Don Curry für eine Nacht benötigen würde. Der junge Mann an der Rezeption begleitete ihn sogar noch zum 100 m entfernten hoteleigenen Restaurant direkt an der Strandpromenade. Dort bestellte sich Don Curry als Vorspeisen Baba Ganoush, eine würzige Paste aus gegrillten Auberginen und Paprika und etwas ganz Einzigartiges: Sea Peas, eine gebratene Wasserpflanze mit Joghurt - beides in reichlichen Portionen und mit einer frisch gebackenen Pide ergänzt. Den Hauptgang bildete eine Dorade aus dem Ofen auf einem Bett von Tomaten, Zwiebeln und reichlich Knoblauch, begleitet von einem Tomaten-Rukola-Salat und einem Bomonti-Bier. Alles war derart köstlich, dass es Don Curry sehr bedauerte, keinen weiteren Tag an diesem auch kulinarisch schönen Ort bleiben zu können. Zusammen mit einem doppelten Raki belief sich die Rechnung auf gut 20 € und kostete damit mehr als die Übernachtung mit Frühstück.

Während des Genießens dachte Don Curry nochmals über sein Tagesziel nach. Tatsächlich hatte er heute viele Kirchen gefunden, aber alle seit Jahrhunderten ruiniert. Trotzdem spürte er in diesen uralten Bauwerken eine Kraft, einen Kunstsinn, der auch in heutiger Zeit bereichern könnte. Denn Vielfalt prosperiert mehr als Einfalt, meint zumindest Don Curry.

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