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Strassenverkehr

Veröffentlicht: 09.05.2017

Erster Schultag meiner letzten Woche. Erfreulich ist die neue Situation, dass ich mit Jessica, einer Schweizerin (wie die meisten Studis im Moment, nämlich 4 von 6) die Schulbank drücke. Natürlich ist Einzelunterricht sehr gut, aber zu zweit ist es nicht weniger intensiv und es gibt einem ein bisschen mehr Zeit zu reflektieren. Ist nämlich auch gut.
Aber zur Schule möchte ich nicht weiter ausholen.

Was mich in Städten immer wieder fasziniert ist der Strassenverkehr und besonders die Herausforderung, sich darin als Fussgänger zu bewegen. Natürlich mit Bedacht auf Sicherheit, aber ... trotzdem zügig und durchaus nicht so geordnet und regelkonform wie in der Schweiz. In Neapel den Corso Umberto I überqueren oder in Rom die Via Quattro Novembre oder eben in Quito die Avenuda de los Shyris oder sonst eine mehrspurige Strasse, ohne dass man auf die Fussgängerampel achtet oder halt irgendwo dazwischen, wo gar keine ist: Das ist spannend und erfordert gutes Einschätzungsvermögen. Ich liebe es. 

Ich glaube, überall auf der Welt tun die Leute das, nur nicht bei uns in der Schweiz, oder sagen wir mal in Mittel- und Nordeuropa. Da kommt mir in den Sinn, dass sich bei uns in Altstätten die Behörden ernsthafte Sorgen machen um den Status der Trogenerstrasse zwischen Rathaus und Beck Rist. Immer wieder würden da Leute die Strasse überqueren, ohne den Füssgängerstreife zu benützen. Was für einen Status soll man denn nun der Strasse geben, damit das Ganze seine Ordnung hat? 
Diese Sorgen haben sie hier nicht.

Ich musste heute in die Mitte eines Kreisels, zwecks Bergung eines dort versteckten Caches. Der Kreisel war vierspurig. Was ist in so einem Fall zu tun? 
Schauen, beobachten, wie sich der Verkehr bewegt. Da dieser Kreisel mit Ampeln gesteuert war, ergab sich ein immer gleicher Ablauf. Und so war es ein Leichtes, bei der zweiten Wiederholung mitten durch die wartende Automeute zu spazieren und in der Mtte diesen Cache zu suchen. Ein schneller Fund und wieder raus aus dem Kreisel, nachdem noch ein, zwei Fotos geknipst waren.

Vor Tagen habe ich beobachtet, wie eine Frau an einer stark frequentierten Strasse an der Ampel wartete und immer wieder, wenn die Autos warten mussten, zwischen diesen durchspazierte und Äpfel und Mandarinen anbot. 8 Stück ein Dollar der Preis. Das wäre nun nicht wirklich ungewöhnlich, denn das geschieht hier tausendfach mit allen möglichen Produkten. Aber: Am Rande der Strasse, einen Meter von den Reifen der wartenden Autos entfernt, sass ihr kleiner Sohn. Etwa zwei Jahre alt schätzungsweise. Mit einer Windel bestückt. Da war eine Art Sitzbank und da drauf ein paar schmuddelige Stofftücher mit irgendwas zum Spielen. Nicht viel, irgend ein Plastikauto oder so. Da vergnügte sich der Kleine, ohne auf die Idee zu kommen, sich in Richtung Strasse zu bewegen. Auf die Sekunde genau war die Mama weg von der Strasse, die Ampel wurde grün und die Autos rauschten davon. Die Mutter war sogar häufig in dieser Grünphase der Autos gar nicht beim Kind, sondern auf dem Mittelstreifen, drei Fahrspuren von ihrem Kind entfernt. Was für ein Gottvertrauen, beziehungsweise was für eine sonnenklare Sache für das Kind, welches hunderprozentig noch nicht in der Vernunftsphase seiner Entwicklung steckte. Ich konnte nur staunen.

Generell sieht man allerlei Leute die Wartephase der Autos ausnützen. Manche verkaufen Früchte, andere Zahnbürsten oder Süssigkeiten. Auch Zeitungen werden angeboten, sonntags. Viele aber produzieren sich, präsentieren was, machen eine Vorführung. Jongleure sieht man häufig. Etwas weniger häufig Feuerspeier. Und das Verrückteste, was ich gesehen habe war ein Mann, welcher bei Rot im Nu ein Seil vor den drei Spuren gespannt hatte, sich hochhievte und auf Seiltänzer machte, zusätzlich mit drei brennenden Fackeln jonglierend. Seine Frau und seine Tochter assistierten ihm dabei, denn sie mussten immer wieder die Fackeln neu tränken, während er dafür sorgte, dass das Seil bei Grün am Boden lag und die Autos darüber weg fahren konnten. Da durfte nix schiefgehen. Man stelle sich einen Töfffahrer vor, der nach vorne prescht ...

Ich habe ein Foto gemacht und dieser Familie dann anschliessend eine Münze in den Hut gelegt. Dazu musste ich allerdings auf den Mittelstreifen, zwischen den Autos hindurch.
Kein Problem!

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