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Atyrau - Schrotti zeigt uns den Finger

Veröffentlicht: 22.09.2019

Am Mittwochmorgen (04. September 2019) starten wir (Melanie, Jeoffrey, Markus, Rango und ich) gegen sieben in den Tag. Nach einem gemeinsamen Frühstück packen wir unseren Krempel in den Moskvich und können schließlich gegen halb neun losfahren. Kurz vor Verlassen der Stadt wollen wir noch unsere Benzin- und Gasreserven auffüllen. Nachdem der Flüssiggastank voll ist, springt Schrotti nicht wieder an. Meine Schnelldiagnose: Batterie leer. Da auch Anschieben nicht so recht fruchtet, kaufen wir eine neue Batterie und können kurz darauf weiterfahren. Das zum Wechseln benötigte Werkzeug kann ich mir in einer nahen Werkstatt ausleihen und auch das Funktionieren der Lichtmaschine können wir in der Nähe überprüfen. Liefert verlässlich Strom das Gerät. Dann verlassen wir endlich Aktau und sind auf der Landstraße gen Norden. Erster Stop soll Shetpe sein. In der direkten Umgebung der kleinen Stadt befindet sich ein recht ansehnliches Gebirge, welches wir uns anschauen wollen. Etwa 50 km vor der Stadt, meldet Schrotti dann Leistungsverlust. Klingt für mich nach Zündaussetzern. So schleppen wir uns das letzte Stück bis in die Stadt. Eine Werkstatt können wir nicht gleich finden, dafür einige Kasachen, die sich unseres Problems annehmen wollen. Die Zündkerzenstecker werden umgesteckt und an der Gasleitung wird wild herumgedreht. Alles ohne Erfolg, die Karre läuft nicht rund. In einem nahen Werkzeuggeschäft organisiere ich einen passenden Steckschlüssel und drehe die Zündkerzen raus - sehen pechschwarz und eher abgenutzt aus. Ich beschließe einen Satz Neue zu kaufen. Kurze Zeit später schnurrt Schrotti wieder wie ein Kätzchen. Die ganze Aktion hat leider erneut etwas Zeit gekostet, sodass der Ausflug ins nahe Gebirge ausfallen muss. Für ein Käffchen und eine Kleinigkeit zu beißen bleibt aber Zeit. Dann sind wir wieder auf der Landstraße und fahren durch größtenteils trockene Landstriche. Nach etwa 280 km nutzen wir eine Gelegenheit um Gas zu tanken. Währenddessen kündigt sich so langsam der Sonnenuntergang an, wir legen den Schalter für das Licht um. Leider ignoriert Schrotti die Aufforderung seine Frontscheinwerfer einzuschalten. Irgendwas stimmt hier nicht, zumal die Scheinwerfer am Vortag noch funktionierten. Wieder finden sich ein paar fleißige Helferlein, die uns bei der Lösung des Problems unterstützen. Es wird an allerlei Kabeln gewackelt und die Sicherungen werden geprüft. Schlussendlich schließen wir das Abblendlicht mit einem Draht kurz und fahren weiter. Ursache des Problems bleibt erstmal rätselhaft. Bei Dunkelheit erreichen wir Beyneu und organisieren ein kleines Abendbrot, bevor wir weiterfahren. Wir wollen versuchen bis zum nächsten Morgen nach Atyrau zu gelangen. Auf dem Weg dorthin befindet sich nichts, wofür ein Stopp lohnen würde, eine Nachtfahrt drängt sich quasi auf. Die Rechnung haben wir aber ohne Schrotti gemacht.

