Donnerstag, 2. Mai: Von Null auf 120
Am Morgen hat es in Salamanca vier Grad, und im Laufe des Tages steigt das Thermometer nicht über 10 Grad. Hinzu kommt ein kühler Wind, der leicht von vorne kommt und die kurzen, knackigen Anstiege noch schwerer macht. Eine Idee war, den EV 1 in Schottland und
Irland zu beginnen - da wäre es bestimmt nicht kälter. Nach Salamanca kommen wir im Laufe unserer Tour in rund drei Wochen erneut, dann von Süden her, und wir gehen davon aus, dass die Stadt uns mit Sonne und Wärme erwartet.Heute erwartet uns gleich eine große Herausforderung, 120 km und 1200 hm. Von Null auf 120, denn die letzten zwei Wochen sind wir wegen des schlechten Wetters und der Anreise mit Zug und Fähre nicht auf dem Rad gesessen. Warum gleich eine solch lange Distanz? In der menschenleeren Gegend mit wenigen kleinen Dörfern gibt es kaum Übernachtungsmöglichkeiten, und falls doch, gibt es kein Restaurant. Freixo, auf der portugiesischen Seite, bietet dies alles, liegt eben 120 km von Salamanca entfernt. Hinzu kommt, dass wir am Freitag den ersten Zug von Pocinho nach Porto um 13.08 Uhr erreichen wollen. Wir verlassen Salamanca mit einem genussvollen Blick auf die beeindruckende Kathedrale und folgen der Provinzstraße CL-517 für die nächsten 75 km. Es gibt einen gut befahrbaren Seitenstreifen und wenig Verkehr. Die Kälte und die vielen kurzen, knackigen Anstieg machen die Fahrt anstrengend. Bei der ersten Kaffeepause nach 40 km habe ich das Gefühl, dies nicht so lange durchzuhalten. Die Beine und der Po melden sich bereits, doch zeigen sie sich im weiteren Verlauf als erstaunlich belastbar. Nach 70 km die nächste Pause im einzig größeren Ort, Vitigudino. Die Bar am Platz ist gut gefüllt, alle essen Tapas, trinken Wein und Bier. Wir gesellen uns dazu, verzichten aber um diese Zeit noch auf Alkohol. Wenige km außerhalb wechseln wir auf eine kleine Landstraße und werden wenig später nass. Das hätte es heute nicht noch gebraucht. Die nächste Stunde fahren wir im Regen und sind froh, dass wir in einer Bar, Hostal Valverde, eine Pause machen können bis der Regen nachlässt. Bevor sich endlich der Douro bei Sonne in seiner ganzen Pracht zeigt, müssen wir noch einen Anstieg bewältigen. Dann geht es ins Tal des Douro und beim Staudamm hinüber nach Portugal. Dort erwartet uns mit müden Beinen noch ein kleiner Pass mit knackigen 350 hm. Oben angekommen sehen wir schon Freixo und unser Hotel. Wir haben es tatsächlich geschafft!
Weinempfehlung heute: Quinta dos Castelares Douro
Freitag, 3. Mai: Freixo - Portinho (Rad) - Porto (Zug)
Wir machen uns früh auf den Weg, damit wir den Zug der Linha do Douro um 13 Uhr erreichen. Es sind zwar nur 42 km aber über 700 Höhenmeter. Nach einer ersten Abfahrt erwartet uns ein „Albaufstieg“ mit 350 Höhenmetern. Wir spüren die Beine nach der gestrigen Anstrengung - Dominique deutlich weniger, denn schon bald sehe ich sie nur noch von weit hinten. Ihr Wintertraining mit Zwift zahlt sich aus. Wir sind in einer sehr einsamen Gegend, hin und wieder ein Auto oder ein Gehöft. Es gibt viele terrassierte Weinberge und viele Olivenbäume und viele schöne Wildblumen. Vor allem der gelbe Ginster in Mitten der wilden violetten Lavendel ist wunderschön! Nach knapp 20 km endet die asphaltierte Straße in einem kleinen Ort. Ohne Navi würde man den weiteren Weg nicht finden. Über einen schlecht befahrbaren Feldweg durch Weinberge kommen wir an eine kleine Staumauer, über die wir zu einem asphaltierten Weg gelangen. Bei Steigungen bis 15 % nochmals kräftig in die Pedale getreten, dann sind wir wieder in einem Dorf. Und dort das Hinweisschild ‚Pocinho‘ - unser Zielort mit dem Bahnhof. Es ist zwar schon kurz vor 12 Uhr und noch 17 km zu radeln, doch da es nun meistens bergab geht, sind wir um 12.30 Uhr am Bahnhof. Um 12.45 Uhr kommt der Zug aus Porto an, und wir können unsere Fahrräder im Fahrradabteil sicher unterbringen. Die Linha de Douro wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, um große Mengen des Weins als Grundlage des Portweins aus dem Douro-Tal in Richtung Porto zu transportieren. Wenig später wurde die Verlängerung der Linie bis Salamanca geplant und umgesetzt. 1985 stellte dann die spanische Staatsbahn den Betrieb auf der spanischen Seite aus Rentabilitätsgründen still. Als Konsequenz stellte auch die portugiesische Bahn den Betrieb zwischen Pocinho und der Grenze ein. Deshalb mussten wir diesen Abschnitt nun „pedalierend“ bewältigen. Die Fahrt im Zug folgt auf den ersten rund 100 km dem Verlauf des Douro, in engen Kurven über Brücken und durch Tunnel. Rechts und links die steilen Hänge voller Terrassen und Weinberge. Hin und wieder grosse Bauernhöfe, die nur über steile Straßen angefahren werden können. Spektakulär. In Porto kommen wir am Bahnhof Sao Bento an, dessen Vorhalle mit zahlreichen Azuléjos, den typischen portugiesischen Fliesenbildern, sehr schön gestaltet ist. Wir haben zentral eine schöne Unterkunft und hilfreiche Gastgeber, die uns gleich einige gute Tipps zur Stadterkundung geben.