Cassiopeia
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Dschungelchaos - Sapa - Vietnam

Veröffentlicht: 25.01.2024

Eigentlich hätte es eine Leichtigkeit sein sollen den Fansipan zu erklimmen. Trotz, dass er der höchste Berg Südost-Asiens ist, sind die Gegebenheiten und die Höhe von 3.143hm im Vergleich zu dem Himalaya ein Klacks. Der Plan war morgens früh los zu wandern und vor Sonnenuntergang wieder mit der Gondel herunterzufahren und genau so packten wir dann auch unsere Utensilien, Klamotten und Nahrungsrationen.

Malte, Eva und ich marschierten durch kleine vietnamesische Dörfer, die uns immer weiter zum Fuß des Berges brachten und an denen uns kleine Kinder in Horden hinterher liefen und uns nervös und kichernd winkten, während die Eltern begannen die Wäsche zu waschen und das unglückliche Huhn für das Abendessen herauszusuchen. Der Wanderweg stellte sich als die steilste Wanderroute heraus die jeder von uns bis jetzt versucht hatte und sie war fantastisch. Die erste Hälfte verlief über Felsenreiche Erdhänge, an denen man geschickt hochklettern musste während der dichte Nebel einem eine Sicht über 20 Meter verdeckte. Malte und ich haben eine komplett identische Geschwindigkeit, Vorstellung und Ausdauer, was das Wandern- und Klettern angeht, was Malte für mich den besten Abenteurkompanion macht den es gibt. Eva hingegen ist ein wenig langsamer, nicht ganz so trittsicher und hat auch nicht das selbe Level an Spaß an solchen Aktionen wie Malte und ich. Und trotzdem ist sie jedes Mal wenn sie die Möglichkeit hat dabei, bereut es zwar ab und zu, im Nachhinein aber dann doch nie.

Bevor wir an einer Lichtung ankamen, die durch den Nebel, wie ein Berggipfel in den Wolken ruhte, gingen wir noch an einem Bambuswald entlang, der mystischer und schöner nicht aussehen hätte können. Malte der sich genau so Vietnam vorstellte geriet in völlige Extase und zog mich gleich mit hinein. So rannten wir mit Bambusstöcken, die wir als Schwerter nutzten, lachend und grölend durch die Bambusstreben und jagten uns. Ich wollte Malte und Eva demonstrieren, dass ich schnell und fest genug durch einen riesigen Bambusstrauch springen kann. Ich nahm also Anlauf, rannte so schnell ich konnte auf die Wucherei zu, sprang vom Boden ab und fühlte wie die gewaltige kinetische Energie mich nach vorne trieb, sicher den leichten Wiederstand des Bambus zu übertreffen. Binnen eines Augenblick realisierte ich dann warum Menschen in Asian Bambus nutzen um jegliche Konstruktionen zu erbauen, die viel Last tragen müssen. Ich prallte ohne jegliche Abfederung von der Bambuswand ab und kullerte lachend auf dem Boden. Malte, der glaubte, dass ich nicht schnell genug war, lag kurzerhand neben mir. Am Rastplatz angekommen kämpften Malte und ich mit unseren Bambusstöcken bis einer berstete, Malte gegen den Kopf flog und den Spaß aus der Sache nahm. Zumindest fünf Minuten, bis der Schmerz nachgelassen hatte und wir bessere Stöcke fanden :D

Uns passierte ein Einheimischer nach etwa drei Stunden mitten im Nirgendwo mit einem riesigen Gewehr und lies in uns das Verlangen aufkommen, schneller zu wandern. Die zweite Hälfte verlief über Bergpässe im Nebel und dann durch verdammt dichten Dschungel. Auf dem Hinweg überholten uns die beiden einzigen Seelen die wir noch antrafen, ein junges Pärchen, welches uns dann eine Stunde vor Sonnenuntergang wieder entgegen kam, mit weitaus weniger Freude im Gesicht als zuvor und viel schmutzigerer Kleidung. Sie sagten uns, dass sie den Weg plötzlich verloren hatten und lieber umkehren, obwohl der Hinweg schon allein 10h dauerte und es in einer Stunde dunkel werden würde. Wir hielten ihre Idee für viel zu riskant, vor allem wenn wir an den steilen Abstieg dachten und waren uns sicher, dass sie den Weg einfach nur übersehen hatten.

Als wir dann in einer Schlucht im Gestrüpp standen und der Trampelpfad immer mehr mit den sprießenden Pflanzen verschwomm, fanden wir uns in der Dämmerung, 400 Meter Luftlinie vom Gipfel entfernt vor riesigen Felswänden, die absolut unpassierbar waren, in einer Sackgasse. Eine weiter Stunde versuchten wir noch ein Flussbett aufwärts zu folgen, da wir uns hier den Weg versprachen, brachen jedoch bei der Dunkelheit und der Erkenntnis, dass es immer unpassierbarer wird wieder, zurück zum Punkt, an dem der Pfad aufhörte, auf. Eva wurde nervös und ein, zwei Tränen liefen ihr die Wange herunter. Wir berieten uns und kamen einstimmig zu dem Schluss eine kleine Hütte aufzusuchen, die wir kurz zuvor sahen, um dort unser Nachtlager aufzuschlagen um am nächsten Tag unseren Hinweg wieder zurück zu wandern. Durch den Fluss hatten wir eine saubere Wasserquelle, der Mensch kann mehrere Wochen ohne Nahrung auskommen, also war ein fehlendes Abendessen, Frühstück und Mittagessen auch nicht bedenklich und nachdem wir all unsere Kleidung anzogen froren wir zwar immer noch bei den 2 Grad Nachts, kamen jedoch nie an einen kritischen Punkt der Unterkühlung. Die Hütte stellte sich als provisorische Räucherkammer von irgendwem heraus in der zu unserem Glück sogar noch zwei Planen herumlagen, welche wir auf das Bambusplateau lagen, an dem normalerweise das Fleisch geräuchert wurde und schliefen ein.