Kurz nach Borankul, es war so gegen halb drei in der Nacht zu Donnerstag, verweigert der Moskvich die Weiterfahrt. Das Gas scheint alle und auch Umstellen auf Benzin funktioniert nicht. Wir haben aber wieder Glück im Unglück und können uns kurze Zeit später von zwei Kasachen zur nächsten Gastankstelle bei Borankul zurückschleppen lassen. Dort füllen wir den Gastank, wobei mit gut 6 L wesentlich weniger reinpasst, als wir verbraucht haben hätten müssen. Auch anspringen will die Kiste erstmal nicht wieder. Wir beschließen die restliche Nacht, es ist mittlerweile halb vier, an der Tankstelle zu verbringen und am nächsten Morgen das Problemchen anzugehen. Nach ein paar Stunden unbequemen Schlafs, koche ich ein Käffchen für unsere Reisegruppe und wir starten in den sonnigen Morgen. Während des Zähneputzens bekommen wir Besuch von ein paar Kamelen, die sich neugierig das Treiben anschauen. Unterdessen nehmen sich wieder ein paar Einheimische unserer Startprobleme an und wir können kurze Zeit später auf Benzin weiterfahren. Leider ist erneut nur wenige Meter nach der Stelle Endstation, an der wir bereits letzte Nacht halten mussten. Schrotti verweigert sich im Grunde komplett. Außer den Dingen die quasi kurzgeschlossen sind, funktioniert nichts. Keine Zündung, kein Anlasser, keine Warnlampen, einfach Ruhe im Karton. Diesmal kommen uns zwei Verkehrspolizisten zu Hilfe, die nach Durchsicht unserer Papiere einen Wagen anhalten, der uns wieder auf die andere Seite von Borankul schleppt und vor einer Werkstatt abstellt. Das Etablissement ist unbesetzt und auch einige LKW-Fahrer und Ölarbeiter können nicht so recht weiterhelfen. So gönnen wir uns in einer Kantine ein kleines Mittagessen. Die Gelegenheit nutzen Melanie und Jeoffrey um ihren Abschied aus unserer Reisegemeinschaft anzukündigen. Sie haben das Vertrauen in Schrotti verloren und wollen am nächsten Morgen mit dem Zug von Beyneu nach Almaty fahren. Die Tickets konnte Jeoffrey noch am Sonntagabend in Aktau reservieren. Ich bin mir mit Marcus hingegen einig, dass wir so schnell nicht aufgeben wollen, zumal wir keinen Zeitdruck haben. Trotzdem drückt die Entscheidung der beiden Franzosen etwas die Stimmung. Nach dem Mittag verabschieden wir uns. An der Gastankstelle vom Morgen organisiere ich mit etwas Hilfe einen Elektriker, der sich die Sache mal anschauen soll. Da alles tot ist, muss das Problem irgendwo zwischen Batterie und Zündung liegen. Leider habe ich kein Werkzeug um der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Der Elektriker macht sich mit seinem Messgerät auf die Suche und schraubt schlussendlich den Kasten auf, in dem der Großteil der Fahrzeugelektrik zusammenläuft. Und siehe da, eine Steckverbindung war durchgeschmort. Der kaputte Stecker wird entfernt und die Steckverbindungen erneuert. Ziemlich improvisiert das Ganze, aber erfolgreich. Das Lichtproblem kann der Mann hingegen nicht lösen - sind ihm zu viele Kabel im Auto. Na da! Trotzdem will der Hobby-Elektriker gut 20 € für den Einsatz. Kommt uns recht teuer vor, aber wir können zumindest weiterfahren. Beim Versuch die Kiste wieder anzulassen, stellt sich heraus, dass der Benzintank leer ist. Komisch, da wir ja mutmaßlich den Großteil der Zeit auf Gas gefahren sind. Wir schütten unsere 10 Reserveliter in den Tank und fahren los. Benzin können wir leider bei Borankul keines tanken, die nächste Ortschaft liegt aber auch nur knapp 100 km entfernt. Wie sich eine gute Stunde später herausstellt, ist auch das zu weit, der Sprit ist etwa 25 km vor Kulsary alle. Wie so oft haben wir erneut Glück und bringen mit Hilfe eines Kasachen Schrotti wieder auf Gas zum laufen und können am Ortseingang von Kulsary Benzin und Gas auffüllen. Dann geht es für einen kleinen Einkauf in den Ort, bevor wir uns am nahen Kamyskol-See ein Plätzchen zum Zelten suchen. So klingt der Abend am Sandstrand aus.

Nachdem wir am Freitag, den 06. September 2019, ausgeschlafen, gefrühstückt, gebadet und unseren Krempel gepackt haben, geht es erneut für einen kleinen Einkauf nach Kulsary. Dann fahren wir nach Atyrau weiter, pausieren in Dossar für ein Schnittchen mit Fischeiern und eingelegten Algen, bevor wir kurz nach dem Nest mit erneut leerer Batterie liegen bleiben. Das Problem ist schnell gefunden, der Hobby-Elektriker vom Vortag, hat einen Polschuh an der Lichtmaschine nach Kontrolle nicht wieder ordnungsgemäß angesteckt. Sehr ärgerlich, wir sind wieder auf Hilfe angewiesen, finden selbige kurze Zeit später und bekommen Starthilfe. Kurz vor Atyrau bleiben wir erneut liegen, das Gerät welches die Gaszufuhr zum Vergaser regelt, ist vereist. In den letzten Tagen haben einfach zu viele Leute an Schrotti rumgebastelt. Ich drehe die Einstellung nach Erinnerung etwas zurück und kurze Zeit später taut auch das Bauteil auf. Dank nach wie vor leerer Batterie, brauchen wir wieder Hilfe beim Starten. Diesmal findet sich ein LKW-Fahrer, der uns mit seinem Kamaz ein Stück zieht und ich Schrotti im zweiten Gang anlassen kann. Dann stellen wir erstmal wieder auf Benzinbetrieb um und fahren nach Atyrau hinein. An einem Supermarkt füllen wir unsere Lebensmittelreserven auf und stellen Schrotti wieder auf Gasbetrieb um. Die Vergaser- / Standgaseinstellung (vom Vorbesitzer übernommen) auf Benzinbetrieb scheint mir eher suboptimal. Der Motor läuft viel zu schnell wenn er warm ist. Da Markus die Kiste beim Anfahren leider verreckt, beschließen wir ob der leeren Batterie, Schrotti an Ort und Stelle über Nacht stehen zu lassen. So gehen wir zu Fuß zum Fluss Ural und suchen uns ein Plätzchen am Ufer um unser Lager aufzubauen. So klingt der Tag erneut am Gewässer aus.

