Veröffentlicht: 03.08.2020
Am Morgen streiten strömender und leichter Regen darum, den Tag beherrschen zu dürfen. Der Strömende scheint zu gewinnen. REGENTAG.
Unsere herzlichen Gastgeber vom Woerthbauer in Struden haben Mitleid mit uns und dem netten Ehepaar aus Lüneburg, die ebenfalls mit den Rädern unterwegs nach Wien sind. Daher vertrauen sie uns das Geheimnis vom Radtramper an. Der Bus mit Fahrradanhänger für die, die keinen Bock auf „durchnässt bis auf die Knochen“ haben.
Da sämtliche Wettkämpfe inkl. Olympische Spiele abgesagt wurden und wir daher keinen erhöhten Trainingsbedarf haben und gar niemandem beweisen müssen, wie hart wir sind, beschließen wir, dass wir uns gerne 70 km in den Bus setzen und nur 30 km der heutigen Etappe selbst fahren.
Fast eine Stunde vor der Abfahrt sind wir an der Haltestelle, damit er uns auch wirklich mitnimmt, man müsse nicht reservieren, nur rechtzeitig dort sein, hatten sie gesagt. Von den 4 Kilometern bis zur Haltestelle sind wir quasi schon mal nass. Zum Glück ist es nicht kalt. Mit uns kommt eine Gruppe von 8 Leuten an dem kleinen Wartehäuschen an, sie werden mit einem Sprinter angeliefert, die Fahrräder laden sie vom Hänger ab, alle packen sich in Regencapes, Tüten um die Schuhe und unter Regenschirme. Wichtig für sie ist, dass sie ihre Fahrräder ins Trockene stellen und selbst die Bank im Trockenen belagern. Räder, die vorher und nachher im Regen auf dem Anhänger stehen, sind nun also unter Dach. Andere Radfahrer stehen im Regen. Ich glaube, sie merken es nicht mal.
Immer mehr Radler kommen und wir hoffen, es gibt viel Platz im Bus! Endlich! Da kommt er! Oh, das könnte eng werden für alle. Kaum ist der Fahrer am Anhänger, um die Räder im strömenden Regen aufzuladen, drängeln natürlich alle nach vorn, um sich einen Platz zu sichern. Die Stimmung ähnelt ein bisschen der, von donnerstags morgens um 8 bei Aldi wenn es Kinderkleidung gibt oder damals als LIDL zum ersten Mal Reithosen verkauft hat.
Also egal, der Fahrer erkennt den Ernst der Lage und ruft nur panisch „wohin?“ um die Reihenfolge festzulegen, in der er die Räder auflädt. Alles redet durcheinander, nicht jeder versteht seine Sprache, eine panische Frau will, dass er mit ihrem Handy spricht, er steht im T-Shirt da und will einfach nur Räder laden und zurück in seinen trockenen Bus. Irgendwann stellen auch die, die nicht deutsch sprechen fest, dass „ja“ die universelle Antwort auf alles ist. „Fahren Melk?“ „ja“ „Fahren Krems?“ „ja“ „reservieren?“ „ja“. auch ja, alle rufen ja, ich glaube, kein Mensch hat reserviert und schließlich sitzen alle im Bus und alle Fahrräder sind (zwar in der falschen Reihenfolge) auf dem Anhänger. Ist doch egal, Hauptsache nicht selber radeln.
Wir sind froh, denn unsere ersten 23 km wären eh eine blöde Passage gewesen: auf dem Seitenstreifen der Bundesstraße - ohne Regen nur blöd und gefährlich, mit Regen dazu auch noch mit viel Spritzwasser.
Der Bus bringt uns bis Krems. Wir packen wieder alles auf die Räder und wollen erst mal noch in der Stadt essen, da man davon ausgeht, dass der Strömende in der nächsten Stunde nun doch verliert.
Gerne würde ich (Petra) eine spektakuläre Geschichte von einem Fahrradsturz erzählen: in etwa so....die Räder vollständig gepackt kommen wie aus dem Nichts 1 Nashorn, 3 Elefanten und 2 Giraffen unvermittelt von rechts auf uns zu gerannt- keine Chance auszuweichen stoßen die Tiere mich zu Boden.....oder so.....geistesgegenwärtig stelle ich mich und mein Fahrrad waghalsig direkt in den Weg von 4 flüchtigen Bankräubern....oder vielleicht auch so.... ich fahre friedlich Richtung Kremser Zentrum, da rammen mich Außerirdische mit Ihrem RAUMSCHIFF beim Landeanflug auf Krems und werfen mich brutal zu Boden.
Mist, die Realität ist leider völlig unspektakulär: aus bisher ungeklärter Ursache, falle ich stehend mit dem Rad um. Handgelenk und Knie AUA, jedoch nicht schlimm. Die örtliche Apotheke versorgt uns mit Pillen und Salben. Ein Cappuccino und ein belegtes Brötchen schaffen die ersten Bedenken an Amputation oder lebensbeeinträchtigende Behinderungen bei Seite. Nach dem Imbiss verschwindet der Regen komplett und wir radeln die letzten 25km auf einem schönen Streckenabschnitt zu unserem heutigen Quartier, dem Aprico in Traismauer.
Angekommen, genießen wir einen Kaffee, dazu ein Eis. Der Badesee ist heute aufgrund des Regenwetters kaum besucht, eine tolle Location mit großem Außenbereich. Zum Abendessen gibt es Lendchen mit RAHMSAUCE.