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Tag 5 - von Molveno nach "habe fertig"

Veröffentlicht: 14.09.2017


So liebe Freunde da draußen an den Rundfunk- und Fernsehgeräten, äh ich meine Smartphones, iPhones, Tabletts, iPads und Computer, oder wo auch immer ihr mir folgt.

Tja, also heute ging es von Molveno, der Stadt, die wahrscheinlich mehr Hotels hat als Las Vegas, nach "habe fertig". "Habe fertig" ist ein Ortsteil von Fiavé, wo sie gestern den Hund begraben haben und sich heute Fuchs und Gans gute Nacht sagten, oder ich das Ende der Welt nur zufällig nicht sehen konnte, weil die Wolken bis dicht über die Häuser reichten.

Ich habe heute beschlossen, die für morgen geplante Etappe nicht mehr zu laufen. Das Thema mit den eigenen Grenzen, diese erkennen und auch handeln, müsste ich schon mal erwähnt haben. Aber nee im Ernst, es ist genug. Ich befürchte Schäden und möchte vermeiden, dass die kommende Woche, die ich mit Carola am Gardasee verbringen werde, geprägt wird von Wundversorgung und betäubt ist von Schmerzmitteln. Das brauchen wir beide nicht.

Ohne schlechtes Gewissen und Selbstvorwürfe habe ich diesen Entschluss gefasst. Ich habe mich auch gefragt, ob ich irgendwas beweisen muss. Na klar klingt es toll, wenn man sagen kann, dass man von hier nach da gewandert ist, soundsoviele Höhenmeter geschafft hat und das auch noch alleine. Na klar tut es gut, wenn ich ständig euer Lob zu hören bekomme, aber dafür habe ich es nicht gemacht. Es war für mich und ich habe mehr geleistet, als ich mir jemals vorgestellt hätte. Natürlich dürft ihn,ich weiterhin loben und stolz auf mich sein.

Aber nun genug mit der Gefühlsduselei, ihr wollt doch sicherlich wissen, wie mein Tag war. Gut, würde ich mal sagen. Das Tagesmotto könnte sowas in der Art gewesen sein wie "Der Weg ist das Ziel bzw. irgendwo auf dem Weg muss doch das Ziel liegen", möglich wäre auch "Erweiterung der Ortskunde bis alle grauen Zellen aufgebraucht sind". Äh, wie soll man das jetzt verstehen? Wer wenige hat, sollte sich nicht so oft verlaufen. Ich habe unterstellt, ich hätte noch ein paar, aber die sind jetzt alle weg. Übrigens, mal ein Abstecher in die Psychologie. Es hilft, wenn man etwas positiv formuliert, wenn man Verneinungen vermeidet, wie z. B. "Ich esse keine Süßigkeiten!", besser wäre, wenn man sagt "Ich esse ein Stück Schokolade nach dem Abendessen!" Das ist eine völlig aus der Luft gegriffenes Beispile, gubt bestimmt bessere. Was ich sagen will ist, dass Sophia das Verlaufen als Erweiterung der Ortskenntnisse bezeichnete, also einem Schlamassel einen positiven Namen gab. Danke, Sophia, Du glaubst gar nicht, wie oft ich heute an Dich denken musste. Und wenn das Ding eine positive Bezeichnung hat, dann macht man es gleich viel lieber und leider auch viel öfter.

Wow, ich galoppiere heute ja nur so davon. Aber jetzt zur heutigen Etappe. Geplant waren 25 km von Molveno nach Fiavé, fast nur bergab und sehr viel ebene Strecke. Gegen 08:40 Uhr startete ich, ganz gemütlich nach einem Standardfrühstück mit Kuchenzeugs und 2 Cappuccini (Plural con Cappuccino, es heißt ja auch nicht 2 Espressos) und, was soll ich sagen, das ist der falsche Start für einen solchen Tag. Aber egal (das wird wohl das Wort bzw. die Phrase meiner Reise werden). Hauptsache lecker. Ich hatte doch schon vom Frühstück erzählt, oder. Jaja, soviel zum Thema mit den grauen Zellen. Also, es ging dann los. Durch den hässlichen Ort (meine ganz eigene Meinung) und dann am See entlang. Auf gerader Strecke kann ich echt gut Tempo machen und halte auch ziemlich gut durch, anders als bei den alpinen Abschnitten in den letzten Tagen. Wie ich da so am See entlang düste musste ich an letzte Nacht denken. Man hört nachts schon mal seltsame Geräusche, wie z. B. Füchse oder Nachbars Katzen. Gegen 03:50 Uhr hörte ich sehr laute Technomusik "Dischdischdischdisch....", von der ich wach wurde. Als ich dann wach war, hörte es sich eher nach einem Kampf an. Irgendein Tier versuchte ein anderes davon zu überzeugen, dass es in der Nahrungskette unter ihm stehe. Iiiiih, was für Geräusche, jetzt war ich übrigens hellwach. Glücklicherweise schlief ich wieder ein, während der eine da draußen wohl,den anderen verspeiste.

