Don Curry on Tour
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Don Curry und der Indish Stew

Veröffentlicht: 10.01.2017

Don Curry war todmüde. Was für ein Tag! Sein erster Tag in Indien. Doch Don Curry hatte sich nicht behutsam an die fremde Kultur dieses Landes herangetastet; er war vielmehr gewissermaßen vom 10-Meter-Turm mitten in die brodelnde, lärmend-stinkende, randlose Schüssel extrem gehaltvollen, bunt angemalten Indish Stews hineingestürzt. Und wenn bei dieser Beschreibung die sprachlichen Bilder so gar nicht zusammenpassen, dann entschuldigt sich Don Curry dafür in keiner Weise. Denn genau so ist Delhi: Die Stadt, die nicht zusammenpasst.

Doch der Reihe nach: Der Flug mit British Airways verlief unspektakulär, außer dass er mit Verspätung begann (20 min) und mit noch mehr Verspätung endete (50 min). Dass Don Currys langgediente Reisetasche dann als letzte auf das Gepäckband transportiert wurde, hob seine Laune auch nicht weiter an. Seit 35 Stunden war er inzwischen nahezu ununterbrochen wach, vielleicht durch etwas Sekundenschlaf im Flieger abgemildert. Sein fein abgestimmtes Turmsturzprogramm war längst unmöglich geworden, was würde der Tag noch bringen?

Zunächst brachte er einen jungen Inder im perfekten Krawattenanzug, Mr. Sanjeev, der im Auftrag des indischen Reisebüros Don Curry abholen sollte. Seine Hauptaufgabe bestand darin, ihn direkt ins delhische Verkehrschaos zu führen. Unmittelbar vor dem Flughafen befindet sich eine vielbefahrene Kreuzung, und genau diese Kreuzung dient den frisch angereisten Indern und Touristen dazu, ihre Koffer in bereitstehende Taxen oder Verwandtenautos zu stopfen - wohlgemerkt mitten auf der Kreuzung und auf sämtlichen Fahrspuren zugleich. Der Begriff Stauraum bekommt hier eine ganze neue Bedeutung. Die dahinter zum Abwarten gezwungenen Wagen hupen infernalisch, aber wirkungslos. Genau so stellt sich Delhis Straßenverkehr dar: unerträglich laut, hektisch und bar jeder Vernunft. Erkennbare Regeln gibt es keine - außer dem Halten an roten Ampeln, wenn die Polizei sich zeigt (was in Delhi sehr häufig der Fall ist). Aber alles andere... Wenn man auf den eigenen Spuren nicht weiterkommt, fährt man laut hupend einfach auf die Spuren des Gegenverkehrs - und das Erstaunliche: die entgegenkommenden Fahrzeuge hupen zwar auch laut, weichen aber trotzdem aus. Überhaupt ist die Hupe nach dem Motor der wichtigste Bestandteil eines indischen Autos, ohne sie geht gar nichts. In der Verkehrshierarchie ganz unten stehen die Fußgänger: sie haben gar keine Rechte (weil sie auch keine Hupe haben), selbst Zebrastreifen sind nicht mehr als unoriginelle Straßenverzierungen ohne jede Bedeutung. Wer in Delhi eine Lebensversicherung abschließen will, muss vermutlich versprechen, sein ganzes Leben nie zu Fuß zu gehen. Auch das würde die stetige Flut von PKW, LKW, Bussen, Motorrädern, Tuktuks und Fahrrad-Rikshaws erklären.

Doch zurück zur Kofferkreuzung am Flughafen. Nach einigen Handy-Anrufen des Krawatten-Inders stand endlich auch Mr. Sanjay mit seinem Toyota auf der Kreuzung und half beim Verstauen des Gepäcks. Er würde Don Curry die kommenden Tage durch den indischen Straßenwahnsinn kutschieren - ein ruhiger, freundlicher Mann mit einer ausgeprägten Leidenschaft für's Hupen. 

Da es in Indien bereits Mittagszeit war und Don Curry ein deutliches Hungergefühl sein eigen nannte, tat er dem Krawatteninder folgenden Plan kund: kurz zum Hotel, frisch machen, Lunch im Karim's und dann noch reichlich Besichtigungen bis zum Abend. Obwohl er bereits jetzt todmüde war, wollte er sich gleich am ersten Tag den hiesigen Zeitverhältnissen anpassen. Nach kurzer Beratung mit Mr. Sanjay und telefonisch mit dem Guide bedauerte der Krawatteninder: Nein, das ist nicht möglich. Entweder Hotel oder Lunch, beides kostet zu viel Zeit. Obwohl Don Curry spürte, dass alle Beteiligten eine Entscheidung für das Hotel erwarteten, ließ er Mr. Sanjay zum Karim's durchstarten, beziehungsweise in dessen Nähe. 

