Vater&Tochter. Eine Fahrt in die Erinnerung
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St. Petersburg und die Fahrt nach Vologda

Veröffentlicht: 27.07.2018

Nach einem entspannten Flug über die Ostsee sind wir gut in                St. Petersburg gelandet. Vom Flughafen wurden wir direkt ins Zentrum gefahren und konnten inmitten des abendlichen Treibens zwischen Touris und flanierenden RussInnen den Nevski Prospekt bei einem kühlen Bier genießen.

Gestern sind wir 17 km durch die Innenstadt St. Petersburgs gelatscht und haben uns einen ersten, bzw zweiten Eindruck von der majästetischen Fassade und den prunkvollen Kirchen gemacht. Zunächst nur von Außen, weil der Touri-Teil in Petersburg ja noch Zeit hat...

Mit Sack und Pack auf dem Rücken und vor der Brust sind wir mit der Metro (für nur 90 Rubel= 1,50€) zum Bahnhof gefahren. Trotz trubeliger Sicherheitskontrollen und einer überfüllten Bahnhofshalle, sind wir auf dem richtigen Gleis gelandet.

Ein Schlafabteil mit zwei Betten und einem Sektempfang in der Luxusklasse hat uns erwartet. Zwölf Stunden Fahrt lagen vor uns. Das Ziel: Vologda- östlich von St. Petersburg. Vor dem Schlafengehen hat uns ein kleines Picknick die Mägen gefüllt. Letztlich hat uns der Rhythmus des ruckelnden Zuges auf den Schienen in den Schlaf gesungen...

Anatoli, ein sehr guter Freund und Bekannter hat uns am Bahnhof in Vologda eingesammelt und zum Hotel gebracht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bezüglich der Reservierung konnten wir unser kleines Reich beziehen.

Nach einem erfrischenden Tee und Kaffe konnten wir uns unserer ersten Aufgabe hier widmen. Der russische Professor Alexandr für Geschichte und Erinnerungskultur hat uns im Hotel besucht und sich sehr viel Zeit für sehr viele Fragen genommen.

Ein schönes Gespräch zwischen drei Männern und einer jungen Studentin ist entstanden. Thematisch ging es dabei vor allem um die Geschichte der Kriegsgefangenen, hier in der Region Vologda, sowie in Russland selbst. Wir haben viel darüber diskutiert, wie der Umgang damit heutzutage ist, wie wichtig es ist, zu erinnern und auf beiden Seiten nach Versöhnung- statt Vergeltung zu suchen.

Nicht jeder weiß, wie sich der Kreis der Geschichte auf unserer gemeinsamen Reise verbindet und schließt. Die Geschichte unserers Großvaters väterlicherseits, welcher hier nach dem zweiten Weltkrieg in einem Lazarett verstarb, ist die Leidensgeschichte von annähernd 7000 Soldaten- nur allein in der Region Vologda. Ihr auf den Grund zu gehen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu erarbeiten, habe ich mir mit dem Thema Erinnerungskultur für meine Bachelorarbeit zur Aufgabe gemacht. Hier werde ich zunächst Daten sammeln, Erzählungen von Erinnerungen festhalten, um diese dann in meiner Analyse zu kontextualisieren. Mein Ziel ist es dabei, herauszustellen, wie wichtig die Erinnerung an die Grausamkeit der Geschichte ist- besonders im Lichte zeitaktueller Konflikte und dem globalen Ungleichgewicht zwischen den politischen Mächten.

Nun ist der Tag bald geschafft, die Luft ist zum zerschneiden dicke und wir machen uns auf die Suche nach einer kühlen Erfrischung...

до свидания, до скорого!

Helmut & Anna

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