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Übers Swanetische Gebirge

Veröffentlicht: 05.09.2018

In der Nacht zum Dienstag, den 28. August 2018, muss ich mehrmals das Zelt verlassen und ein paar übermütige Rindviecher zurechtweisen. Es ist Vollmond und die Vierbeiner fallen durch unangemessene Aktivktät auf. Sowohl meine Wäscheleine, als auch der ein oder andere Zelthering kommen dabei zu Schaden. Kurz nach sieben genieße ich auch nach dieser unruhigen und erneut kalten Nacht die ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Nach dem Frühstück packe ich unsere sieben Sachen zusammen, schaffe eine Tüte Müll in die nahe Ortschaft und starte gegen halb zwölf den Aufstieg ins Swanetische Gebirge. Dieses trennt Oberswanetien und das südlicher gelegene Niederswanetien voneinander. Bis zum 2943 m hoch gelegenen Gvilbari-Pass benötige ich gute drei Stunden. Die Sonne brennt unerbittlich und so lege ich mehrere Päuschen ein, sammle ein paar Heidelbeeren für das nächste Frühstück und gönne dem Dicken etwas Zeit sich unter dem spärlichen Schatten von Rhododendrenbüchen zu akklimatisieren. Ab um drei geht es noch ein Weilchen entlang des Gebirgskammes in Richtung Westen, immer knapp unterhalb von 3000 Höhenmetern. Gegen viertel fünf haben wir dann unser Tagesziel erreicht und ich richte unseren Lagerplatz an einem kleinen See für die kommende Nacht ein. Das Wasser ist erstaunlich warm und klar, lädt also geradezu zur abendlichen Waschung ein. Der Blick auf den nächtlichen, von Lichtsmog unverfälschten, Nachthimmel bleibt mir leider verwährt, es zieht Nebel auf.

Auch am Mittwochmorgen freue ich mich sehr über die ersten Sonnenstrahlen die das Zelt aufwärmen. Es ist ein herrlicher Sommermorgen und so gönne ich mir ausnahmsweise gleich nach dem Frühstück noch ein Käffchen. Gegen elf machen wir uns dann wieder auf die Socken. Zuerst steht der Abstieg zum 2830 m hohen Latpari-Pass an. Dort komme ich mit drei Jungen Männern ins Gespräch, die gerade (laut eigener Aussage) die höchstgelegene orthodoxe Kirche Europas errichten. Weiter geht es entlang eines kleinen Gebirgspfades nach Westen und hinunter ins Zcheniszchali-Tal. Unterwegs kommt mir wiedermal der Weg abhanden und ich muss ein paar Meter der steilen Gebirgshang hochkrabbeln. Überhaupt läuft es sich an dem Südhang teilweise recht unangenehm und ich bin froh als wir wieder die Baumgrenze erreichen und ab und an im Schatten weiterwandern können. Trotzdem erscheint mir der Abstieg fast anstrengender als der Aufstieg am Vortag und ich benötige etwas länger als geplant. Nach mehreren Zwangspausen (die Oberschenkel brennen) erreichen wir die Ortschaft Mami gegen halb sechs. Dort werden wir von einer Frau abgefangen die uns zum Camping auf ihrem Grundstück überredet. Nachdem sich dann herausstellt, dass zu den vereinbarten 5 Lari nochmal 5 fürs Duschen dazukommen sollen, ziehe ich mit Rango wieder von Dannen und suche mir ein Plätzchen direkt am Zcheniszchali-Fluss. Ich stelle Gepäck und den Dicken ab, um mich auf die Suche nach etwas Süßem, einem Käffchen und Futter für Rango zu machen. Mehr als ein Snickers und ein 3in1-Kaffee aus der Tüte ist aber nicht aufzutreiben. Der Dicke muss sich also am nächsten Morgen wieder mit ein paar Nudeln zufriedengeben. Auch die Pilze, welche ich beim Abstieg erbeuten konnte erweisen sich wegen ausgeprägtem Wurmbefall als weniger ergiebig denn gewünscht. Bevor ich mich am Abend in die Horizontale begebe, schaue ich nochmal auf mein Navi. Es wird klar, warum der Abstieg dermaßen geschlaucht hat. Wir befinden uns auf etwa 1000 m Höhe, sind also über den Tag 2000 m abgestiegen. Entsprechend schnell fallen mir dann die Guckeln zu.

Am Donnerstagmorgen, den 30.08.2018, muss ich mich etwas gedulden, bis die am Vorabend gewaschene Wäsche trocken ist. So machen wir uns erst gegen zwölf auf den Weg in Richtung Lentekhi. In Tekali (Ortsteil von Mami, in dem ich am Vorabend auf ein Snickers aus war) müssen wir uns wiedermal eines agressiven Dorfhundes erwähren, klappt aber ohne Verletzungen auf beiden Seiten. Das Wandern entlang der Landstraße macht keinen großen Spaß und so organisiere ich uns eine Mitfahrgelegenheit in die etwa 14 km entfernte Kleinstadt. An deren südwestlichem Ende kann ich direkt am Fluss ein gutes Plätzchen zum campen erspähen. Damit ist der Großteil der Herausforderungen für den Tag bewältigt und ich kehre in einem kleinen Cafe mit Wifi auf Kaffee und Kubdari (eine Art Brot mit Rindfleisch gefüllt) ein. Nachdem ich Bilder für den nächsten Reisebericht hochgeladen habe, baue ich das Zelt auf, bade im Fluss und gönne mir ein Nickerchen in der Nachmittagssonne. Außer einem Einkauf in Lentekhi passiert an dem Tag nicht mehr viel, der Abstieg steckt mir noch in den Knochen. Es wird mittlerweile recht früh dunkel am Abend, die Temperaturen sind dank der geringeren Höhe aber wieder angenehmer. So lasse ich den Tag am Feuerchen ausklingen.

Am Freitag muss ich beim Aufstehen den Verlust von Rangos Frühstück zur Kenntnis nehmen. Da war wieder irgendjemand dreist genug uns ein gutes Kilo Hühnerschenkel unbemerkt unter dem Vorzelt wegzuschnappen. So bekommt der Dicke später ein gutes Kilo Rind an der Rippe und ich beschließe meinen Aufenthalt um einen Tag zu verlängern. Neben kleineren Reparaturarbeiten und der Vollendung eines Reiseberichts, entspanne ich etwas vorm Zelt. Das abendliche Lagerfeuer fällt kürzer aus als gedacht, es beginnt zu regnen. Dafür sorgt das Blitzschauspiel über dem Hochgebirge, welches dem Regen vorausgeht, für ein paar bleibende Erinnerungen. Fotos sind mir davon leider nicht gelungen.

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