Veröffentlicht: 18.07.2023
Wir kommen in Bath an, ich muss sagen, ich habe Sorgen, mich an das Wetter - die Kälte - zu gewöhnen. Irgendwie bin ich am ersten Abend recht deprimiert, nun, da ich die nächsten 10 Tage bei diesem Wetter in England verbringen muss. Aber das tolle Essen am ersten Abend und auch unser schönes Zimmer erhellen meine Stimmung.
Am ersten Tag geht es nach Bath, schnell finden wir einen kostenlosen Parkplatz und wir schlendern zu unserem Treffpunkt für die Walking Tour. Phine und ich sind vom ersten Moment an von Bath begeistert…auch scheint die Sonne.
Eingebettet in die sanfte Hügellandschaft im Südwesten Englands war Bath bereits den Römern ein Begriff. Denn hier konnte man sich wunderbar in den natürlichen Thermalquellen erholen. Die Zeugnisse dieser Zeit zählen heute noch zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt neben dem noch immer sprudelnden ThermalwasserBath liegt zwar nicht direkt am Meer, aber auch nicht weit entfernt. Rund 20 Kilometer sind es bis in die Hafenstadt Bristol. Verbunden sind die beiden Städte auch durch den Fluss Avon. Mit dem Kennet-und-Avon-Kanal gibt es sogar einen Wasserweg zur Themse und damit eine direkte Verbindung nach London
Malerisch gebettet in die Hügelkette der Cotswolds strahlt die Stadt Bath in Honiggelb. Viele der historischen Gebäude sind aus dem gelblich schimmernden Werkstein Bath Stone, der in der Nachbarschaft abgebaut wird. Zwar waren die einzigen heißen Quellen in England wohl schon zur vorrömischen Zeit bekannt, aber erst die Römer machten aus der Stadt Bath eine Art großes Spa. Sie bauten aufwendige römische Bäder und hinterließen auch an anderen Orten der Stadt prunkvolle Gebäude.Unter Elisabeth I. entwickelte sich Bath dann zu einem Kurort für die gehobene britische Klasse. Davon erzählen noch heute viele der vor allem georgianischen geprägten Gebäude der Stadt. Eins der beeindruckendsten Bauwerke dieser Epoche ist das Royal Crescent. Aber auch die alten römischen Bäder lassen sich heute noch bewundern und zählen zu den Hauptattraktionen der Stadt.
Vieles lernen wir während der geführten Tour, anderes erst bei der Audioguidetour in den Römischen Bädern. Wir wünschen uns einen deutschsprachigen Audioguides und der junge Brite erläutert uns auf Deutsch, wie der Guide funktioniert. Also naja, er denkt, er spricht Deutsch. In Wahrheit aber verstehen wir beide kein Wort. Er fragt uns irritiert, warum wir ihn nicht verstehen, denn wir würden ja Deutsch sprechen… Phine und ich schauen uns irritiert an: Ja, wir beide sprechen Deutsch, aber das was du da redest, ist kein Deutsch;) Wir vermuten, dass er einfach Wörter wild aneinandergereiht hat, Wörter, die er mal irgendwo gehört hat.Sei‘s drum.
Bereits in Bath machen wir folgende Feststellung: Man zahlt fast ausschließlich mit Karte/ contactless. Wir sind hier bereits froh, kaum Bargeld zu haben. Übrigens: bis auf einen kurzen Schauer am Nachmittag war es recht trocken. Insgesamt hat uns Bath unheimlich gut gefallen.
Unsere zweite Station liegt weit im Süden, es geht nach Penzance in Cornwall. Die Promenade begeistert uns wenig, es riecht extrem nach Alge und insgesamt fühlen wir uns nicht angesprochen. Auch ist es kalt, und windig und sowieso leide ich ob des Wetters. Nach einem Einkauf bei Lidl verziehen wir uns in unsere kleine, aber feine Unterkunft, denn am nächsten Morgen geht es nach Land‘s End. Auch nutzen wir die Zeit und denken an unsere Esel - Drizzle und Cocoa. Auf dem Weg nach Cornwall haben wir an einem Esel-Sanctuary gehalten und erstmal im Restaurant gegessen, denn es regnete. Nach dem Schauer haben wir das riesige Gelände erkundet, die Esel beobachtet und uns ihrer Niedlichkeit erfreut. Wir können nicht anders und müssen zwei Esel adoptieren, und wir lieben sie jetzt schon. Am nächsten Morgen öffnen wir unsere Augen und trauen diesen nicht: es regnet wie aus Eimern. Ich habe die Schnauze voll, aber Glück, denn zur Mittagszeit klart es auf und wir fahren Richtung Land‘s End.
(Apropos fahren: Phine stellt schnell und während der gesamten Reise fest, dass es an den Leitplanken vor Reifen und toten Tieren verschiedener Coleur nur so wimmelt. Sie kann es kaum ertragen, wir konstatieren, dass man sich hier binnen weniger Meter mit den an der Seite liegenden Teilen schnell ein eigenes Auto oder sogar ein Haus zusammenbasteln könnte. Wir verstehen die Welt nicht mehr.)
