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Käse, Brot und Bier - Tusheti

Veröffentlicht: 19.07.2019

Am Sonntagmorgen (14.07.2019) bin ich gerade mit Frühstück fertig, als gegen zehn einer der Hirten mit dem Großteil seiner Hunde und seiner Schafherde in die Berge aufbricht. Kurze Zeit später werde ich wieder zur Unterkunft der Jungs herangewunken. Man ist gerade dabei, die am Morgen gemolkene Milch weiter zu verarbeiten. Aus den 80 Litern wird zunächst der bereits geronnene Teil abgeschöpft, kräftig gesalzen und für die nächsten 40 Tage zum Reifen ins Käselager gelegt. Am Ende der Saison werden hier so um die 3 Tonnen Schafskäse zusammenkommen. Die Flüssigkeit wird erneut über dem Holzfeuer erwärmt und bildet die Grundlage für eine Art Frischkäse oder Quark und als Basis für Hundefutter. Anschließend wird in der Glut des Feuers ein Brot gebacken. Das gefällt mir alles sehr gut. Zwischendurch bekomme ich das ein oder andere Käffchen serviert und darf erneut von den ganzen Leckereien probieren. Für Rango bekomme ich etwas von der fettigen Molke, die er sich am späten Mittag schmecken lassen kann. Wie sich herausstellt, nicht seine erste Mahlzeit. Ich hatte wiedermal vergessen Brot und Käse sicher zu verstauen, was der Dicke natürlich eiskalt ausnutzt. Ärgerlich, aber nicht ganz so schlimm. Ich konnte Brot, Käse, etwas geräuchertes Schaffleisch und ein paar Zwiebeln von den Hirten bekommen. In der Zwischenzeit hat sich auch die Sonne durchgesetzt und ich kann alles trocken einpacken und gegen drei für ein paar weitere Wanderkilometer aufbrechen. Wieder gilt es an ein paar Hütehunden vorbeizukommen, wieder eine sehr unangenehme Situation, aber erneut geht das Ganze ohne körperliche Auseinandersetzung ab. Da ich seit einer Weile schon kein Internet mehr hatte, ist mein heruntergeladenes Kartenmaterial nicht mehr sehr detailliert für die Gegend und wir kommen vom Weg ab. Ich entscheide abzusteigen um im Tal nach unserem verlorengegangenen Pfad zu suchen, habe aber kein Glück. So müssen wir wiedermal ein Stück querfeldein einen steilen Hang emporkraxeln, bevor wir einen Weg finden. Das hat etwas Zeit und Kraft gekostet und so baue ich unser Lager bereits nach 9 gelaufenen Kilometern gegen sieben auf einer Bergwiese auf. Aus etwas Fleisch, Zwiebel, Käse und Brot koche ich ein nahrhaftes Süppchen zum Abendbrot, bevor ich mich zur Ruhe lege.

Die Nacht zum Montag war ruhig, aber nicht ganz so entspannt wie gewohnt. Die Geschichten der Hirten über Bären und Wölfe gehen doch nicht ganz spurlos an einem vorbei. Es ist gegen halb zwölf, als wir uns schließlich wieder auf die Socken machen. Nach zweieinhalb Stunden erreichen wir eine Art Straße und die Gefahr wieder vom Weg abzukommen scheint vorerst gebannt. Leider bin ich auf der Straße in die falsche Richtung weitergelaufen und muss zwischen zwei kleinen Dörfern einem Schleichweg folgen, der uns wieder auf Kurs bringen sollte. In den ersten Siedlungen seit gut 4 Tagen sind nur zwei Männer anzutreffen, ansonsten sind die Häuser leer und teils dem Verfall ausgesetzt. Trotzdem beeindrucken die aus flachen Steinen aufgeschichteten Mauern. Nachdem ich zum Überwinden eines Bachlaufes dann meine Schuhe ausziehen musste, gönne ich mir ein kleines Päuschen am schattigen Ufer und lasse mir ein Käsebrot schmecken. Dann wandern wir weiter und werden gegen um drei von einem Einheimischen angequatscht und in sein Dorf eingeladen. Dafür müssen wir etwa 2 km einen Berg hinauflaufen, aber ein Käffchen lockt. Gegen um vier kommen wir in der kleinen Siedlung an und können es uns auf der Terrasse von Koba gemütlich machen. Ich bekomme einen Kaffee und ein paar Speisen angeboten. Man lädt mich ein zu Übernachten. Da die Jungs planen Bier zu brauen, bleibe ich gern, kann mir den Prozess anschauen und hier und da zur Hand gehen. Es wird Getreide geröstet und ein, mehrere hundert Jahre alter, aus kleinen Blechsegmenten vernieteter, Kupferkessel für den Sud vorbereitet. Zwischendurch zeigt mir Koba sein Dorf Iliurta und bringt mir die Geschichte Tushetis etwas näher. Der Mann ist sehr belesen und kann recht detailliert Auskunft über Architektur, Brauchtum, Kultur, Religion, Konflikte mit Nachbarvölkern und die Besonderheiten des hießigen Phenotyps Auskunft erteilen. Etwas Holz muss nebenbei auch gehackt werden und es gibt reichlich Brot, Gemüse und Käse zu essen. Die Jungs langen auch bei Wein, Bier und Tscha Tscha kräftig zu. Es wird bis spät in die Nacht gesungen und zu jedem getrunkenen Glas ein Trinkspruch ausgebracht, wobei alle in der Runde mal einen Beitrag leisten müssen. Weit nach Mitternacht geht es ins Bett.

Am nächsten Morgen schlafe ich etwas länger als Koba und der Rest der Truppe. Als ich am späten Vormittag beim Kupferkessel vorbeischaue, brennt bereits das Holzfeuer und der Sud ist am Ziehen. Duftet sehr gut. Im Laufe des Tages wird ab und an gekostet, gerührt und ansonsten gegessen und getrunken. Meine Gastgeber vernichten über den Tag literweise Wein. Ich werde eingeladen noch etwas zu verweilen und beschließe meinen Aufenthalt um eine weitere Übernachtung zu verlängern. Am Mittag ist ein Trupp Studenten in Iliurta angekommen. Nach und nach tauchen selbige an der einzigen Trinkwasserquelle im Dorf auf und werden prompt von Koba zu Tisch gebeten und mit einem Gläschen versorgt. Mir wurde mittlerweile ein georgischer Name verpasst - Kucha. Klingt wohl irgendwie entfernt wie Deutscher und wird als passend empfunden. Kann ich mit leben. So vergeht der Tag unter neuen tushetischen Freunden wie im Flug.

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