Coastal Nomads - Suzi, John & Betty
Coastal Nomads - Suzi, John & Betty
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Unbekanntes Asturien - Grünes, weißes und gelbes Gold

Veröffentlicht: 18.08.2024

Persönlicher Logbucheintrag vom Wohnschiff Betty HH-VX 717: Wir schreiben das Jahr 2024, 7. August, 13:11 Uhr. Aufgrund des trübe vorhergesagten Wetters haben wir die galicische Küste verlassen und befinden uns auf der Autobahn A-8 (E-70), die über die Küstenberge in Richtung Süden führt. Sehen tun wir nichts, da wir uns mitten in den Wolken befinden. Hier hängen die Wolken anscheinend so oft so tief, dass die Leitpfosten am Rand der Autobahn mit elektrischem Licht ausgestattet sind! Kaum haben wir den Grat der Küstengebirge überquert, bricht die Sonne durch und die Temperatur steigt von 15 auf 28° C.

Unser Ziel ist Las Medulas, das zwar nicht in Asturien liegt, sondern in Kastilien-Leon, was uns aber erst später auffällt. In Las Medulas befanden sich die wichtigsten Goldminen des römischen Reiches und mittlerweile UNESCO-Welterbe. Da es über den Tag richtig heiß geworden ist und eine Dusche mehr als überfällig ist, steuern wir auf dem Weg in Toral de los Vados das lokale Freibad an. Kostet auch nur  2 € Eintritt, allerdings braucht man für das Baden eine Badekappe, die wir natürlich nicht dabei haben. Die 1,50 €, um die Kappe käuflich zu erwerben, wollen wir auch nicht ausgeben und versuchen dem Socorrista verständlich zu machen, dass wir eigentlich nur duschen wollen. Offensichtlich hat er Mitleid mit uns obdachlosen Vagabunden und er leiht uns seine Badekappe! So kann ich auch noch den kleinen Wasserrutschenpark im Freibad auskosten ;-)

In Las Medulas kann man am Ortsrand auf dem Parkplatzes des aufgegebenen Friedhofes gut übernachten. Von dort blickt man bereits auf das Abbaugebiet der Goldminen. Der rote Sandstein sieht in der untergehenden Sonne schon seeeehr goldhaltig aus! Am nächsten Tag machen wir eine Biketour durch das bergige Gebiet. Der Goldabbau erstreckte sich über viele Quadratkilometer. In 250 Jahren sollen die Römer dort mit Hilfe von 60.000 Arbeitern insgesamt 1.600 t Gold zu Tage gefördert haben. Dazu wurden ganze Berge abgetragen und das Gold mittels Wasser eines 100 km langen Kanalnetzes aus dem Gestein gespült. Die Arbeiter wurden überwiegend mit Esskastanien ernährt, diese Bäume dominieren heute noch die Landschaft, neben uralten Korkeichen. Unser Biketour eskaliert mal wieder ein wenig, in brütender Hitze und bei absoluter Windstille bewältigen wir knapp 1.000 Höhenmeter und sind zurück am Van völlig platt. Aber es hat sich gelohnt, auch der kleine Ort Las Medulas am Rand der Goldminen ist ein Kleinod und wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Im Inland soll es bis zu 38° C warm werden, also nichts wie zurück an die Küste! Wir überqueren die Küstenberge wieder in Richtung Asturien und sind erstaunt in 1.600 m Höhe auf das Skigebiet Leitariegos zu treffen. Jetzt im Sommer sind die Liftanlagen und großen Parkplätze verwaist. Eigentlich hatten wir uns vorgestellt, dort oben im Sonnenuntergang zu übernachten, aber wir befinden uns wieder in den Wolken, es bläst ein scharfer Wind und es ist empfindlich kalt. Im Dämmerlicht fahren wir eine endlose, schmale Passstraße ins Tal hinab und übernachten in der wenig ansprechenden Bergarbeiterstadt Cangas del Narcea (der Bergbau war in Asturien bis in die 1970er Jahre der wichtigste Wirtschaftszweig).

