Sunrise Diary
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Die erste Uni-Woche (bis 11.04.)

Veröffentlicht: 11.04.2018

Nach unserem Ausflug nach Kyoto ging es am Donnerstag mit der Uni los. Wir hatten uns im Vorhinein Kurse ausgesucht, die Japanischkurse sind allerdings Pflicht für alle. Ich hatte das Glück, dass mein Kurs, der immerhin von montags bis donnerstags anderthalbstündig stattfindet, in der zweiten Stunde liegt. Das heißt, ich muss erst um 10:40 Uhr an der Uni sein. Yay! Das heißt, dass ich vom Dorm ganz entspannt um 10 Uhr losgehen kann, durch den Park und zur Bahnstation. Da wir jetzt den "Commuter-Pass" haben, der uns zwar 4000 Yen (ca. 30 Euro) gekostet hat, uns dafür aber gratis zur Uni bringt, kostet das Bahn fahren auch nicht mehr so viel. In die Stadt ist es dennoch teurer als nach Kyoto, kurioserweise. Die Japanischkurse sind härter als gehofft, die Senseis (Lehrer) sprechen nur Japanisch, in der ersten Stunde sind mir vermutlich sämtliche Gesichtszüge entglitten, als uns die Dozentin nach einem bestimmt zehnminütigen Monolog eine Frage gestellt hat. In jeder Sitzung haben wir einen anderen Dozenten, aber alle sprechen  zu 95% Japanisch. Mittlerweile verstehe ich sie sogar. Meistens zumindest, wenn sie langsam genug sprechen. Jeden Tag werden drei neue Kanjis eingeführt, die alle in einem sogenannten Quiz abgefragt werden, dass jede Woche stattfinden soll. Heißt im Klartext, dass ich das Lernen nicht wie in Göttingen auf den letzten Drücker erledigen kann, sondern regelmäßig etwas tun muss. Furchtbare Vorstellung. Aber den anderen geht es ja nicht anders und deshalb tun wir uns zusammen und lernen zusammen im Gemeinschaftsraum, dann geht das schon. Insgesamt ist die Uni sehr verschult, teilweise fühlt man sich wirklich wie früher mit 15 am Gymnasium, aber das scheint ja die Regel zu sein. Aber zum Glück konnte ich den Freitag komplett rauskicken, nachdem die Kurse sowieso nicht so das Wahre waren und ich das Reisen eindeutig vorziehe. Da ich bereits im Master bin, habe ich das Glück, nicht an die sieben Pflichtkurse gebunden zu sein, wie es bei den Bachelorleuten warum auch immer der Fall ist. Yes! Und die Kurse die nun noch übrig sind, sind zum Einen die vier Japanischkurse, dann ein Kendokurs, der glaube ich mega cool wird (der Dozent ist so ein cooler Dude aus Neuseeland und lebt für Kendo), ein Kurs zur japanischen Kultur, einer der den zweiten Weltkrieg anhand von acht Filmen erörtert (wir werden in diesem Kurs nichts tun außer Filme gucken, von denen drei Animefilme sind. Und hier ist der Dozent einfach nur super süß, sieht aus wie 17 und freut sich fürchterlich über unser Interesse "Ja und dieser Film hat eigentlich nichts mit dem Thema zu tun, aber wir gucken ihn troztdem, einfach weil es mein Lieblingsfilm ist"). Danach gibt es noch einen Kurs zur Popkultur, in dem es buchstäblich um Hello Kitty gehen wird. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Auswahl. Was ein bisschen unpraktisch ist, ist, dass alle zur selben Zeit Mittagspause haben, weshalb die Mensa dann auch unfassbar voll ist. So allerdings findet man schnell neue japanische Freunde. Ein paar Mal wurden wir in der Schlange schon von Japanern angesprochen, die uns Blondschöpfe wohl interessant fanden. Damit hätte ich niemals gerechnet, zumal es in jeglichen Fettnäpfchenführern hieß, dass die Japaner sehr scheu und zurückhaltend sind. Das kann ich so nicht bestätigen, nach einer Woche Uni habe ich bereits 5 dieser Mensafreundschaften geschlossen, worüber ich mich wirklich freue, da weltweite Freundschaften einerseits sehr wertvoll sind und andererseits, dass man Japan mit Japanern erfahren kann, die sich auch für unsere Kultur interessieren. Nach der Mensa geht es entweder wieder in die Uni, in die Stadt oder zurück ins Dorm. Auch wenn die Kirschblüte inzwischen vorbei ist, ist der Campus immer noch wunderschön. Es ist auch interessant zu sehen, was für ein Gemeinschaftsgefühl an dieser Uni herrscht, sehr viele tragen T-Shirts und Pullis von der Uni oder von ihren Sportmannschaften an der Uni. Das nahm ich zum Anlass, mir auch einen Pulli der "Kaisers", des Football-Teams der Kandai zu gönnen, zumal ich meinen Kuschelpulli zuhause gelassen habe und eine tolle Erinnerung ist das ja auch. Es ist inzwischen auch ein wenig Alltag eingekehrt, ich habe das erste Mal gewaschen und war mit einem Kumpel joggen (ja