Salam ya Amman
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RISE Talent Contest

Veröffentlicht: 20.11.2019

Samstag, 16. November

8 am. Heute Morgen friere ich zum ersten Mal beim Joggen. Es ist ein bisschen so, als wäre der Sommer durch den langen Regenschauer gestern innerhalb von einem Tag weggespült worden. Ich schaffe es gerade noch so, trocken wieder zu Hause anzukommen, als dann auch schon der Regen zusammen mit einem Gewitter zurückkommt.

Während ich zusammen mit Lea und Rebecca frühstücke, beschließe ich, den Hocharabisch-Kurs samstags erst Mal ruhen zu lassen. Die assignments und Gruppenaufgaben für die mid-terms wachsen mir so langsam über den Kopf, und ich kann meine Samstage derzeit wirklich gut für Uni-Stuff gebrauchen. Bei ungemütlichem Wetter draußen machen wir es uns also alle an unterschiedlichen Orten in unserer Wohnung gemütlich und widmen unsere freie Zeit den mid-term assignments.

Und die Zeit verfliegt wirklich wie im Flug – im Handumdrehen ist es schon 18 Uhr, und wir hatten eigentlich geplant, noch zu einer talent show zu gehen. Der RISE Talent Contest in Amman wurde im letzten Jahr ins Leben gerufen, mit dem Ziel, junge Talente in Jordanien und deren Kreativität zu fördern und zu unterstützen. In vier Kategorien treten junge Leute zwischen 18 und 28 Jahren auf: Musik, Gesang, Tanz und Kunst. Gewinner jeder Kategorie erwartet ein Gutschein für Musik- oder Kunstunterricht im Wert von 500 JD.

Um 4 Uhr hat die talent show angefangen, und wir sind natürlich viel zu spät an. Es ist schon etwa halb 7, als wir das Al Hussein Cultural Centre erreichen. Es ist ein riesiger, neuer Gebäudekomplex in der Nähe des Friday Markets, die weitläufige Lobby mit hohen Decken, die wir nun betreten, beeindruckend. Der Contest findet in einem großen Theatersaal im Keller statt. Mubarak wartet dort schon seit etwa einer Stunde auf uns, ist allerdings nicht sonderlich über unser Zuspätkommen überrascht. Zu Leas Freude kommen wir gerade passend zu den Tanz-acts. Wir sehen zunächst eine Gruppe, die k-pop tanzt, danach ein Solo-Tänzer. Er kommt aus Syrien, nennt sich „Sky“, und tanzt Contemporary. Wunderschön und unheimlich berührend.

Dann ist die Vorstellung auch schon vorbei – wir kamen gerade noch rechtzeitig, um die letzten zwei acts zu sehen. Sehr schade zwar, aber alleine für diese beiden Auftritte hat es sich schon gelohnt. Wir merken in der Pause dann, dass Amman in manchen Hinsichten wirklich ein Dorf ist. Mubarak, der selbst Theater spielt und sich in der Hip-Hop- und Tänzer-Szene Ammans bewegt, kennt fast alle Tänzer und Musiker, die hier heute aufgetreten sind (unter anderem auch Sky, der gerade noch auf der Bühne stand), und auch Lea kennt schon einige Gesichter von einem Hip-Hop-Event, auf dem sie letzte Woche war. Und die Jungs machen auch jetzt in der Pause noch Stimmung: aus dem Nichts bildet sich ein jam circle, und die Tänzer geben ihre Hip-Hop- und Breakdance-Moves zum Besten. Einfach alle hier strahlen eine wundervolle Lebensfreude aus.

Nach der Pause, die Siegerehrung. Der Gewinner in der Kategorie Tanz: Saleem, ein weiterer Freund von Mubarak, der auch mit ihm Theater spielt. Seinen Tanz-Auftritt mit einer Handpuppe haben wir leider verpasst, aber vielleicht kommen wir ja noch irgendwann anders in der nächsten Zeit in den Genuss seiner performance. Mubarak lädt uns nun noch zu sich zu Hause ein, und ich verbringe noch ein wenig Zeit dort mit ihm, Rebecca, Lea und Sky, bevor ich mich dann auf den Weg nach Hause mache. Ich habe heute noch einige Aufgaben zu erledigen.

Unter anderem: Kuchen backen. Dr. Amina, unsere Tarabot-Managerin, war für eine Woche auf Geschäftsreise in Taiwan, und soll morgen mit einem großen Frühstück wieder bei Tarabot begrüßt werden. Wie alle anderen möchte ich auch etwas zum Frühstück beisteuern, und einen Kokos-Blechkuchen backen. Einen XXL-Blechkuchen, wie ich mittags schon festgestellt habe, da es für unseren übertrieben großen Backofen nur ein einziges Blech gibt, das einen Meter lang ist. 

Als ich also anfange, mit einem Kilo Mehl und fast einem Kilo Zucker den Teig zuzubereiten, merke ich dann, dass es unserer riesigen Küche leider nicht nur an Backblechen mangelt: es gibt kein Rührgerät oder Mixstab, nicht einmal einen Schneebesen. Rebecca und Lea müssen sich kurz krümmen vor Lachen, als sie später zu mir in die Küche stoßen und sehen, dass ich mir den kleinen Milchschäumer bereitgelegt habe, den wir Rebecca zum Geburtstag geschenkt haben. Ein bisschen Kreativität ist doch alles.

Mit Milchschäumer, Gabel, Löffel und viel Muskelkraft bringe ich aber einen ganz passablen Teig zustande und nach ein paar Anfangsschwierigkeiten bekommen wir auch noch den Gasofen zum Laufen. Ich bin am Ende doch überrascht, dass der Kuchen unter gegebenen Bedingungen fast so aussieht, wie ich es mir vorgestellt habe. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.


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