Am Samstag gehen wir nach einem gemütlichen Frühstück und dem Abbau unserer Zelte zurück zu Schrotti. Ich kaufe etwas Werkzeug, erneuere die Verbindungen an der Batterie und lasse die Kiste danach an. Läuft wie geschmiert. Dann fahren wir zu einer Werkstatt und ich suche einen Meister, der mir sowohl Gas- als auch Benzinbetrieb ordentlich einstellen kann. Leider erfolglos. So machen wir uns unverrichteter Dinge auf die Weiterfahrt gen Norden, dort befindet sich etwa 500 km entfernt eine größere Stadt. Oral / Uralsk nahe der russischen Grenze. Das nächste Problem hat sich zu dem Zeitpunkt bereits angekündigt, auf der rechten vorderen Seite klingt es, als ob ein Lager nicht ganz rund läuft. Besonders beim Lenken scheinen die unschönen Geräusche deutlich zu Tage zu treten. Ich tippe auf ein abgenutztes Kardanlager. Wir fahren trotzdem ersteinmal weiter. Nach etwa 75 km suchen wir in Machambet eine Werkstatt, die Geräuschkulisse vorn rechts legt das nahe. Wir finden niemanden der uns bei dem Problem weiterhelfen könnte, dafür einen Einheimischen, der mir zeigt wie ich den Motor auf Benzinbetrieb einstellen kann. Immerhin. Dann entscheiden wir zurück nach Atyrau zu fahren um dort das Problem mit dem Lager anzugehen. Oral ist uns dann doch zu weit weg. An einer Werkstatt können wir zumindest in Erfahrung bringen, wo wir am nächsten Tag Ersatzteile und eine Werkstatt finden, die uns mutmaßlich behilflich sein kann. Dann bauen wir unsere Zelte wieder am Ural auf, bekommen reichlich Essensreste von ein paar Einheimischen geschenkt und schließlich noch Besuch von zwei jungen Polizisten. Man kontrolliert unsere Papiere und versucht schließlich über Umwege an etwas Geld von uns zu kommen. Der Tank sei wohl leer. Ich biete etwas Sprit aus unserem Ersatzkanister an, lehne aber ab mit Geld auszuhelfen. Benzin wollen die Jungs offensichtlich keines und verziehen sich dann recht schnell wieder. So lassen wir uns unsere Essensspende schmecken, bevor wir uns in unsere Zelte zurückziehen.

Am Sonntag (08.09.2019) geht es nach der üblichen Morgenroutine zum Bazar Dina. Dort suchen wir uns eine Werkstatt, dessen Meister sich Schrotti nach seiner Mittagspause mal anschauen will. Bis dahin sollen wir neue Kreuzgelenke organisieren. Gesagt getan. Ein paar Rinderknochen und etwas Kontaktspray findet sich auch und so nutze ich die Zeit für die Durchsicht unserer hinteren Lichtanlage, während sich Rango über seine Leckereien hermacht. Bis der Werkstattmeister wieder da ist, funktionieren zumindest beide Blinker wieder und auch das Rücklicht brennt wie es soll. Nur das Bremslicht will lediglich auf einer Seite leuchten. Dann wird Schrotti aufgebockt und nach Demontage des rechten Vorderrades wird klar, das Geräusch kommt vom dortigen Radlager. Wir organisieren also ein Neues und geben unsere Kreuzgelenke wieder zurück. Wir bräuchten auch neue Bremsbacken, können aber auf dem ganzen Markt keine auftreiben. So müssen die alten noch eine Weile ihren Dienst tuen. Nachdem Schrotti wieder beide Räder an Ort und Stelle hat, wird der Auspuff befestigt (eine Halterung hatte sich gelöst) und ein Hinterrad (die Drahtinnereien schauten schon raus) durch das Ersatzrad ersetzt, bevor die Kiste wieder auf die Straße gestellt wird. Wir wollen am nächsten Tag versuchen, auf einem anderen Markt in der Stadt Bremsbacken aufzutreiben und lassen unsere alte Batterie zum Aufladen in der Werkstatt zurück. Dann geht es wieder an unseren Lagerplatz am Ural. Auf dem Weg dorthin fährt uns in einem Kreisverkehr ein Kasache in die Tür auf der hinteren Beifahrerseite. Hier haben wohl die Autos Vorfahrt, die von außerhalb in den Kreisverkehr einfahren. Der Mann will trotz der Daten von unserem Versicherungsschein Geld. Haben wir erstmal Keines. Wir warten. Mit der Zeit verringert sich das Handgeld von 50000 Tenge auf 5000 Tenge (etwa 10 €). Ich denke wir wären auch ohne Bezahlen aus der Nummer rausgekommen, entscheiden aber den Zehner abzugeben, zumindest eine Teilschuld ist nicht ganz von der Hand zu weisen. So beule ich am Ural unsere Tür aus, während Markus sich ums Abendbrot kümmert. So geht der nächste erlebnisreiche Tag in Kasachstan seinem Ende entgegen.

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