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Drei Tage Anreise - Graz / Ptuj / Legrad

Veröffentlicht: 26.05.2023

Wir hatten uns das ganz gemütlich vorgestellt: Mit dem Nachtzug nach Graz, am Morgen ausgeruht ankommen und den ersten Tag Graz genießen. Doch wegen eines Murenabgangs wurde zwischen Landeck und Ötztal ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Im bequemen Abteil mit Liegen geht es nur bis Landeck, kurz nach Mitternacht raus zum Bahnhofsvorplatz, wo drei Busse warten, die schon ziemlich voll sind bis wir mit den schweren Rädern ankommen. Im Vorfeld gab es von der ÖBB keine klaren Aussagen, ob unsere Räder mitgenommen werden würden. Doch die Busfahrer sind freundlich und hilfsbereit, Dominique findet Platz im Gang des Postbusses, mein Rad wird  im Gepäckfach des Reisebusses untergebracht. Eine halbe Stunde später sind wir in Ötztal, wo zwei Züge mit alten Waggons für die Weiterfahrt nach Wien bzw. Graz bereitstehen. Liegewagen gibt es keinen, aber immerhin zwei Fahrradplätze. Wir müssen uns also die Nacht auf den unbequemen Sitzen um die Ohren schlagen, keine altersgemäße Nachtruhe. Pünktlich erreichen wir Graz früh am Morgen und finden auch gleich das Hotel, wo wir unser Gepäck unterstellen können.

Tag 1: Graz

Unser Hotel liegt gleich neben dem Kunsthaus, dem „friendly alien“, ein beeindruckendes Bauwerk am Ufer der Mur. Es wurde 2003 erbaut, als Graz europäische Kulturhauptstadt war. Später nehmen wir an einer Führung zur Architektur des Hauses teil, das aus mehreren ‚Bubbles‘ besteht, die als Außenhaut mit blau-transparentem Plexiglas verkleidet sind. Auf dem Dach sind 15 nozzles, Lichteinlass-Rüssel, die die Dachkonstruktion öffnen. Unweit vom Kunsthaus befindet sich ein weiteres modernes Bauwerk, das auch für das Kulturhauptstadtjahr gebaut wurde - die Murinsel. In der Mur schwimmt eine 50 m lange und 20 m breite Muschelform mit einem Café und einem Freilichttheater, die man auf bequemen Stegen von beiden Ufern erreicht. Wir steigen auf den Schlossberg, der einen wunderschönen Ausblick auf die  Stadt bietet. Von hier oben sieht man auf das beeindruckende Dächerensemble der Altstadt, welches mit ein Grund ist, dass die historische Grazer Altstadt 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Kunstvolle Fassaden und prächtige Architektur aus Renaissance, Gotik und Barock bilden den angeblich besterhaltenen Stadtkern Mitteleuropas. Auf dem Schlossberg befindet sich auch der Uhrturm, das Wahrzeichen von Graz. 

