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Pflastertreten vom Feinsten - zwischen Kilts, dem royalen Kahn und den ganz großen Literaten

Veröffentlicht: 29.04.2017

Unser Schlachtplan für heute: eine kurze Runde durch den Hafen Leith drehen, Ida einen ausgiebigen Mittagsschlaf gönnen, danach ein bisschen Bummeln in Old Town, und Abends fit genug für mindestens einen Artikel aus der Geo Epoche sein. So weit die Theorie. 

Tatsächlich ist Ida bereits um 19:00 Uhr auf dem Weg ins Bett und wir halten uns auch nur noch so eben aufrecht. Kein Wunder, sind wir doch heute 11,6 km durch die Stadt getippelt bzw gehüpft und im Sauseschritt um die Wette gerannt. 

Den Hafen mit der Britannia, der königlichen Yacht von Queen Elisabeth, haben wir uns nach einem gemütlichen Frühstück als erstes vorgeknöpft. Für die 2,5 km bis Leith (Stadtteil am Hafen) haben wir allerdings deutlich länger gebraucht als angenommen. Damit Ida auch auf ihre Kosten kommt, haben wir eine längere Spielplatzpause eingelegt. Ist ja auch ihr Urlaub. Der Hafen hat uns alle etwas enttäuscht. Von der Optik wenig ansprechend (komplett ohne Promenade oder ähnliches), dazu nur eine Handvoll Schiffe oder sonstiges Sehenswertes. Die Britannia war uns mit 13 £ Eintritt!!!!!! zu teuer. Irgendwie muss das ganze Brimborium ja finanziert werden. Ganz davon abgesehen, dass uns der royale Kahn ohnehin nicht übermäßig interessiert (spannend fanden wir nur einige der Fakten. Dass zum Beispiel 220 Seeleute mit an Bord waren, wenn die königliche Familie in See gestochen ist). 

Auf dem Rückweg haben Lars und ich einen ordentlichen Stechschritt an den Tag gelegt, über den mein Papi nur staunen konnte. Aber, half alles nichts, 200m vor unserer Haustür ist Ida eingeratzt. War wohl nix mit dem ausgiebigen Mittagsschlaf. Kann man nichts machen, und so hatten wir also auch keine Eile mehr, sind deutlich gemütlicher weitergeschlendert und haben uns dann ein kulinarisches Highlight einverleibt. Fish 'n' Chips, frittiertes Hähnchen und Steak Pie. War nicht so der Hit, aber schon sehr schottisch. 

(Fett, Fett, Fett)

Angeblich frittiert dieses Volk einfach alles: Snickers, Eis, Obst... da waren wir mit dem Klassiker eher konservativ unterwegs. Manfred konnte nach dem Essen erstmal seine Brille putzen, so fettig war die Luft vom ganzen Frittieren. Ida ist zu allem Überfluss im Fettdunst auch zu früh wieder wach geworden. Also auf gen Old Town.

(Ein Lebensmotto!?)
(😆)

Hatten wir bis dato von Edinburgh den Eindruck ein eher verschlafenes Städchen ohne jeglichen Charme zu sein, in dem es vergleichsweise geruhsam zugeht, wurden wir ab der North Bridge (Beginn der Altstadt) eines Besseren belehrt.

Rappelvoll und chaotisch! Mal wurden wir mitgerissen, mal quetschten wir uns durch die Menschenmassen, die auch nicht immer wissen, ob man nun links oder rechts läuft, und haben uns langsam aber sicher den erloschenen Vulkan zur Burg hochgekämpft. 

Edinburgh Castle ist auf einem der unzähligen ehemaligen Vulkane des schottischen Hochlands erbaut. So entstand die wunderschöne Kulisse und Charakteristik dieser Stadt mit seinen vielen Hügeln und Klippen. 

Im übrigen haben wir uns nach wie vor noch nicht wirklich an den Linksverkehr gewöhnt und halten immer mal wieder den Atem an, wenn ein Doppeldecker arg nah und "falsch herum" an unseren Hüten vorbeischießt. 

Hier schnell ein historischer, aber alles andere als staubtrockener, Einschub: heute überquert man einen immensgroßen Bahnhof, wenn man in die Altstadt will. Noch 1780 diente die North Bridge dazu, einen stehenden See aus Exkrementen zu überqueren, der zum Himmel gestunken haben muss. Einfach alle Abfälle aus der völlig überfüllten Stadt wurden dort hineingekippt und sich selbst überlassen. Ein zeitgenössischer Englischer Besucher soll damals gelästert haben, Edinburgh sei die malerischste aller Hauptstädte aus der Ferne, und die widerwärtigste aus der Nähe.

