Veröffentlicht: 03.07.2016
Strecke: Bukarest-Ruse-Varna
Der Abschied von Bukarest fiel mir leicht; ich mochte diese Stadt überhaupt nicht. Der Abschied von Joe, dem schwarzen Engländer, fiel mir dafür umso schwerer. Mit seiner wahnsinnigen Lockerheit und seinem unerschütterlichen Optimismus ist er mir wirklich ans Herz gewachsen. Er will unbedingt die Schweiz besuchen und verspricht mir, sich bei mir zu melden wenn es soweit ist. Ich lud ihn auch zu meiner Hochzeit ein, falls es jemals so weit sein sollte. (Für ihn ist klar, dass es dazu kommen wird, schliesslich ist sein Lieblingssatz "It's gonna be alright, bro"). Ich bin froh, wieder eine neue tolle Freundschaft geschlossen zu haben.
Am Bahnhof von Bukarest folgte dann eine Überraschung. Ich suchte den Zug nach Sofia, auf dem Bahnsteig stand aber nur ein einzelner Wagen mit einer Lok. Aber das war tatsächlich der Zug nach Sofia, übrigens der einzige Zug der Bukarest in Richtung Bulgarien verlässt. Der Wagen war recht alt, dafür machten die Sitze einen ziemlich neuen Eindruck. Die vorherrschende Sprache im Zug war englisch; 90% der Passagiere schienen Backpacker zu sein. Das ist durchaus logisch; sind doch Züge auf dem Balkan (aber auch beispielsweise in Irland) langsamer und teuer als Busse. In Giurgiu hielt der Zug 45 Minuten, wegen der Passkontrolle. Während den Kontrollen lernte ich Hyemin kennen. Eine Koreanerin, die seit 3 Jahren durch Europa reist. Sie lernt seit 4 Monaten deutsch und kann es bereits so gut, um sich mit mir zu unterhalten. Ich habe grossen Respekt vor ihr. Sie wollte in Ruse auch nach Varna umsteigen.
In Ruse schlossen wir schliesslich noch Bekanntschaft mit der mexikanischen Backpackerin Ivsem. Den Zug verpassten wir wegen erneuten Passkontrollen beinahe, aber glücklicherweise wartete der Zug auf Anweisung des Grenzwächters.
Die Zugreise von Ruse nach Varna war traumhaft. Wir besetzten zu dritt ein Abteil, in dem alten (deutschen) Waggon, öffneten ein Fenster und genossen die vorbeiziehende Landschaft des Balkangebirges. Die Landschaft ist einfach nur wahnsinnig schön. Währenddessen erzählte mir Hyemin von Varna (es ist dritter Besuch dort) und ihren Reisen durch Europa und Staaten wie Moldawien oder die Ukraine. Soe hat praktisch schon alles in Europa schon gesehen; von Tscherbobyl bis Auschwitz. Sie ist 32 und arbeitete in Korea bevor ihr das zu langweilig wurde. Nun reist sie durch Europa und wenn ihr das Geld ausgeht arbeitet sie für ein paar Monate in einem Hostel.
Kurz vor 20 Uhr kamen wir nach acht Stunden Fahrt in Varna an. Wir beschlossen uns morgen am Strand zu treffen und gingen getrennte Wege.
Darauf folgte der erste Kulturschock. In Bulgarien wird tatsächlich kirylilisch geschrieben. Ich ass für gerade mal 6 Bulgarische Lei (~1 Franken) in einem Restaurant zu Abend (nachdem ich einfach irgendein Produkt mit Bildern bestellt hatte; Erfahrung aus China) und mache mich danach mit dem Bus auf den Weg zu meinem Hostel welches auf halbem Wege zwischen Varna und dem legendären Goldstrand befindet. Während der Fahrt schloss ich Bekanntschaft mit einer älterern deutschen Mutter, die hier Badeferien mit ihrem Sohn macht. Sie erzählte mir von den Reisen ihres Neffen (von Shanghai nach Hannover mit dem Zug) und sagte mir wo die schönsten Strände hier sind. Um 22 Uhr kam ich schliesslich im X-Party-Hostel an. Ich bin momentan tatsächlich der einzige Gast, dieses berühmten Hostels. Lorenzo, einer der zwei Mitarbeiter klärte mich auf: Die Filiale in Alicante sei berühmt, nicht jede Filiale. Aber das Hostel macht einen guten Eindruck und wir schauten zu dritt noch einen Film und tranken ein Bier zusammen. Varna scheint toll zu werden.