An der asturischen Küste angekommen, steuern wir als "Leuchtturmfans" das Cabo de Busto mit dem Faro de Busto an, Wir freuen uns, wieder von einem tollen Parkplatz aus weit übers Meer schauen zu können. Rund um das Kap gibt es einen Küstenwanderweg  an den üppig grün bewachsenen Klippen. An jedem Aussichtspunkt hängt eine Schiefertafel mit einem Sinnspruch; Einer bedeutet übersetzt so viel wie "Lass das Leben nicht mit Jahren angefüllt sein, lass die Jahre mit Leben angefüllt sein" und wir denken, das passt doch ganz gut zu unserer Reise! Zurück am Van besucht Susi einen "secret beach" und ich lege noch eine Bastelstunde am Van ein. Irgendwas gibt es immer zu reparieren oder zu optimieren... Ich hatte übrigens am Vormittag  noch eine Wette mit Susi abschließen wollen (leider wettet sie grundsätzlich nicht mit mir...) , dass wir heute noch die Tochter von Kiki und Reinhard und ihren Freund treffen werden! Diese wollten  das Wohnmobil der Eltern (die wir in Galicien getroffen haben) in Portugal übernehmen  und es verbunden mit einem Urlaub an der portugiesischen und nordspanischen Küste zurück nach Solingen bringen, was wir für eine sehr coole Idee halten! So gegen 17 Uhr habe ich dann meine nicht angenommene  Wette gewonnen: Carla und Stanley stehen vor unserem Van, den sie aufgrund des auffälligen SRF_EX Logos schon von weitem ausgemacht haben. It´s a very small world!! Wir verbringen noch einen sehr netten Abend miteinander, bevor sich am nächsten Morgen die Wege von Bus und Besatzung wieder trennen. Aber mindestens einmal werden wir uns noch treffen. Wir müssen Ballast abwerfen und die (seit Monaten nicht bespielte) E-Gitarre und ein überflüssiges Segel treten  mit Carla und Stanley die Heimreise nach Deutschland an. Großes Dankeschön nach Solingen!

Befreit von etwa 10 kg Gewicht düsen wir weiter. Wir machen Halt an der Costa del Silencio. Hier fallen die Klippen fast senkrecht über 100 m ins Meer und tief unten befindet sich der Playa del Silencio. Der Name ist Programm, durch die hohen Klippen ist es windgeschützt und auch Wellen dringen kaum in die Bucht vor. Die Szenerie ist atemberaubend, in den USA hätte man daraus die "most scenic rocky beach bay ever" gemacht! Wie überall in Asturien ist Parken am Wasser nicht ganz einfach, da die Küstenberge bis kurz vor die Küste reichen und der verfügbare Platz sehr eingeschränkt ist. Auch hier an der Costa del Silencio verdienen findige Bauern deshalb ihr Geld damit, im Sommer ihre Wiese zum Parkplatz zu machen und zwischen 3 und 10 € pro Tag als Parkgebühr zu nehmen. Teilweise darf man dort auch übernachten (ohne das sogenannte "Camping-Verhalten", also Tisch, Stühle, Markise draußen). Zum Abschluss des Tages nehmen wir noch Cudillero mit, das "most scenic fisherman´s village" in Asturien. Auch sehr schön, aber durch die Gassen schieben sich zu 99% nur Touristen und der Funke will nicht so ganz überspringen.

Mehr nach unserem Geschmack ist der Küstenort San Esteban; Von hier wurde einst die asturische Kohle, die über den Rio Nalon an die Küste gebracht wurde, in alle Welt verschifft. Durch die Reste des (lange eingestellten) Kohlebergbaus im Hinterland sind die Strände um San Esteban eher dunkel gefärbt. San Esteban ist relaxed, hier gehört die Stadt noch den Einwohnern und die alten Kaianlagen und Verladekräne wurden erhalten und geben der Stadt ein tolles Flair. Mit dem Wohnmobil kann man problemlos an den weitläufigen Kaianlagen stehen. Einzig der auf der anderen Flusseite liegende Stadtstrand ist völlig überfüllt; Es ist schließlich Wochenende und bestes Wetter. Wir bleiben zwei Nächte in San Esteban.