Die Altstadt selbst ist beeindruckend und noch sehr mittelalterlich geprägt. 

Es fällt einem nicht schwer, sich die Zustände von vor einigen hundert Jahren vorzustellen. Die Royal Mile (die Hauptstraße) führt schnurgerade über Kopfsteinpflaster den Hang zum Castle hinauf, vorbei an unzähligen Whiskyläden mit dunklen Fassaden, in denen man sich durchprobieren kann, diversen Möglichkeiten zur Einkehr, und Geschäften voller Tourinäp in alten Sandsteinhäusern. In Vorbereitung auf die Reise hatte ich mich zwar mit der schottischen Landschaft befasst, Edinburgh als Stadt hatte ich während der Recherchen aber ehrlichgesagt etwas ignoriert, so dass ich voller Vorurteile und romantischer Vorstellung etwas enttäuscht war, kein Gälisch und kaum Männer in Kilts anzutreffen. Lars hat völlig zu Recht angemerkt, dass Edinburgh London in keiner Weise nachsteht, außer in punkto Größe vielleicht. Es ist eine geschäftige Hauptstadt, die in der Moderne angekommen ist, mit allem was dazugehört. Sicherlich bedarf es deutlich mehr Tagen und mehr Umwegen durch die Seitenstraßen und der weniger zentralen Stadtteile, um das traditionelle Leben kennenzulernen. Aber dazu fehlt uns leider die Zeit, und Bars und Pubs, in denem man möglicherweise den Zugang zur Kultur über Musik und Konversation findet, sind leider kein Umfeld für eine Zweijährige. 

Dank Ida haben wir aber eines meiner Highlights gefunden. In relativ regelmäßigen Abständen musste ich mit ihr losdüsen eine Toilette finden, da Windeln eindeutig was für kleine Mädchen sind. Auf der Highstreet ein halbwegs akzeptables Klo zu finden, erschien mir unmöglich. Also willkürlich in eine Stichstraße einegbogen und geradewegs auf das Museum der schottischen Schriftsteller zugelaufen. Ein fast verwunschen aussehendes Sandsteingebäude mit Türmchen von 1622.

Kostenfrei und mit sauberem Örtchen. Wunderbar. Mein Papa ist in den Keller geschossen die Ausstellung von Robert Louis Stevenson anschauen, Ida und ich ums Eck, während Lars die in Asphalt eingelassenen Zitate der heimischen Literaten begutachtet hat. 



Nach dieser willkommenen Wanderpause, in der Ida durchaus auch ihren Spaß mit kindertypischer Taubenjagd hatte, ging es weiter zum Schloss hoch. Einen weiteren Stopp an einer Eisbude später, waren wir an der Burg angekommen. Auch hier trifft es das Wort "imposant" sehr gut. Die Festung liegt, wie bereits oben erwähnt, auf dem Kamm eines erloschenen Vulkans mit einer sagenhaften Aussicht. Ein gut gewählter Platz für ein gesichertes Anwesen. Vor sich die Altstadt und hinter, sowie neben sich die Klippen und Abhänge des Berges. 

Auch hier ließen wir die Vernunft sprechen und verzichteten auf einen Besuch der Innenhöfe und Zimmer. Bei 17 £ Eintritt keine so schwierige Entscheidung! Für den Rückweg wählten wir einen anderen Weg als durch die Menschenmenge auf der Royal Mile und wanderten einen schmalen Wanderweg die Klippen hinunter. 

Sehr zu Idas Freude, die sich auf Lars' Schultern vor Lachen kaum noch halten konnte. Warum, blieb jedoch ihr kleines Geheimnis...

Zurück in der Wohnung machten wir uns sofort an das Abendessen, damit Ida nicht wieder erst nach 21 Uhr im Bett liegen müsste.

Um der kleinen Roten auch einen einigermaßen schönen Urlaub zu ermöglichen, der aufgrund der vielen Menschen nicht nur in ihrem Buggy stattfinden muss, entschlossen wir uns, am nächsten Tag mit dem Bus nach Roslin zu fahren und eine kleine Wanderung durchs Grün zu unternehmen. Ida kann laufen und wir werden Landschaft genießen und Fotos machen!

Ob und wie das funktioniert hat, erfahrt ihr nach der nächsten Maus...ähm, im nächsten Beitrag. 


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