Veröffentlicht: 21.06.2017
18. Juni 2017
Die Cable Car ist ein nationales Monument und ein Verkehrsmittel geleichzeitig. Meistens passt sowas nicht zusammen. Schon morgens um 9:30 steht an der Kreuzung Market/Powell eine Schlange mit einer Stunde Wartezeit, um das Monument zu besteigen und einmal quer durch die Stadt zu fahren. Unterwegs versuchen Schlauberger noch einzusteigen, wie es ja mal ursprünglich gedacht war. Aber die Zeiten sind vorbei, was sich auch im Fahrpreis zeigt. Die Fahrt kostet 7 Dollar, sonstige Verkehrsmittel 2,50 Dollar.
Apropos sonstige Verkehrsmittel: Am anderen Ende der Stadt mieten wir ein Tandem. Wieder verhandelt Gudrun halsbrecherisch. In der Liste stehen 60 Dollar, der hispanische Vermieter bietet einen Sonderpreis von 45 Dollar und bekommt von Gudrun 30. Es geht los. Wohin? Natürlich auf die Golden Gate Brücke. Was sonst?
Bis dahin sind es lockere fünf Kilometer gemeinsam mit tausenden Radfahrern, die sonst Auto fahren oder sich gar nicht bewegen. Fotos werden grundsätzlich überall gemacht, auch wenn eine 50 cm breite Durchfahrt zugestellt wird. Nicht wenige fahren mit dem Selfie-Stick im Anschlag durch die Gegend.
Irgendwie kann man es dann nicht glauben, wenn man auf der Brücke ist. Tatsächlich die Golden Gate? Kann nicht sein. Ist aber so und man will es gleichzeitig schaffen und wünscht sich, es würde ewig dauern. Das Wetter ist toll, aber serienmäßig sehr windig und man spürt die Sonne nicht, die einem die Arme und den Nacken verbrennt. Alles egal. Noch ein Foto, noch ein Oh noch ein Ah!
Die andere Seite. Wieder neue Perspektiven, die keiner daheim je gesehen hat. Der Ort Sausalito ist ungefähr so wie die gleichnahmige Mex-Fress-Kette in Deutschland: Unangemessen teuer und überlaufen. Wir gehen in einen Supermarkt. Tatsächlich gibt es gute Ciabatta-Brötchen (absolute Seltenheit in USA), Kräuterkäse, Tomaten, Dosenbier und eine Bank vor der Tür. Da alles für 10 Dollar. Da reicht es noch für zwei Eis.
Der Rückweg fällt schon ein wenig schwerer, auch weil der Trip ja zu Ende geht. Wir werden vom Fahrrad-Vermieter stürmisch begrüßt und er kann es nicht fassen, dass wir nicht mit der Fähre zurückgekommen sind. Es wären schon viel jüngere Leute ohne Fahrrad mit dem Taxi heimgekommen.
Er fragt uns, wo wir herkommen. Als er Köln hört, hat er eine schöne Geschichte auf Lager. Er ist seit früher Kindheit ein Fan vom FC, weil er irgendwann mal ein Trikot geschenkt bekommen hat. Er wusste bloß nicht was „Köln“ heißt, bis ihn ein Onkel aufgeklärt hat, dass hieße Colonia.
Wir fahren mit einem weiteren Altertümchen zurück ins Hotel. Die Straßenbahn ist Teil des Touristenprogrammes und stammt aus den 40er Jahren. Nostalgie schön und gut, aber zu Fuss ist man schneller und manche Sachen gehören wirklich ins Museum. Dazu kommt noch die Performance eines zugedröhnten Penners, der sich kaum auf den Beinen halten konnte und ständig einschläft.Dann fummelt er sich auch noch an der Hose rum. Macht er sie jetzt auf oder zu? Fürsorgliche Ehrmänner tauschen ihren Platz mit ihrer Frau.
Abends gehen wir tatsächlich ins Theater. Ein leicht genervter Kartenverkäufer hatte uns morgens zwei Karten Balkon für je 22,50 Dollar verkauft und wir sind gespannt. Auf das Musical über Janis Joplin und wo wir sitzen würden.
Wir befinden uns 20 Meter über der Bühnenebene in einem Gold-und-Plüsch-Tempel aus dem Jahr nach dem Erdbeben von 1906. Das Theater ist gut besetzt, obwohl es schon die zweite Vorstellung am Tag ist.
Zu Recht: Tolle Inszenierung mit phantastischen Stimmen und einem Publikum, dass jede Zeile mitsingen kann, egal ob 20 oder 60. Ein tolles Erlebnis. Leider kann uns der tolle Abend nicht vor einer schlimmen Nacht retten, obwohl wir noch ein Bier samt Schutztüte kaufen.