Am nächsten Tag steuern wir verschiedene Strände an. Nicht ganz einfach. Die Strandparkplätze sind überfüllt und die 7,2 m Länge von Betty machen es nicht einfacher. Ein Problem mit der Fahrzeuglänge hatten wir in den vergangenen 7 Monaten übrigens so gut wie nie! Am Ende landen wir am Playa Espana östlich von Gijon (das wir auslassen, wir müssen auch mal Strecke machen, wie Susi so sagt). Der Playa Espana ist netter kleiner Surfstrand mit einer großen (und leeren) Wiese zum bezahlten Parken direkt am Spot. Das schreit nach einer kleinen Wellenreitsession, die dann auch prompt eingelegt wird! Hier ist leider "No Pernoctar" also Übernachten verboten (kein Wunder, der örtliche Campingplatz liegt nur ein paar Schritte weiter). Wir übernachten auf einem schattigen, feuchten Waldparkplatz oberhalb des Dorfes, wobei Schatten/Wald/feucht nicht so nicht unser Ding ist.

Etwas weiter östlich entdecken wir den Playa Arenal de Moris. Auch hier  hat der örtliche Bauer eine steile Wiese direkt am Strand zum Parkplatz umgewandelt, auf der Übernachten (noch) geduldet wird. Aber "keinen Tisch rausstellen" werden wir noch ermahnt! Sind wir eigentlich die Doofen, dass wir uns relativ eng an solche Vorgaben halten, während die Franzosen nebenan das vollste Campingleben entfalten und die Niederländische Familie für zwei Tage den Picknischtisch mit ihrer Tischdecke reservieren?? Egal, wir verhalten uns so, wie wir es für richtig halten und wir Freistehen vertreten können! In der Bucht läuft eine schöne (=anfängertaugliche) Welle und ich lege noch eine schöne Wellenreitsession ein. Wir machen  eine Küstenwanderung entlang des Camino del Santiago, dessen Weg wir seit Portugal immer wieder kreuzen und bleiben insgesamt zwei Tage an diesem schönen Platz! Meistens bin ich dann der etwas "Sesshaftere", der sich mit dem Weiterreisen schwertut, während Susi mehr Nomadenblut in ihren Venen hat und oft zum Aufbruch drängt.

Asturien´s Küste wird auch die Costa Verde also die Grüne Küste genannt und macht ihrem Namen alle Ehre. Irgendwie ist es noch grüner und die Vegetation noch üppiger als in Galicien und das bis zu 1.000 hohe (grün bewachsene) Küstengebirge schiebt sich oft bis auf wenige Kilometer an die Küste heran. Das lässt zwischen Bergen und Strand oft nur wenig Platz, was dazu führt, dass Asturien (wohl gezwungenermaßen) relativ wohnmobilfeindlich ist. Viele Orte sperren ihre (engen) Ortsdurchfahrten gleich für die "Weiße Ware", die im Sommer über die Küstenautobahn A-8 in Scharen in Asturien einfällt. Schilder mit  "Prohibido Acampar" sind eher die Regel als die Ausnahme. Trotzdem finden wir  immer unser Plätzchen...