gut, verlaufen haben wir uns, aber nächstes Mal kennen wir die Strecke). Es ist unfassbar, wie die Zeit einfach verfliegt. Am Montag haben wir uns zum Shoppen verabredet, da ich ja eigentlich einen Pulli haben wollte (den Kaisers-Pulli habe ich erst am Mittwoch gekauft) und ein Paar Schuhe wollte ich haben, da ich während des Packens nicht berücksichtigt hatte, dass es ja regnen könnte (vor Allem in der Regenzeit, haha...). Also habe ich munter meine Turnschuhe, die beim ersten Regentropfen schon durch sind sowie meine weißen Chucks eingepackt. Und die weißen Chucks sind halt weiß. Auch nicht gerade regentauglich. Also tigerten wir nach Namba und von dort aus in die Klamottenläden. Dabei konnte ich schnell feststellen, dass es hier offenbar nur zwei Stile gibt: einmal der trashy und shady Hipster, der abgeranzte Klamotten mit fürchterlichen Farben und den abgedrehtesten Schnitten trägt (hat eine Menge vom 70er/80er Style abgekriegt) und der Mainstreamstil, zu dem ich nicht viel sagen muss. Somit war es mir zunächst unmöglich, einen vernünftigen Pullover zu finden, der nicht etwa über dem Bauchnabel abgeschnitten, eine Mickeymaus mit Stinkefinger oder auch Rüschchen am Bündchen hatte. Also habe ich das zunächst aufgegeben, da auch in den Mainstramläden Sommer angesagt war. Heißt, auch hier gab es nur abgeschnittene Pullis. Dennoch ist es der Wahnsinn, wie viele Läden es gibt. Wenn im Erdgeschoss ein Geschäft ist, sind auf den folgenden Etagen meist noch ein bis zwei Läden. Aber ein Paar Turnschuhe habe ich gefunden, die relativ robust scheinen und dem Augenschein auch Regen trotzen werden. Ursprünglich wollte ich dunkle, aber ein Paar in Altrosa gefiel mir dann besser. Und dass, obwohl ich auch daran gezweifelt habe, Schuhe zu finden, da wir zwar eine Unmenge an aneinandergereihten Schuhläden gefunden haben, aber alle nur für Männer! Ich dachte, ich spinne, aber nein, die waren echt alle nur für Männer, kein Wunder dass meine Freunde so erfolgreich waren mit dem Schuhe shoppen! Solche Dinge, wie Schuhe und Klamotten sind hier relativ günstig, da hatte ich dann nicht ganz so ein schlechtes Gewissen. In den Geschäften selbst ist es meist relativ anstrengend, da überall laute Musik läuft, ich vermute, die wollen sich gegenseitig mit ihrer Musik überschallen, was zu einem Mischmasch an lauter Musik in den Ohren der Kunden führt, die auf der Straße flanieren. In den großen Läden gibt es neben der lauten (meist überaus anstrengendenTechno-)Musik auch wortwörtlich Marktschreier, deren Sinn mir aber bis jetzt noch verschlossen ist, da die Leute ja bereits im Geschäft drin sind und somit zigfach von allen Seiten beschallt werden. Aber sehr hilfsbereit, wenn auch etwas aufdringlich sind die Verkäufer, aber dank ihnen gab es dann noch ein Paar Turnschuhe für meinen Kumpel. Auch meine beiden Freunde waren also zufrieden mit ihren neuen Schuhen, Jacken und einem Rucksack. Um diesen Tag dann gebührend zu beenden und rundum glücklich nach Hause gehen zu können, ließen wir uns in einem Ramenrestaurant nieder, wir wollten schließlich auch mal die korrekte Variante von den Fertigsuppen probieren. Und sie ist wirklich gut! Zuerst bestellt man an einem Automaten, was man gern für Zutaten und Beilagen haben möchte oder ob man ein Refill an Nudeln bekommt und bezahlt an diesem auch gleich. Dann geht es in einen sehr langen, dunklen Raum, wo gegessen wird. Dieser Raum ist bestimmt 20 Meter lang und einen Meter breit, das heißt, alle Gäste sitzen nebeneinander, sind aber durch eine kleine Holzwand an beiden Seiten getrennt, man sitzt also in seiner eigenen kleinen Box und wartet zunächst auf sein Essen. Auf der anderen Seite des Tisches wuseln Köche hin und her, die man aber nur sieht, wenn sie einen kleinen Bambusvorhang hochheben und die Schüssel mit den Nudeln zu dir hindurchschieben. Das ist echt ein lustiges System, verdeutlicht aber auch ein bisschen die japanische Kultur, dass jeder für sich ist und allein isst, was in der arbeitenden Bevölkerung breit etabliert ist. Die Ramen aber waren wirklich klasse, wenn auch recht teuer. Aber dadurch, dass man überall kostenlos Wasser bekommt (in diesem Fall durch einen Zapfhahn) relativiert sich das Ganze meiner Meinung nach wieder. Am Wochenende werden wir Kobe besichtigen und nach Himeji fahren, wo wir uns ein Schloss anschauen werden. 

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