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Sizilien - Teil 2: Catania und Palermo

Veröffentlicht: 15.05.2018

Catania gehört nicht zu den Städten, die ich als hübsch bezeichnen würde. Es gibt haufenweise Paläste und Kirchen, doch die meisten sehen recht heruntergekommen und vernachlässigt aus. Während meines 6-stündigen Aufenthaltes klappere ich die wichtigsten Bauten ab, verweile auf manchen Plätzen und schaue auf der Via Etnea, einer der Hauptachsen des Zentrums, bei Vorführungen von Kinder-Turngruppen anlässlich eines Wohltätigkeitslaufs zu. Beeindruckend sind nichtsdestotrotz das Teatro Bellini, der Dom, die Festung Ursino und die Kirche San Nicolò mit dem Benediktinerkloster nebenan. Aus römischer Zeit sind Reste eines Amphitheaters, einer Therme und nicht zuletzt des Odeons zu finden, doch die Bauten wurden teilweise stark beschädigt, sodass man viel Fantasie braucht, um sich das einstige Gebäude vorzustellen.

Palermo gefällt mir hingegen richtig gut. Auch wenn in manchen Gegenden Armut und Not nicht zu übersehen sind, wirkt die Stadt auf mich insgesamt gepflegter und weniger hektisch als Catania. Es gibt einige wunderschöne Plätze und idyllische Straßenzüge, die zum Bummeln einladen, zudem trumpft Palermo mit ein paar Bauten auf, die mich begeistern.

Zunächst nehme ich das Teatro Massimo ins Visier, das drittgrößte Theater Europas - zwar nicht was sein Fassungsvermögen, doch zumindest was seine Gesamtkonstruktion betrifft. Es ist gleich ein Volltreffer: Das Haus ist imposant und verspricht einen schönen Saal, den ich natürlich im Rahmen einer Führung besichtige. Im großen Theatersaal angekommen habe ich gerade noch Zeit, ein paar Bilder zu schießen, bevor das Licht im Zuschauerraum wegen der Probe für „Die Hochzeit des Figaro“ abgedreht wird. Die Erklärungen unserer Fremdenführerin zu den Rängen und der Decke des Raumes finden in kompletter Dunkelheit statt. Doch keiner meckert. Danach geht’s zur Kathedrale der Stadt, die mich umhaut. Sie ist so groß, dass sie den ganzen Platz einnimmt, und ich habe Mühe, weit genug nach hinten zurückzuweichen, um den gesamten Bau auf ein Bild zu bekommen. Ich steige auch auf das Dach der Kathedrale hinauf, das eine tolle Aussicht auf das Zentrum bietet.

Nach diesen beiden Highlights laufe ich noch an so vielen hübschen Kirchen, Brunnen und beeindruckenden Palästen vorbei, dass ich es irgendwann aufgebe, mir ihre Namen merken zu wollen.

Zum Schluss stehen noch zwei Dinge an, die mir mein B&B Gastgeber ans Herz gelegt hat: Ich muss die Kirche ohne Dach in der Nähe der Piazza Marina besuchen und an den Strand von Mondello mit weißem Sand und türkisblauem Wasser fahren. Das tue ich doch gern..

Der Besuch der Kirche erfordert zunächst eine großangelegte Suchaktion. Keiner, den ich auf der Piazza Marina frage, hat je von einer Kirche ohne Dach gehört, und manche schauen mich an, als hätte ich nach dem Weg zum Mond gefragt. Das schürt meinen Ehrgeiz, die Kirche zu finden. Ich laufe diverse Straßen rund um den Platz mehrmals ab, entdecke ein Dutzend Kirchen – doch wieso muss jede ein Dach haben? Andererseits sehe ich viele verfallene Häuser, denen das Dach fehlt, und ich bin schon geneigt, eines von diesen zu fotografieren und als Kirche durchgehen zu lassen. Meine Füße schmerzen und ich will an den weißen Strand. Doch dann: Ein sympathischer junger Mann kennt den Weg zur Kirche. Sie soll direkt gegenüber von seinem Restaurant stehen, und ich muss versprechen, nach der Besichtigung bei ihm vorbeizuschauen. In diesem Moment würde ich alles für den Weg zur Kirche ohne Dach versprechen, auch wenn ich bereits weiß, dass der weiße Strand defitiniv dazwischenkommen wird. Und ich finde die Kirche tatsächlich – und sie ist ganz nett.. Ja, sie hat kein Dach, aber es herrscht leider nicht jene Atmosphäre von verlassenen Orten, auf die ich gehofft habe. Schade, aber immerhin weiß ich nun, dass die Kirche S. Maria dello Spasimo heißt (dello Spasimo bedeutet übrigens die Qualenreiche – ich spüre plötzlich meine Füße pochen), aus dem 16. Jahrhundert stammt und nie ein Dach hatte.

Jetzt geht’s aber in Eiltempo zum weißen Strand von Mondello. Die Busfahrt dorthin dauert eine knappe halbe Stunde und bereits während der Anreise wird mir klar, dass ich (wie schon in Athen) ausgerechnet einen Sonntag für meinen Strandbesuch ausgesucht habe. Der Strand ist dementsprechend voll, die Straßen verstopft, zudem ist gar kein richtiges Badewetter. Egal, ich brauche einen schönen Abschluss für meine 3,5-wöchige Reise, spaziere also am Wasser entlang und versuche, die Meeresluft in geheimen Kammern meiner Lunge zu speichern, aus denen ich sie jederzeit wieder abrufen kann. Die Sonne geht unter, ich fahre im vollgestopften Bus wieder nach Palermo zurück und mache es mir in meiner schönen Unterkunft mit Terrasse gemütlich.

Ja, es war eine wunderbare Reise mit vielen tollen Eindrücken, neuen Erfahrungen und langen Aufenthalten an der frischen Luft, eine Reise, die mich an Orte geführt hat, die ich für immer ins Herz geschlossen habe, aber es war auch eine Reise, die zweierlei von mir abverlangt hat: Geduld beim Fotografieren und Ausdauer in den Füßen beim täglichen 12-Stunden-Marsch. Und jetzt freue ich mich auf meine Freunde, auf Vollkornbrot und naturalmente auf mein Ballett-Training... :-)
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