Da die Berge so nah liegen, geht´s dann auch dorthin. Ganz früh morgens steuern wir den Mirador del Fitu an, nur einen Katzensprung von der Küste entfernt. Von dort machen wir eine Bergwanderung, wie sie auch im Allgäu sein könnte. Das Gebimmel der Glocken der in Asturien allgegenwärtigen Kühe begleitet uns auf dem Bergpfad über Bergwiesen und Farnwälder den Grat hinauf. Zusätzlich gibt es hier Wildpferde, die ganz zutraulich sind. Alles ohne jegliche Zäune, deshalb auch die Kuhfladen und Pferdeäpfel auf den Bergstraßen. Aber im Gegensatz zum Allgäu schaut man während der gesamten Wanderung auf den Atlantik. Über dem Gipfel des nahen Pico Pienzu kreisen in der Thermik sehr große Vögel, die wir mit Hilfe unseres Teleobjektivs als Gänsegeier identifizieren können. Wow! Eigentlich wollen wir auf der Rückfahrt noch in einem "Almrestaurant" einkehren, aber die Zufahrt ist so eng, dass wir mit Betty garantiert steckenbleiben würden. Über engste Bergstraßen geht es hungrig wieder an die Küste, zum Glück gibt es kaum Gegenverkehr. 

Im Küstenort Ribadasella wollen wir den örtlichen, kostenlosen Wohnmobilstellplatz eigentlich nur zum Ver- und Entsorgen nutzen. Da wir aber ganz doll hungrig, durstig und badebedürftig sind, gucken wir uns einmal an und bleiben dann einfach auf dem überfüllten Stellplatz (es ist Mitte August und Hochsaison)   stehen.  Vom Stellplatz sind es rund 15 min zu Fuß zum Stadtstrand, der von einer langer Promenade eingefasst wird, an denen wunderschöne Jugendstilvillen stehen, die einst von kubanischen Rückkehren (so sagt es der Reiseführer) hier errichtet wurden. Trotz der Überfüllung ist es nachts auf dem Stellplatz komplett ruhig. Das haben wir auf unserer kompletten Kanaren- und Spanienreise bisher immer so erlebt. Und morgens sind wir als Nordeuropäer sowieso die ersten, die wach sind. Der normale spanische Supermarkt z.B. öffnet nicht vor 9 Uhr! Oft sind es die ungeplanten Stopps, die einen begeistern. Obwohl sehr touristisch, strahlt Ribadasella eine gewisse Ruhe aus. Das Ambiente aus Stadtstrand, langer Promenade, Jugendstilvillen, der Altstadt, dem Fluss Sella und dem hinter der Stadt aufragendem Küstengebirge ist schon einzigartig. Nach längerer Zeit packen wir mal wieder die Bikes aus und fahren eine von unserer Komoot-App vorgeschlagene Strecke die Küste entlang. Üppigstes Grün und kleinste Badebuchten wechseln sich ab. Auch hier sind wir  auf Teilstrecken des Camino de Santiago unterwegs und treffen immer wieder Wanderer mit der Jakobsmuschel hinten am Rucksack. Insgesamt kommen 45 km zusammen, es sind aber nicht so viele Höhenmeter und zum Abschluss erfrischen wir uns im Atlantik. Hier in Asturien liegen die Wassertemperaturen bei 20-21° C, das ist ein deutlicher Vorteil gegenüber Galicien! Nach zwei Nächsten verlassen wir Ribadasella und damit gleichzeitig Asturien, denn einige Kilometer östlich beginnt Kantabrien, doch das ist ein neues Kapitel.

Fazit Asturien: Die Region der großen Vielseitigkeit. Von den über 2.600 m hohen Picos de Europa, das grün bewachsene Küstengebirge, über tief eingeschnittene Flusstäler bis hin zu den 200 kleinen, felseingefassten Stränden. Das alles auf einer Fläche kleiner als Schleswig-Holstein. Im Winter könnte man problemlos morgens an der Küste wellenreiten und  nachmittags in den Bergen snowboarden. Dazu eine überbordende Vegetation und Kühe, Kühe und nochmals Kühe, die das weiße Gold Asturiens produzieren.

On the road: 208 Tage
Insgesamt zurückgelegte Strecke: 11.400 km

FORTSETZUNG FOLGT






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