Die Fahrt zieht sich, denn es regnet noch immer (hat der Wetterbericht nicht versprochen, dass es ab vormittags nicht mehr regnen soll?) und der Weg dahin ist genauso, wie der Name es verspricht….das Ende des Festlandes. Ich habe Hunger und muss dringend Futter fassen, aus Verzweiflung folgen wir einem Farmer‘s Shop. Schön ist es dort, die Fleischauslagen stören mich nur minimal, denn es gibt meinen ersten Cream Tea, der Scone erhellt meine Stimmung sofort. Weiter geht‘s. In Land‘s End angekommen, benötigen wir dringend einen Schal oder eine Mütze (Phine), allerdings müssen wir feststellen, dass es weder die besagten Kleidungsstücke, noch eine Map zur Orientierung auf den verschiedenen Wanderwegen gibt. Als Hikingspezialistin in verschiedenen Gefilden ist vor allem Phine absolut unterwältigt ob der begrenzten Vorbereitungsmöglichkeitem im Land‘s End Shop. Sei‘s drum. Wir wandern los, ich fluche auf den ersten Metern nicht wenig, denn es ist kalt und noch immer regnerisch. Aber die Aussicht und die Land‘s End Katze gefallen. Der Weg ist lang, also theoretisch, denn wir nehmen uns vor, die 16 km Runde zu laufen. Hmm, ja, da hat Phine die Rechnung ohne mich gemacht. Es ist glitschig und steil, nao, nada, nein, nein, nein. Nicht wenige male muss mich Phine an die Hand nehmen, damit ich mich traue, bergab zu gehen. Oder der alte Hiker hinter uns, denn er reicht mir ganz uneigennützig seine Wanderstöcke. Ich muss sagen, die Aussicht ist so schön, das Meer wild, wenig Menschen sind unterwegs, aber diese Nähe zur Klippe gefällt mir nur begrenzt. An einer Stelle wissen wir nicht wie wir weiter kommen und fragen uns durch, man sagt uns wir müssen Richtung Dorf, damit wir den Rückweg nach Land‘s End und zu unserem Snowflake (so heißt unser Auto) antreten können. 16 km waren es nicht, das stimmt, aber ich hatte genug mit meiner Angst vor den steilen Klippen zu tun, Phine ist stolz auf mich.
Am nächsten Tag checken wir aus, frühstücken noch sooooo lecker im Honey Pot in penzance (Vegan ist hier in England mittlerweile wirklich King) und fahren zum nächsten Stopp: nach Mere in Wiltshire. Auf uns warten 105qm (nicht, dass die jeweils 9 und 10 qm zuvor nicht auch schön waren) am Rande eines Dorfes. Wir haben das Haus für uns und lassen die ersten paar Tage Revue passieren. Wir lieben England, Bath war wunderschön, Land‘s End ganz toll, das Essen bis dato super und die Menschen sehr freundlich. Jedoch mögen wir folgende Punkte an England nicht:
- das so gut wie nie vorhandene Handynetz außerhalb einer Wifi-Region
- sooo viele tote Tiere, vor allem Rehe, am Straßenrand
- Plastikverbrauch
- die exzessive Nutzung der Kreisverkehre
- Wanderwege, die kaum ausgeschildert sind
Am nächsten Tag fahren wir in den New Forest Nationalpark, nach ca 1,5h Fahrt über Stock und Stein landen wir in Lyndhurst. Wir entscheiden uns, zu einem Deer Sanctuary zu wandern und folgen Google Maps, denn es gibt - mal wieder - keine Karte, die die Wege darstellt. Und prompt laufen wir in die falsche Richtung. Das Deer Sanctuary finden wir dann auch auf dem richtigen Pfad nicht, aber dafür wandern wir zwischen Wildpferden und ihren Pfohlen sowie Kühen ein und aus. Ohne Plan, ohne Karte, ohne internet oder andere Wegweisungsmöglichkeit folgen wir nur dem Wind und stoßen auf Pferdeherden (natürlich halten wir den entsprechenden Abstand) und schlussendlich taucht ein Reh auf. Phine freut sich besonders, da sie sich so sehr gewünscht hat, ein Reh zu sehen. Beseelt wandern wir zurück und genießen unsere wohlverdiente Mahlzeit - einen warmen Scone;).
Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf den Weg nach Stonehenge. Zunächst schauen wir uns die Exhibition an und fahren dann mit dem Shuttle direkt zu den Steinen, das Wetter macht wieder wunderbar mit. Den Tag lassen wir in Salisbury ausklingen, essen den leckersten Karottenkuchen der Welt und sehen uns die riiiiesige Kathedrale an (bevor wir auf Schülerinnen von Phine treffen, die Welt ist ein Dorf;-) Für 11 Pfund Eintritt bestaunen wir das alte Bauwerk (Fertigstellung 1258) mit dem höchsten Kirchturm Englands. Ebenfalls befindet sich hier die eines der vier erhaltenden Dokumente der Magna Carta - dem wichtigsten Dokument des englischen Verfassungsrechts - aus dem Jahr 1215. Im Jahre 1215, nachdem König Johann von England eine Reihe alter Gesetze und Bräuche verletzt hatte, nach denen England regiert worden war, zwangen ihn seine Untertanen, die Magna Carta zu unterzeichnen. Darin ist das aufgeführt, was später als die Menschenrechte betrachtet wurde. Dazu gehörte das Recht der Kirche, frei von Einmischung durch die Regierung zu sein, die Rechte aller freien Bürger, Eigentum zu besitzen und zu erben und vor übermäßigen Steuern geschützt zu werden. Sie führte das Recht von Witwen ein, die Eigentum besaßen, die Wahl zu treffen, nicht noch einmal zu heiraten, und sie führte die Prinzipien eines ordentlichen Gerichtsverfahrens und der Gleichheit vor dem Gesetz ein. Sie enthielt auch Bestimmungen, die Bestechung und Amtsverletzung verbieten.
Die Magna Carta, die weithin als eines der wichtigsten rechtlichen Dokumente bei der Entwicklung der modernen Demokratie angesehen wird, war ein entscheidender Wendepunkt in der Bemühung, Freiheit zu etablieren.
Unsere letzte Station ist Oxford, die Fahrt führt uns am Downtown Abbey Schloß vorbei. Den ersten angebrochenen Tag navigieren wir uns durch die Stadt, um eine erste Impression zu erhalten, lustwandeln im Botanischen Garten, schlendern über den Covered Market und kaufen matching Blazer;-). Oxford, so muss ich zugeben, gefällt mir bereits sehr und freue mich auf die Stadtführung am folgenden Tag. Achso, wir hoffen, so naiv wie wir sind, dass wir einfach so in die Bibliothek reinkommen, aber man zieht uns den Zahn. Wir sollen am kommenden Morgen gleich zur Kassenöffnungszeit kommen und hoffen, noch ein Ticket zu erwerben. Gesagt, getan.
Um 9 Uhr stehen wir in der Weston Bibliothek und kaufen Tickets für den Eintritt in die Bodlian Library um 10Uhr. Vor Besuch der Führung finden wir ein wunderschönes Café mit Blick auf die Radcliffe Camera (die erste Rundbiblothek des Landes) und genießen einen Kaffee und Sonnenschein (Und ich den Anblick einer jungen Spanierin mit Froschhut - schön ist anders). Die Bodleian Library ist eine der ältesten Bibliotheken Europas, und in Großbritannien ist sie nach der British Library die zweitgrößte Bibliothek des Landes. Heute befinden sich im Bodleian mehr als 13 Millionen Druckerzeugnisse. 1602 erstmals für Gelehrte geöffnet, beherbergt sie eine frühere Bibliothek aus dem 15. Jahrhundert. Diese wurde errichtet, um Bücher unterzubringen, die der Universität vom Herzog von Gloucester gespendet wurden.
Teile des Gebäudes wurden in jüngster Zeit häufig als Filmkulisse genutzt. So z.B. die Divinity School, deren gotische Gewölbedecke in der Krankenstation von Hogwarts (Harry Potter) zu sehen ist. Die Bibliothek ist nur im Rahmen einer Führung zu besuchen. Auch darf man die Bücher nicht ausleihen, man muss vor Ort lesen.
Unsere 2h Führung im Anschluss führt uns durch das Trinity College, als eins der 39 Colleges der Stadt., wir lernen, dass man als Engländer ca.10.000 Pfund im Jahr zahlt, als Ausländer gern ab 20.000 Pfund.
Unser 19 Jähriger Guide liebt seinen Job, die Erzählungen werden mit jeder Silbe gelebt. Wir lernen z.B., dass die Divnity School das erste Gebäude für universitäre Zwecke war, die mdl. Prüfungen mit Publikum früher stattfanden und zwischen 3h - 3 Tage dauerten.
Im Sheldonian Theater finden alle Immatrikulationsveranstaltungen sowie alle Abschlussveranstaltungen statt - und das auf Latein für mind. 1h. Wir gehen davon aus, dass die meisten Studenten den Inhalt nicht verstehen, Oma und Opa aber noch weniger.
Und: das Oriel -College hat trotz Empfehlung eines Expertengremiums bis heute die Statue von Cecil Rhodes nicht entfernt (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/entscheidung-im-streit-um-das-oxforder-denkmal-von-cecil-rhodes-17356419.html)
Im Alice Restaurant des Randolph Hotels lassen wir den Tag ausklingen, mein Scone ist zum Niederknien.
England, was war wieder schön bei dir!