So, zurück auf die Piste. Ich hatte voll das Wow-Gefühl, denn ich konnte einen Mann überholen, ok, er bewegte sich sehr sehr langsam, schlenderte so da rum, ging fast rückwärts, aber egal (da ist es wieder), ich war schneller. Irgendwann traute ich meinen Augen nicht, ich schloss auf die beiden Typen von gestern auf, häh, wie geht das denn, fragten sie sich auch, insbesondere, weil sie ca. 20 Minuten nach mir gestartet sind. Das gab ihnen mächtig zu denken. Ich vermute, die beiden haben mich überholt, als ich einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt gemacht hatte, der gar keiner war. Aber das musste ich ihnen ja nicht auf die Nase binden. Aber irgendwie hat das was von "Zurück in die Zukunft", denn irgndwann kommt man in den Filmen an einen Punkt, wo es schwierig wird,,den Zeitreisen zu folgen.

Ich nutzte den Stopp und wechselte die Kleidung, nachdem die beiden weitergegangen waren, denn alles in lang plus Jacke war mir eindeutig zu warm. Übrigens, nur kurz war es dann wieder etwas kühl, aber egal, da musste ich jetzt durch.

Das war auch der Zeitpunkt, wo ich mich noch nicht mit der Erweiterung meiner Ortskenntnisse befasst habe, sorry Sophia, Du kommst erst später ins Spiel. Man, war ich stolz auf mich, eine Stunde unterwegs und noch immer auf dem richtigen Weg.

So ging es dann weiter, viele gerade Wege, hohes Tempo, und dann verlief ich mich. Lustigerweise kam ich wieder auf den Weg zurück. Aber fragt nicht wie mir das gelang. Plötzlich ist der Weg nur noch ein Trampelpfad, Bäume liegen quer und dann sind da mehr ls nur ein Trampelpfad. Also auf dem eine hin, doch wieder zurück, dann den anderen, mal über die Klippen gelunzt, nix gesehen und weiter. Und dann war da wieder mein Weg, und dann plötzlich nciht mehr.

Aber als ich den Lamas begegnete wurde ich stutzig. Wo leben die denn normalerweise? Mist, wie weit hast Du dich verlaufen? Es ist doch noch hell! Kommst Du jemals wieder nach Hause? Spucken die einen nicht an? Die gucken schon so. Doch ein paar Meter weiter merkte ich dann, dass ich noch richtig bin. Puh, Glück gehabt.

So gegen 11:30 Uhr war Zeit für eine ausgiebige Pause. Lt. Navi hatte ich bereits 14 km geschafft. Es gab Brötchen mit Wurst und dazu eine Dose Cola. Plötzlich kommen da die beiden, die heute morgen noch vor mir lagen. Der klassische Smalltalk unter Wanderern in dieser Situation (nehme ich an), von wegen wo man lang gegangen sei, wie und wo ich sie überholt haben könnte, aber die Lamas hatten sie auch gesehen, was bedeutet, dass wie zumindest die letzten paar km auf dem selben Weg waren. Ich musste ja schon mal grinsen, innerlich hoffe ich, dass die beiden, die deutlich geübter sind als ich und immer zu zweit auf die Landkarte schauen, sich auch mit der Erweiterung ihrer Ortskenntnisse befassen.

Naja, die Strafe für meine Schadenfreude lies nicht lange auf sich warten. Genau an diesem Ort meiner Pause standen mehrere Wegweiser und die haben mich voll verwirrt. Denn dort standen Orte, die zwar neben, aber nicht auf meiner Route lagen. Und da begann die Miesere, ich war sowas von falsch und lief hin und her und dann sogar im Kreis um einen Berg herum, den ich eben runter bin, um dann wieder hoch zu gehen. Das Schlimme war, ich konnte meine richtige Route auf dem Navi sehen, so ca. 200 m entfernt, aber ich wollte nicht irgendwo querfeldein gehen und außerdem war ich mir nicht wirklich sicher, ob das alles so stimmte. Es stimmte, denn ich ging dann später genau an dieser Stelle vorbei. Naja, das hatte dann mal wieder einen Lacher zur Folge.

Ich war dann auf der richtigen Route gelandet und ging weiter, leider auch mal wieder ein Stück auf der Straße, dann aber gleich wieder auf einem Weg. Uppsi, der falsche Weg mit dem richtigen Ziel. Ich erreichte Ponte Arche und musste ein paar Getränke kaufen. Ich nutzte die Wartezeit bis der Supermarkt wieder aufmachte um mich etwas zu entspannen. Dann shopping, auch gleich etwas zu Essen auf die Hand und einen Eistee Pfirsich für die Nerven. Und siehe da, bei meiner Planung hatte ich mal wieder ein Straßenstück eingeplant. Aber nee, Serpentinen läufst Du nicht. Also bin ich ein Stück hinter der Leitplanke gegangen, dann auf einen Weg, und wieder Straße. Und siehe da, die beiden, die mich heute schon 2 mal überholt hatten standen auf der Straße. Sie hätten sich wohl auch irgendwo verlaufen. Zu dritt sind wir dann an der Straße lang, bis ich mich in einem Ort absetzte, denn ich wollte unbedingt meinem Navi folgen. Ich wusste nicht genau die Adresse meines Hotels, natürlich schon, hatte sie aber nicht griffbereit, sondern war mir sicher, dass die Route am Haus entlang führen musste.