Direkt bei der großen Freitagsmoschee stoppte Mr. Sanjay, und Mr. Brahm, der Guide für Delhi, stieß dazu, der Krawatteninder verabschiedete sich. Mr. Brahm heuerte schnell eine Fahrrad-Rikshaw an, deren Fahrer heftig schwitzend die 300 m zu Karim's in den Altstadtgassen strampelte.

Karim's wird in jedem Reiseführer empfohlen, weil dort Nachfahren der einstigen Leibköche der Großmoguln immer noch nach alten Rezepten kochen. Das Ambiente gleicht allerdings eher einem besseren Straßenimbiss: ein kleiner Gastraum und draußen auf der Straße echte Open-Air-Küchen, in denen fleißig gebacken, gegrillt und gekocht wurde. Don Curry wollte Mr. Brahm gern zum Lunch einladen, doch der offenbarte sich als konsequenter Vegetarier aus religiösen Gründen... und die Großmoguln liebten eine eher fleischlastige Kost. Don Curry bestellte je eine halbe Portion Chicken Burra und Chicken Jahangiri mit dem Extra-Zusatz "not so spicy", als er nach Schärfegrad  gefragt wurde. Das Ergebnis war überaus lecker, aber hart an der Grenze des gerade noch Verkraftbaren für Don Currys zarten Gaumen. Eine Art süßer Milchreis milderte das Inferno im Rachenraum etwas ab. Ungewohnt war für Don Curry auch, dass er ohne Besteck essen musste - eben typisch indisch!

Das Restaurant "Karim's"


Nach dem Mahl führte Mr. Brahm ihn kurz durch die Freitagsmoschee, die größte Moschee Indiens, deren Innenhof zwar Freitags 10.000 Männern beim Gebet Platz bot, jetzt aber als sehr lebensvoller Ort für Familienpicknicks und andere Zusammenkünfte diente. 

Die Freitagsmoschee in Delhi


Am Roten Fort von Delhi ging es nur vorbei, was Don Curry sehr bedauerte, doch er merkte sehr schnell, dass die meiste Zeit in Delhi im Straßenverkehr zu verbringen ist.

Humayuns Grab


Das prachtvolle Grab des Großmogul Humayun und seine Umgebung stand noch auf dem Programm, und Mr. Brahm wollte Don Curry anschließend dringend davon abraten, zum in der Nähe liegenden Schrein des islamischen Heiligen Nizamuddin zu gehen. Doch schließlich erklärte er sich bereit, zumindest zum Eingangsbereich des Schrein-Viertels zu führen. Dort war allerdings nicht viel zu sehen, so dass Don Curry vorwärts drängte und Mr. Brahm sich in sein Schicksal fügte. Die folgenden Gassen hätten sich auch in den Medinas von Fes oder Marrakesh befinden können: ein altertümliches Gewirr kleinster Läden, toter Tiere an Fleischerhaken und zahlloser Bettler. Dem Schrein durfte man sich nur mit Kopfbedeckung nähern, doch Mr. Brahm half gern mit einem Stofftaschentuch aus, das sich Don Curry lässig auf dem Kopf drapierte; er war sehr froh, dass dort Fotografierverbot herrschte!

Nach diesem Ausflug in eine ganz andere Welt, sollte noch ein Hindu-Tempel besichtigt werden. Doch als Mr. Brahm bemerkte, wie Don Curry während seiner Erklärungen immer häufiger die Augen zufielen, beschlossen beide, lieber zum Hotel zu fahren. Vorbei an britischen Prachtbauten, hypermodernen Einkaufszentren, Slumvierteln und Menschen, die einfach unter einer Hochstraße ihr Leben fristeten, ging es einer wirklich positiven Überraschung entgegen: als der Rezeptionist hörte, dass heute Don Currys erste Nacht in Indien sein würde, gönnte er ihm ein kräftiges Zimmer-Upgrade: eine Executive Suite mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, riesigem Badezimmer und eigener Gästetoilette. Genauso erfreulich war auch das üppige Dinner Buffet, in dem Don Curry ausgiebig auf kulinarische Entdeckungsreise durch Indien gehen konnte.

Danach war er nur noch müde. Todmüde...


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