Radtag 1: Graz - Spielfeld -Maribor - Ptuj 105 km

Bei trübem Wetter und kühlen Temperaturen beginnt unsere Reise auf dem Rad. Auf dem gut ausgeschilderten Mur-Radweg R 2 verlassen wir Graz in Richtung Osten. Nach knapp einer Stunde sind wir mit etwas konfrontiert, was wir im letzten Jahr „vermisst“ haben - Regen. Also können wir gleich unsere Ausrüstung testen und dürfen feststellen, alles hält dicht. Die Radgruppe vom Polizeisportverein Graz ist nicht so gut ausgestattet und biegt bald beim Radlertreff in Kalsdorf ab. Nach einer Stunde können wir auch Regenhose und Gamaschen wieder ausziehen. Hin und wieder begegnen uns andere Radler, denn der Mur-Radweg ist wie so viele Flussradwege sehr beliebt. Nach fünfzig Kilometern flach biegen wir in Spielfeld ab zur slowenischen Grenze, wo auch wieder der Nieselregen einsetzt, der uns die nächsten beiden Stunden begleitet. Wir fahren auf dem slowenischen Radweg 1 und machen die ersten Höhenmeter kurz nach der Grenze und vor Maribor. Dort treffen wir auch wieder auf die Strecke, die wir letztes Jahr gemacht haben, der Kreis schließt sich. Eine Unterführung für Radler ist überschwemmt, so dass wir auf die Schnellstraße ausweichen müssen, was einige Autofahrer zum Hupen veranlasst. Doch es dauert nicht lange bis wir wieder auf dem Radweg und dann in Maribor sind. Dort finden wir schnell den Drau-Radweg, dem wir auf meist geschotterten Wegen durch die idyllische Flusslandschaft bis Ptuj  folgen. Wir haben dort bei einem gebürtigen Stuttgarter, dessen Vater als Gastarbeiter bei Neoplan arbeitete, in einem ehemaligen Kloster eine schöne Unterkunft. Am Abend zeigt sich die Sonne, und wir nutzen die schöne Abendstimmung zu einem Spaziergang auf den Burgberg mit dem Schloss, das im 12. Jahrhundert von den Grafen von Pettau erbaut wurde. Während deren Herrschaft entstanden auch Klosteranlagen der Minoriten (Franziskaner)  und der Dominikaner. Bedeutung gewann der Ort zur Zeit des Römischen Reichs, wovon noch das Orpheus-Denkmal auf dem Stadtplatz zeugt. Später gehörte die Stadt zum Erzstift Salzburg, dem Herzogtum Steiermark und der Habsburgermonarchie. So ist es auch nicht verwunderlich, dass bis Anfang des 20. Jahrhunderts mehr als 80 % der Bevölkerung deutschsprachig waren. Seit 1945 wird die Stadt fast ausschließlich von Slowenen bewohnt. 

Radtag 2: Ptuj - Vila Maria - Legrad 120 km

Am Morgen erzählt uns der Pfarrer der Pfarrei, die die Pension betreibt, einiges über die Geschichte von Ptuj und die Bedeutung der Klöster. Den Teil der Pfarrei, in dem sich unsere Unterkunft befindet, gehörte lange Zeit dem Kapuzinerorden, der sich endgültig 2016 aus Ptuj verabschiedet und seine Besitztümer den Minoriten übergibt. Nach langem Überlegen entsteht dann dieses Gästehaus in historischen Mauern. Wir fahren auf dem gut ausgeschilderten Drau-Radweg bis Ormoz, wo wir dann in Richtung der Weingebiete Sloweniens und Kroatiens abbiegen. Dies bedeutet auch, dass viele knackige Steigungen auf uns warten, was aber auch schöne Ausblicke mit sich bringt. Es sieht aus wie im Südschwarzwald und dem Markgräfler Land. Die Mühen des Anstiegs nehmen wir auf uns, da wir in Grabovniak Maria und Josef besuchen wollen, die seit vielen Jahren im Eigerstübli in Mürren arbeiten. Wir hatten das vage vereinbart, doch als wir schnaufend und schwitzend an der Vila Maria ankommen, erfahren wir, dass die beiden sich heute schon auf den Weg nach Mürren gemacht haben. Auf uns warten bei der Weiterfahrt noch weitere knackige Anstiege bevor es wieder Richtung Drau geht. Doch auch in der Ebene sind es noch 40 km bis Legrad, wo wir in der schönen Pension Legradanka unterkommen. Mitten im Nirgendwo am Zusammenfluss von Mur und Drau direkt an der kroatisch-ungarischen Grenze hat sich der Sternekoch Erich Glavica ein wunderschönes Refugium geleistet, in dem er in seiner Kochschule 270 internationale Köche betreut und weiterbildet. Für uns kocht er vorzüglich, so dass wir schnell die Mühen des Tages vergessen. 
Kunsthaus




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