Veröffentlicht: 31.10.2017
Der schärfste Säbel des Captain steckt nicht in seinem Hüftgürtel- nein - seine stärkste und schärfste Waffe sind seine zwei kleinen, azur-blauen Knopfaugen. Nur so und nicht anders können der Admiral und ich es uns erklären, dass wir ihn heute nicht an unserem letzten Ankerplatz zurückgelassen und alleine weiter auf große Fahrt gegangen sind 😁
Wir standen nur einen Wimpernschlag kurz vor der zweiten und es wäre die letzte gewesen - MEUTEREI! Nachdem der Captain uns genötigt hatte die ganze Nacht mit ihm das Emporstoßen seines zweiten Schneidezahns zu feiern, sahen wir heut Morgen aus wie zwei verprügelte Hafensänger. Um 06.00Uhr entschied ich mich - noch vor Aufgang der Sonne - Massimo Duci heimlich zu verlassen, nachdem der Captain einen kleinen Powernap eingelegt hatte. Der Versuch mein verbrauchtes Äußeres mit einem Kaffee Decafinato am Strand etwas zurecht zu rücken, scheiterte kläglich. Und zu meiner Überraschung grinste mich das kleine Feierbiest auch noch genüsslich, friedvoll und freudestrahlend an, als ich zum Duci zurückkam. Die Hand am Säbel wollte ich die Sache wie ein (Steuer-)Mann beenden, da fing mich der Captain mit seinen zwei kleinen Azur-blauen Augen ein, paralysierte mich wie eine Schlange das mit einem Kaninchen zu vermachen im Stande scheint und ich schmolz dahin und während sich meine Hand entspannte konnte ich gar nicht anders als diesem kleinem Haudegen wieder tief in mein Herz zu schließen...
Wie sollte ich ihm böse sein - was hatten wir alles erlebt!?
In den vergangenen fast 50 Tagen segelten wir auf engen Küstenstraßen mit Blick auf die malerische See, vorbei an beeindruckenden und immer wieder die Farbe ändernden Felsmassiven. Wir durchschritten herrliche Eukalyptus-und Pinien- Wälder 🌳 🌳 🌳 auf dem Weg zu atemberaubenden Flüssen und Wasserfällen. Wir wuschen ihn und uns an immer wieder neuen und spannenden Ankerplätzen, pflanzten unsere Gesäße auf abere fremde Toiletten, die wir zuvor desinfizierten, oder schändeten die Natur 🙄 (wobei wir immer alles sauber hinterließen). Wir duschten heiß und auch oft kalt unter freiem Himmel oder direkt am Duci. Wir kauften, klauten, kochten und aßen lokale Früchte und soffen Bier vom Fass oder direkt aus der Flasche. Wir sahen Strände, die wir in unseren kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätten. Wir lernten andere Seeleute kennen, sprachen, soffen auch mit ihnen, stellten uns vor um am nächsten oder übernächsten Tag wieder Arrivederci zu sagen. Wir liefen auf Sand der grobkörnig, feinkörnig, reiskörnig, kieselig, grobkieselig, sehr grobkieselig und komplett steinig war. Wir stürmten Städte, Bastionen, Zitadellen, Festungen, Kirchen und ließen uns Nuraghen-Dörfer zeigen. Wir lernten fremde Kulturen kennen, ob wir wollten oder nicht...
Wir segelten 2000 Seemeilen, was ungefähr 3700km entspricht und ich verbrachte mehr als 3 Tage am Steuer Massimo Ducis, was mehr als 3 Tage meines Lebens entspricht. Der Captain nahm sich etwa ein Viertel seines Lebens Zeit uns das schöne dieser zwei kleinen mediterranen Eilande zu zeigen... und all das spiegelt sich in zwei kleinen azur-blauen Augen wieder, die mich jeden Morgen auf's neue anlächeln und die Strapazen jeder Nacht vergessen machen!
Heute heißt es Abschied nehmen! Wir legen unser Schicksal und das Massimo Ducis in die Hände der Tirennia Reederei und lassen uns ans italienische Festland bringen, sofern deren Captain nicht Francesco Schettino heißt und die Fähre kurz vor der Küste auf die Seite legt...
Arrivederci Sardegna! Au Revoir Corse! Morgen gibt's Pizza in Bolsena und Tartufo-Salami in Orvieto und so Gott will (und der Captain natürlich) wird Massimo Duci Anfang nächster Woche wieder im Heimathafen einlaufen. Ein Auge weint, ein Auge sucht bereits nach neuen Zielen! Ahoi!