Malte entschied sich am nächsten Morgen mir mein Weihnachtsgeschenk, statt abends, doch jetzt schon zu übergeben und holte aus seinem Rucksack einen französischen Käse und selbstgebackene Kekse von seiner Mutter heraus. Somit gab es dann doch ein sogar verdammt gutes und leckeres Frühstück, welches uns die Energie gab wieder zurück zu stapfen. Ich bin richtig stolz und habe Respekt vor Eva und wie sie mit der Situation umgegangen ist. Gerade weil sie nicht so leicht wie Malte und ich uns auch in solchen Situation entspannen kann, bzw. einen kühlen Kopf behalten kann, hat sie verdammt viel Mut gezeigt.

Es war der 24. Dezember. Unsere Motivation nicht noch eine Nacht im Dschungel zu verbringen wurde, von dem Gedanken Heiligabend zusammen an einem warmen Ort und mit selbstgekochten Essen zu verbringen, vorangetrieben. Gegen späten Nachmittag kamen wir dann wieder in der Zivilisation an, mussten unser Airbnb aber leider stornieren, da wir nie eine Adresse bekamen und suchten uns eine Unterkunft mit Küche. Dann hieß es, Motorrad ausleihen, Einkaufen und Eva und Malte zum Hostel fahren. Als wir Abends endlich ankamen, zauberte Malte eine traumhafte Vorspeise und ein Hauptgang und ich kochte uns noch einen Nachtisch, die wir alle nach dem Tag so schnell wie es ging verschlungen. Es war zwar ein sehr anderes Weihnachten als sonst, dennoch war es einfach schön die beiden um mich zu haben und nach den Abendessen noch eine Bescherung zu haben, bei der ich mit Liebe gefüllte Briefe von meiner Familie bekam und jeder von uns ein Lego-Set von der Mutter von Malte!!!! Lego!!!!

Am ersten Weihnachtstag begannen wir dann mit unserer Motorradtour, wobei Malte eigentlich auf einem verschrottreifen Roller herumdüste und Eva und ich auf einer 150cc semiautomatischen Wackelkiste versuchten mit Malte Tempo zu halten. Die Straßen Vietnams sind mir bis heute ein Phänomen, nirgends sah ich so tadellose Straßen wie in diesem Land. Riesenbreit, keine Schlaglöcher und selbst in den entlegensten Regionen ein perfekter Zustand. Dadurch, dass Vietnam in vielen Ecken wie verlassen wirkt und niemand auf den Straßen ist, war es traumhaft durch die Landschaft mit Malte und Eva und ordentlich viel Roadtripmusik zu brettern. All zu viel gibt es da dann eigentlich auch nicht zu erzählen, die Tage bestanden aus der Bewunderung der Gebirgslandschaft Nordvietnamems, dem Unterdrücken der Schmerzen durch die sich langsam entwickelnen Dekubiti an unseren Steißbeinen vom ganzen sitzen und dem Versuch vegetarisches Essen aufzufinden. Als wir nur ein paar Dutzend Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt waren, hatten wir das Ziel kurz rein zu fahren und dann die nächste Straße wieder zurück nach Vietnam zu nehmen und da wir mitten im Nirgendwo waren und auf einer kleinen Gebirgsstraße fuhren, waren wir auch optimistisch. Als wir dann aber näher an das Grenzgebiet kamen, verfolgte uns plötzlich ein Soldat auf einem ebenso hinfälligen Roller und hupte so energisch, dass es die Chinesen vermutlich auch schon hörten. Als wir anhielten versuchte er uns mit Gestik und Mimik klar zu machen, dass wir umdrehen müssen und holte von der Schule, vor der wir anhielten, einen Lehrer der dolmetsche. Etwas entäuscht drehten wir um und fuhren züruck, als Malte aus unserem Blickfeld hinter uns verschwand. Wir hielten also an, warteten und drehten dann nach kurzer Zeit um, als er plötzlich an uns Vorbeischoß und uns wie wir nach kurzem lachen bemerkten, überhaupt nicht erkannte. Dann wurde uns schlagartig klar, dass Malte gerade extra schnell fährt um uns einzuholen, da er denkt das wir noch immer vor ihm sind. Dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war wusste er ja nicht, als wir mit unserem langsameren Gefährt versuchten ihn wieder einzuholen. So raste jeder von uns durch die Berge um den jeweils anderen einzuholen, oder es zumindest zu denken. Nur Malte hatte Internet auf seinem Handy und das nahm dann auch die Möglichkeit ihm mitzuteilen, dass er einem Phantom folgt. Nach einer halben Stunde hielt Malte zum Glück an einer Stelle an, von der er die nächsten Kilometer Straße aus beobachten konnte um festzustellen wo wir sind. Als wir ihn dann einholten konnte man ihn die Verwirrung aus dem Gesicht lesen und außer Puste vom lachen erklärten wir ihn die Hetzjagd. Abend kamen wir dann noch in eine super schicke und schöne Ecolodge in der Pampa, wo gerade Proben für ein Theaterstück liefen und wir uns Abends dann wie ein Publikum um das Schauspiel versammelten und den Tanzkünsten staunend zuschauten.

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