Veröffentlicht: 19.01.2019
... oder kurz "Catamarca" ist unser nächstes Ziel. Mit dem Bus am Nachmittag von Cordoba, knapp 6 Stunden sollte die Fahrt dauern, am Ende waren es 7.
Die ersten Stunden fuhren wir noch zwischen Feldern und Wiesen, durch kleine Städte und Dörfer, überquerten ein paar Flüsschen. Dann wurde die Gegend zunehmend "verwilderter". Rechts und links nur noch recht robust und dornig aussehendes Gestrüpp, immer seltener Bäume, dafür mehr Riesenkakteen, die über das Buschwerk hinausragten. Irgendwann (das hat uns Google Maps verraten) fuhren wir zwischen zwei riesigen Salzseen entlang, nach einer Weile war auf beiden Seiten Wasser, mal mit mehr oder weniger dieses offensichtlich salzwassertauglichen Gestrüpps, oft bis zum Horizont. Der Dauerregen der vergangenen Tage hatte die Wasserspiegel derart ansteigen lassen, dass in den wenigen kleinen Ansiedlungen am Straßenrand den Bewohnern die Brühe bis vor die Haustür stand.
Stundenlang fuhren wir durch diese trostlose, verregnete Landschaft. Gefühlt alle halbe Stunde kam uns mal ein anderes Fahrzeug entgegen, meist ein Bus der Gegenrichtung oder ein Moped. Gespenstisch.
Das änderte sich auch nicht, als wir schon die Lichter der Stadt sahen. Wenigstens hatte der Regen mittlerweile aufgehört und wir fuhren einem wunderschönen Sonnenuntergang entgegen.
Aber wo bitte ist denn der "normale" (samstag)abendliche Autoverkehr einer Stadt von immerhin 160 000 Einwohnern? Das erfuhren wir, als wir gegen 22:30 am Busterminal für die ca. 1,1 km zum Hotel in ein Taxi stiegen. Alle Straßen rund um die Innenstadt waren so hoffnungslos verstopft, wie man es sich bei uns im schlimmsten Feierabendverkehr vorstellen muss. Dazu die engen Einbahnstraßen, Baustellen, dauerhupende Autos, Busse, Mopeds ... und dazwischen Mengen von Fußgängern. Also HIER sind die alle! Wahrscheinlich traut sich nach Einbruch der Dunkelheit keiner mehr aus der Stadt raus. Naja, wohin denn auch? In die Salzgestrüppwüste?
Im Hotel angekommen erstmal unsere Sachen deponiert und gleich wieder los. Wetter war wie gemacht für einen Abendspaziergang: angenehm warm mit leichtem Wind. Auf ins Zentrum! Das besteht, wie wir schnell bemerkten aus einem äußerst gepflegten Platz an dessen einer Seite sich die Kathedrale und das Regierungsgebäude befinden, an eine andere sich eine Fußgängerzone anschließt (die jetzt allerdings recht tot erschien) und an den anderen beiden sich eine Kneipe bzw. ein Restaurant an das andere reiht. Und hier tobte das Leben. Auf dem Platz boten diverse Händler, zum Teil lautstark, ihre Waren feil: Sonnenbrillen und Regenschirme, Souveniers, Schmuck, Firlefanz, religiösen Kitsch und anderen Schnickschnack.
Vor der Kathedrale eine Gruppe festlich gekleideter Menschen, die gespannt auf den Eingang starrten. Dort standen sich 2 Reihen unformierter degenbewaffneter Männer gegenüber. Das ganze stellte sich als Teil einer Hochzeitszeremonie heraus, mit anschließendem Korso unter Beteiligung der städtischen Hundemeute und Applaus des gesamten Kneipenpublikums - und das alles kurz vor Mitternacht. Siehe Bilder.
Das Hotel (Inti Huasi) wie die gesamte Stadt, hat wesentlich bessere Zeiten gesehen. Aber sehr sauber, das Personal ausnehmend freundlich (ich habe den Eindruck, dass das ein kleiner Familienbetrieb ist) und das Frühstück (landestypisch einfach) okay. Und bei einem Preis von ca. 46 € für uns beide für 2 Nächte kann man ja wirklich nichts sagen.
Insgesamt fanden wir die Stadt sehr sympathisch. Die Stadt hatte ihre Blütezeit vor mehr als 150 Jahren, als der durch das Klima und den fruchtbaren Boden begünstigte Anbau von Wein, Oliven und Baumwolle wohl richtig Geld gebracht hat. Landwirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Provinz, aber die Stadt lebt ganz klar vom Tourismus.
Überall gegenwärtig ist hier in der Stadt die "Virgen del Valle". Der Legende zufolge soll sie einem Indio im Jahre 1640 in einer Grotte ("Gruta de la Virgen del Valle", heute einige Kilometer außerhalb der Stadt) erschienen sein und im Gegensatz zu den üblichen Darstellungen der "Gottesmütter" die Züge einer Frau der einheimischen Bevölkerung getragen habe. Sie gilt heute als Schutzheilige der Stadt, ihr ist ein eigenes Museum gewidmet, im Außenbereich befinden sich große Wandtafeln auf denen ihre Wundertaten festgehalten sind. Und selbst am Schalter am Busbahnhof darf sie nicht fehlen.
Beeindruckt hat mich auch eine Solaranlage zur Heißwasserbereitung in einem anderen Park der Stadt. Die Leute können sich da, bei sonnigem Wetter, ihr Heißwasser für den Mate zapfen. Wir haben die Zapfanlage nach 24 Stunden Dauerregen getestet. Für Mate wohl eher nicht mehr geeignet, aber eine richtig warme Dusche hätte es mit Sicherheit gereicht. Ich denke, das ganze ist aber eine Werbeaktion für eine bessere Akzeptanz dieser umweltfreundlichen, aber leider hier noch nicht sehr weit verbreiteten, Heißwasserbereitung - und die Stadt bietet öffentliche Kredite dazu an.