Übrigens, es hatte inzwischen mehrfach getröpfelt. Wer braucht denn sowas so kurz vor dem Ziel?

Ich ging dann meinen Weg, der glücklicherweise irgendwann nicht mehr an der Straße verlief sondern zwischen Maisfeldern hindurch und an Kuhställen vorbei. Nein, lieber Wandergott, bitte lasse mein Hotel nicht in einem dieser Bauernhöfe sein.

Irgendwann wurde mir das zu komisch und so bog ich den nächsten Querweg ab in Richtung Hauptstraße. Oh Mann, wo bin ich und wo ist mein Hotel? Ich stellte mich bei einer Autowerkstatt unter und googelte. Ich war nur 400 m vom Ziel entfernt. Cool, aber welche Richtung? Bevor ich loslief fragte dann doch lieber in der Werkstatt nach. Puh, Schwein gehabt, ich wäre in die andere Richtung gelaufen.

Ca. 17:37 Uhr war ich im Hotel. Deutsch kann man nicht, aber die junge Frau spricht ein passables Englisch. Das machte die Kommunikation deutlich einfacher. Sie suchte mir dann einen Bus raus nach Riva, der um 14:04 Uhr fährt. Ich darf sogar so lange im Hotel bleiben. Super nett. Die Alternative wäre irgendwo gegen 06:50 Uhr gewesen.

Als ich dann in meinem Zimmer, das übrigens 2 funktionierende Heizkörper hat, aus dem Fenster schaute musste ich feststellen, das ich nur knappe 100 m hinter dem Hotel gelaufen bin. Ich hatte den falschen Weg genommen, also eigentlich den richtigen, hatte ihn nur falsch geplant.

Inzwischen sind die meisten Sachen trocken, ich war im Restaurant des Hotels zum Abendessen, Schnitzel, Pommes, Salat und ne Cola (musste mal sein, und Pizza gb es nicht) und liege jetzt im Bett und tippe.

Das war gestern, wie ihr sicherlich gemerkt habt.


Ausgeschlafen, völlig entspannt, den Rucksack gepackt sitze ich am Morgen nach "habe fertig" mit einem Cafe Latte vor dem Hotel. Das Wetter ist herrlich, aber einige Stellen meines Körpers schmerzen, was mich meine Entscheidung nicht in Frage stellen lässt.

Da sitze ich nun und krame in meinen Gedanken von Gestern, wovon ich noch berichten könnte.

Das Duschen war lustig. Die Dusche selber hat etwa die Grundfläche eines Bierdeckels und einen Duschvorhang, was jetzt noch nicht problematisch ist. Interessant wurde es, als ich das Wasser aufdrehte. Es war so mehr ein leichtes rieseln und pieseln, kein richtiger Strahl. Die Temperatur lies auch zu wünschen übrig und es dauerte ewig, bis es mal wärmer wurde. Ich drehte mal den Wasserhahn am Waschbecken auf, komisch, da kam noch weniger. Dusche abgestellt und es wurde mehr, Dusche an und es wurde wieder weniger. Supi, naja, irgendwann war das Wasser warm und ich konnte duschen. Übrigens, heute morgen war dann plötzlich ein richtiger Strahl in der Dusche, sogar gleichzeitig mit dem Wasserhahn. Allora, isse mire egale, kommte Wasser kommte nixe, wie der Italiener sagt. Wenne eute nixe Wasser, danne wasse morge.

Naja, die Italiener halt.

Boah, hier ist es echt tot. Nix los, Saison bestimmt schon um. So ein großes Hotel, 40 Zimmer, riesige Terrasse, großes Restaurant, aber tote Hose. In der Bar sitzt die Oma, die da gestern schon saß. Hier gibt's bestimmt keinen Gimmler, mit dem sie mal reisen könnte.

Ach ja, übrigens, der Wander-Sveni, mein Inspirator, Motivator, Terminator und Trainer macht sich wohl Gedanken, die Tour könnte schlecht ausgearbeitet gewesen sein. Niemals Sven, alles prima. Du hast die grobe Route vorgeschlagen und ich habe dann mit meiner Naivität die Details ausgearbeitet, also wann es wo über Stock und Stein oder über gut ausgebaute und befahrene Landstraßen ging. Darauf werde ich beim nächsten mal genauer achten, aber trotzdem bleibst Du meinAnsprechpartner Nr. 1. Die geliehenen Jacken und das Bufftuch waren natürlich im Einsatz, auch dafür vielen Dank.

Ich denke, es sollte reichen. Bald geht es weiter.

Schaut doch heute Abend wieder vorbei hier auf AlleineWandernZumGardasee (auch wenn das nicht mehr stimmt) und lest das Neueste.

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