Veröffentlicht: 16.10.2021
Don Curry pflegt ein durchaus emotionales Verhältnis zu einigen Städten. Manche mag er auf Anhieb, wie z.B. Lublin oder Marrakesch oder Pskow oder Paris. Er mag ihr besonderes Flair, ihre Sehenswürdigkeiten, das in ihnen spürbare Lebensgefühl, auch wenn das bei all den genannten Ortschaften extrem unterschiedlich ist. Aber es gibt auch Städte, die keinerlei positive Emotionen in Don Curry auslösen, die ihn verärgern, die ihn nerven, aus denen er schnell wieder weg will. Zu diesen Städten hat sich heute Konya eingereiht. Fast hätte Don Curry sogar den Titel gewählt "Don Curry hasst Konya" - doch das wäre etwas übertrieben...
Den Tag eröffnete - wie insgeheim erhofft - ein fantastischer Blick über die Weite des Eğirdir-Sees bei strahlendem Sonnenschein, direkt von Don Currys Bett aus. Dieser Blick fand sogar noch eine Steigerung, als er auf die Dachterrasse zum Frühstück emporstieg. Hier gab es wieder ein Buffet mit Bedienung, doch da die junge Deutsche zum Personal gehörte, empfand Don Curry das geradezu als "Heimspiel" und konnte sich erstmals beraten lassen oder nachfragen, wenn ihm etwas unbekannt war. So stand dort z.B. eine Schüssel mit getrockneten Apfelspalten. Don Curry ließ sich ein paar geben und erkannte bald, dass er getrocknete Apfelspalten nicht auf seinem Speiseplan brauchte. Als leckerer erwies sich dagegen ein mit Tahini gebackenes Brot oder eine Art Nussstrudel, der besonders gut zum Tee schmeckte. Gut gesättigt verließ Don Curry die nette, entspannte Pension, blickte noch von einem nahen Berg auf die unvergleichliche Lage von Eğirdir hinab und sauste dann gen Osten, Richtung Konya.
Vorher erfreuten ihn unterwegs zwei Abstecher. Zuerst fuhr er zu einem wunderbar restaurierten Quellheiligtum der Hethiter, um das herum ein kleiner Park angelegt worden war. Die pure Idylle! In der nahen Stadt Beyšehir staunte Don Curry über eine der ältesten Holzmoscheen aus der Seldschukenzeit. Wie ein Wald trugen unzählige dunkle Holzpfeiler die verzierten und farbig bemalten Deckenbalken des Gebetshauses. Wieder konnte ihn eine Moschee mit ihrer ungewöhnlichen Bauweise überraschen.
Nun aber Konya. Zur späten Mittagszeit erreichte er bereits die Stadt, begab sich aber zunächst in einen Außenbezirk, wo kürzlich die byzantinische Kirche der Hl. Helena restauriert worden war. Auch diese Kirche diente nun als Museum und schien ein besonderer Anziehungspunkt für Schulklassen zu sein. Eine Gruppe Jugendlicher nach der anderen wurde hineingeführt und mit Informationen versorgt, während die Zuhörensollenden lieber unzählige Fotos mit ihren Smartphones schossen. Ein spannender Beginn, dachte Don Curry, und fuhr direkt ins Zentrum.
Hier verdichtete sich der Straßenverkehr der Millionenstadt zu einem zähen Stop and Go, das ständig durch infernalische Hupkonzerte begleitet wurde. Bisher gehörte die Hupe zu den ganz seltenen Bestandteilen der türkischen Verkehrskultur, doch hier im Zentrum von Konya erlebte Don Curry das Gegenteil. Endlich entdeckte er einen Großparkplatz, doch schon beim Annähern signalisierte ein Parkwächter: "Voll belegt." Don Curry fühlte sich zunehmend genervt von dem unsinnigen Zeitverlust in dem Dauerstau. Also beschloss er, direkt zu seinem Hotel am Mevlana-Kloster zu fahren. Erfreulicherweise gab es dort fast direkt vor dem Hotel einen freien Parkplatz. Da die Rezeption des Hich Hotel noch nicht besetzt war, stellte Don Curry einfach seine Reisetasche in der kleinen Lobby ab und machte sich zu Fuß auf den Weg zur Erkundung Konyas. Eines hatte ihm allerdings vorher die Laune endgültig verdorben: der berühmte grüne Turm des Mevlana-Klosters, DAS Wahrzeichen von Konya war eingerüstet und unter einer hässlichen grauen Plastikplane versteckt. Doch das Nervpotenzial stieg weiter an. Im Mevlana-Kloster herrschte drangvolle Enge, selbst in Pamukkale hatte Don Curry nicht derartige Besuchermassen erlebt. Die Karatay-Medresse schloss gerade, als Don Curry sie besichtigen wollte. Nach kurzer Rückkehr ins Hotel konnte Don Curry sein hübsches Zimmer beziehen; das Gepäck würde ihm gleich hochgebracht werden, versprach die Frau von der Rezeption. Das Gepäck kam aber nicht. Und als Don Curry am Abend die Vorstellung der Derwische besuchen wollte, stellte sich heraus, dass die Vorstellung 2 Stunden vorverlegt wurde. In Don Curry brodelte es. Natürlich geht auf Reisen immer auch manches schief. Aber in Konya summierten sich die einzeln gut ertragbaren Ärgernisse zu einem negativen Gesamturteil: Konya nervt!
Wie gut, dass es trotzdem noch positive Erfahrungen gab. Die uralte Alaaddin-Moschee auf dem Siedlungshügel im Zentrum Konyas erfreute Don Curry als wunderbares Beispiel einer ausgedehnten Hallenmoschee, wobei einige ihrer Pfeiler eindeutig römisch-byzantinischen Ursprungs sind. Am versöhnlichsten wirkte schließlich das Abendessen auf Don Curry. Nahe seinem Hotel entdeckte er ein fast schon nobel wirkendes Restaurant, auf dessen Speisekarte er die Spezialität der Stadt fand. Zahlreiche Kellner in schwarzer Livree standen in dem Restaurant bereit und bedienten bei Tisch. Don Curry wählte eine Rote Hühnersuppe, die eine gewisse scharfe Note mitbrachte. Dann gab es Firin Kebab, die Spezialität von Konya: stundenlang geschmortes Lammfleisch mit kurz in Öl gebratenem Pide-Brot und rohen Zwiebeln. Da es - wie fast überall in Konya - keinen Alkohol im Restaurant gab, bestellte er Ayran und Wasser. Trotz des edlen Ambientes und des enormen Personalaufgebotes zahlte Don Curry am Ende 7 € für Speisen und Getränke.
Sollte er Konya doch noch eine Chance geben? Vielleicht irgendwann einmal. Erst schleppte er sein Gepäck nun selbst ins Zimmer; und dann freute er sich, die Stadt morgen bereits hinter sich zu lassen...