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Von Kindgottheiten und diebischen Affen

Veröffentlicht: 27.03.2024

Den zweiten Tag -an das pulsierend-geschäftige Treiben aklimatisiert- lernen wir die Stadt zusammen mit einem Fahrer und einem Guide aus der Perspektive der motorisierten Verkehrsteilnehmer kennen und wir können uns von der am Vortag erlebten Überreizung an verkehrstechnisch bedingten Sinneseindrücken erholen und ganz auf kulturelle Aspekte dieser Stadt fokussieren.

Swayambhunath-Stupa - auch genannt der Tempel der Affen

Nach einer ca. 20-minütigen Autofahrt kommen wir am Fuße der Tempelanlage im Westen der Stadt an. Die Swayambhunath-Stupa gilt als eine der ältesten Tempelanlagen der Welt (die inneren Bauten sind ca. 2500 Jahr alt). 365 Stufen aufwärts und 20 Minuten später begegnen wir hier vielen Menschen, meditierenden Lamas, opferdarbringenden Gläubigen, unzähligen und teilweise aggressiven Affen (die gerne auch Mobiltelefone unachtsamer Touristen entwenden), herrenlosen Hunden und Tauben, die das riesige Areal rund um die Stupa säumen. Dabei scheinen Menschen und Tiere absolut gleichberechtigt in ihrem Dasein an diesem Ort zu sein.

Dieser magisch wirkende Ort offenbart sich als ein ein Spiegel der buddhistischen Philosophie, nach deren Überzeugung Tiere -ebenso wie Menschen- fühlende Wesen sind und Glück erreichen und Leid vermeiden möchten. 

Begleitet wird diese spirituelle Stimmung von einem dezent geschäftigen Treiben, bei dem allerlei Kommerz von Klangschalen bis hin zu Kokosnüssen an den Mann und die Frau gebracht wird.

Leider bleibt uns ein ungetrübter Blick auf die Stadt -einerseits bedingt durch die Witterung, anderseits durch den aufziehenden Smog- verwehrt an diesem Tag. 


Patan Durbar Square

An diesem Ort begegnen wir  Palästen und Tempeln, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert erbaut wurden sowie Märkten des nepalesischen Alltagslebens. Ganz anders als im touristischen Stadtteil Thamel, in dem man sich mit touristischem Krismkrams, Treckingausrüstungen und Sauerstoff für die Besteigung von Achttausendern eindecken kann, gibt es hier Alltagswaren für die Einheimischen. 

Bei der der Besichtigung des Königspalastes begegnen wir den architektonischen und historischen Zeugnissen der ehemaligen Monarchie und informieren uns in einem Streifzug zur politischen Geschichte Nepals von der Monarchie hin zur Demokratischen Republik, die 2008 ausgerufen wurde.

Palast der Kumari

Bisher hörte ich von den Kindgottheiten im Hinduismus nur aus Reportagen und Dokumentationen. Heute ist es uns zufällig gegönnt, der inkarnierten Göttin in Form der Kindgöttin leibhaftig zu begegnen - sehr gutes Karma würde ich sagen.

Wir betreten den Palast von Kumari (der Kindgöttin). Ein dreistöckiges Gebäude mit großem, quadratischen Innenhof und großen Fenstern. An der Stirnseite fällt uns ein Mann auf, der mit strengem Blick aus dem geöffneten Fenster auf die unten versammelten Gläubigen blickt. 

Unser Guide erzählt uns, dass das Mädchen -die Inkarnation der Gottheit Taleju anhand von 32 körperlichen Merkmalen bereits im Alter von 2-4 Jahren zur Gottheit ernannt wird und dies bis zum Einsetzen der 1. Menstruation bleibt. 

Diese Kind-Gottheit darf den Palast nicht verlassen, darf keine sozialen Kontakte zu Gleichaltrigen führen und wird von Privatlehrern in ihrem Palast unterrichtet. Keine leichte Aufgabe für Lehrer, da Kumari immer Recht hat und ihr nicht widersprochen werden darf. Mit Eintreten der Pubertät verliert sie ihren Göttinnen-Status und kehrt -oft mit schwerwiegenden psychologischen und physischen Folgen- ins normale Leben zurück. Laut Aussage unseres Guides zeigt sich Kamari nur, wenn sie es möchte den Gläubigen. 

Auf einmal ertönt eine eindeutige Ansage des Mannes am Fenster mit klaren Hinweisen auf das Verbot zu fotografieren. Plötzlich wird still im Innenhof, alle darin versammelten Menschen -einschließlich uns- blicken nach oben und nach wenigen Sekunden erscheint ein geschminktes Mädchen mit starrem Gesichtsausdruck und ohne jegliche emotionale Regung am Fenster. Zugleich verfallen alle Gläubigen wie in Schockstarre und nehmen eine devot-betende Haltung ein. Ehe wir die Situation richtig erfassen können, verschwindet das Mädchen auch schon wieder. Beim Verfassen dieses Textes assoziiere ich mit diesem beeindruckenden Erlebnis das Erscheinen des Papstes am Fenster des 5. Stockes des Vatikans beim sonntäglichen Angelusgebet. Für mich ein Zeichen dafür, dass es in unserer menschlichen Natur liegt, empfänglich für spirituelle Weisungsgeber zu sein.

Zusammenfassend sei erwähnt, dass wir in diesem Viertel einer Fusion von hinduistischer und buddhistischer Kultur und Architektur begegnen und sich hier zeigt, dass ein friedliches Zusammenleben ohne jeglichen Clash of Cultures möglich ist. 


Boudhanath-Stupa

Als letzte bereichernde Erfahrung stellen wir fest, dass es auch weibliche buddhistische Mönche gibt.

Wir befinden uns auf einem riesigen Rondell, welches die imposante Boudhanath Stupa einfasst. Viele orange gekleidete Menschen begegnen uns -Männer und Frauen- teilweise mit orangen Sonnenhüten zum passend farbigen Gewand. Nicht wirklich verwunderlich an einer heiligen Stätte. Allerdings fallen uns auch Senioren auf, die ganz anders gewandet sind, als wir es bisher gesehen haben. 

Die Antwort darauf erhalten wir beim Abstecher zu einem kleinen Kloster. Hier begegnen wir erneut älteren Menschen, die diesmal jedoch in grau-rot gekleidet sind. Es stellt sich heraus, dass hier viele Exiltibeter leben, die vor Jahrzehnten aus ihrer Heimat geflohen sind. Sie leben in Nepal, ohne jegliche rechtliche Grundlage. Hier hilft wohl leider nur beten, um den Alltag bestreiten zu können. 

Beim weiteren Umrunden der Stupa lassen wir die Informationen erst einmal sacken - es bleibt ja noch Google, um tiefer in die politische Materie einzutauchen. 

Nach den gewonnenen Eindrücken werden wir durch das Verkehrschaos zurück ins Hotel chauffiert, um früh ins Bett zu gehen, da wir morgen um 6 Uhr abgeholt werden und es um 9 Uhr mit dem Flugzeug nach Paro in Bhutan geht.




Antworten (1)

Birgit W.
Ein erlebnisreicher Tag sag ich mal. Sehr schön. Guten Flug nach Buthan! Das Photo vom Mount E. ist sensationell , mir läuft ein.Schauer den Rücken herunter.💥