Veröffentlicht: 22.04.2018
Unser Weg soll uns eigentlich weiter nach Norden führen, aber für einen Ausflug in den Colcacanyon nehmen wir uns noch einmal zwei Tage Zeit um eine Schleife zu fahren. Der Rio Colca hat in Jahrmillionen eine 100 km lange Schlucht gegraben, die von der tiefsten Stelle bis zum höchsten Gipfel 3.400 Meter mißt. Das Colca Tal ist das wichtigste Anbaugebiet in Peru, seit Hunderten von Jahren werden hier Mais, Bohnen, Kartoffeln und Obst auf Terassen aus der Inkazeit angebaut. Wir wollen hier aber vor Allem die größte Raubvögel der Welt, die Condore sehen, die im Colcatal ihre Jungen aufziehen. Wir genießen die Fahrt durch die beeindruckende Landschaft, sehen Guankos, die wir schon aus Patagonien kennen, aber auch Lamas, Alpakas und die seltenen Vicuñas. Wir lassen uns Zeit und bestaunen diese unglaubliche Natur. Tief unten fließt der Rio Colca, aus der Schlucht erwachsen die dunkelgrünen terrassierten Hänge und gehen in felsige Gipfel über. Trotz Cocatee merken wir die Höhe sehr unangenehm, als wir den Patapampapass mit 4.910 Höhenmeter erreichen. Aber das Panorama entschädigt für Atemnot und Schwindelgefühl. Wir übernachten in dem Andendörfchen Yanque in dem winzigen Hof eines kleinen Hostels. Wir sind die einzigen Gäste und die Wirtin macht uns ein Abendessen aus Alpakafleisch, Salat und einer ganze Kanne Chicha Morada, einem Getränk aus Purpurmais, Zucker und Fruchtsaft. Am nächsten Morgen fahren wir schon um 7:00 h vom Hof, da wir rechtzeitig am Cruz del Condor sein wollen, um die Condore aufsteigen zu sehen. Das wollen natürlich auch die Tagesttouristen aus Arequipa, die um 4:00 h morgens losgefahren sind, so dass eine Menge los ist auf der engen Straße. Wie immer staunen wir über die rasante Geschwindigkeit und die riskanten Überholmanöver der Minibusse auf den engen, kurvigen Straßen, die oft ohne Leitplanken direkt am Abgrund entlang führen. Wir fahren langsam, kommen aber trotzdem rechtzeitig zum Mirador, um ungefähr ein Duzend der gewaltigen Vögel aufsteigen zu sehen. Wir verbringen viel Zeit dort und trotz der vielen Touristen ist es ruhig, fast andächtig. Ein einmaliges Erlebnis.
Genau eine Woche später verunglückt einer der Minibusse auf dieser Strecke und sieben Menschen sterben. Am nächsten Tag stürzt ein weiterer Bus ab, zwei deutsche Touristen sterben, 12 weitere Menschen werden verletzt. Auch das wird leider immer eine Erinnerung an das Colcatal sein.
Über Schotterstrecken geht es wieder abwärts Richtung Pazifik. Montezumas Rache schlägt mal wieder zu und nach einer Nacht ohne WC an einer nebligen Strandpromenade fahren wir zügig zu einem Campingplatz, den uns ein nettes bayrisches Paar in Arequipa empfohlen hat. Von der Küstenstraße geht es zwei Kilometer Holperstrecke tief nach unten. Direkt am Meer in einer kleinen Bucht steht ein kleines Hotel, bei dem auch Camper willkommen sind. In Puerto Inka stehen wir direkt am felsigen Strand, sehen auf die tosende Brandung und auf alte Inkaruinen hoch in den Felsen. Ein traumhaft schöner Platz, gerade richtig, um sich etwas auszukurieren und zu erholen. Dummerweise haben wir kaum noch Lebensmittel; Kekse, Nudeln, Milch und Wasser...das war es. Und keine von uns fühlt sich fit genug, in die nächste Stadt zu fahren. Als wir noch über eine Lösung des Problems grübeln, fährt der bayrische Camper neben uns an den Strand. Sven ist für 2 Wochen Strohwitwer, seine Frau ist in Costs Rica und er will am Strand ausspannen. Er hat Vorräte für zwei Wochen eingekauft und wird sie brüderlich mit uns teilen. Aber zuerst schenkt er uns eine Rolle Kleenex mit Vanilleduft...ein Geschenk dessen Größe und Bedeutung nur ermessen kann, wer das südamerikanische "Papel de Hygienico" kennt. Wir verbringen drei ruhige Tage hier, schauen aufs Meer, spazieren mal zu Festung hoch, knabbern tagsüber unsere Kekse und lassen uns abends lecker von Sven bekochen. Wir werden braun wie die Hasenüsse und nach drei Tagen fühlen wir uns so gut, dass wir uns auf den Weg Richtung Nasca machen. Vielen Dank Sven, wir sehen uns in München oder vielleicht in Griechenland?
In Nasca sind unsere Mägen dann doch noch nicht so wiederhergestellt, dass wir uns in eines dieser winzigen, wackeligen Flugzeuge trauen und wir begnügen uns mit dem Blick auf die Linien von einem Aussichtsturm. Auf dem Turm spricht uns mal wieder jemand auf unser Auto an, diesmal ist es ein Reporter vom Deutschlandfunk und schwupps haben wir ein Mirko unter der Nase. Wir hoffen wir haben nicht allzu viel Unsinn erzählt. Also falls es jemand zufällig hört...wir waren noch krank und außer Atem vom Treppensteigen und völlig überrascht sowieso....
Nach Nasca geht es für uns wieder hoch in die Anden, unser nächstes Ziel ist das Valle Sagrado, das Heilige Tal der Inka. Die Strecke durch die Anden ist schön, aber vor Allem anstrengend. In der ersten Nacht schlafen wir an einer Mautstation in 4.300 Meter Höhe. Die Höhe macht uns schwer zu schaffen und Montezumas Rache ist mit voller Wucht zurückgekehrt. Es friert draußen und die ganz Nacht über fahren LKW über die Stopper vor dem Kassenhaus, halten, bezahlen und fahren wieder an. Ziemlich weit vorne beim Wettstreit um die unruhigste Nacht der ganzen Tour. Um sechs Uhr katzen wir das Auto frei, fahren weiter und bereits nach ein paar Stunden ist es 30 Grad heiss und schwül. Neben uns wachsen Palmen und Bananenstauden. Wir übernachten an einer kleinen Tankstelle, hier ist es wenigstens still. Am dritten Tag kommen wir endlich im Valle Sagrado an. Für die 700 Kilometer haben wir 2,5 Tage gebraucht, haben drei Pässe mit mehr als 4.000 Höhenmetern überquert und niemals zuvor sind wir so viele Haarnadelkurven hintereinander gefahren. Wir sind geschafft!