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Bolivien

Veröffentlicht: 10.11.2017

Der Frieden

Die Stadt „La Paz“ (der Frieden) erhielt den Namen zum Gedenken des siegreichen Unabhängigkeitskrieges gegen die Spanier im Jahre 1825. Der Name ist passend, da das Nebeneinander von Tradition und Moderne, indigener Märkte, kolonialer Altstadt, Boutiquen und Geschäftshäusern eine besondere und friedliche Atmosphäre schaffen.

Wir verlängerten unseren Besuch hier in der Stadt, weil es uns einerseits gut gefiel und wir Zeit zum Entspannen brauchten. Eine Erkältung und Kopfschmerzen begleiteten unseren Aufenthalt. War es etwa der hohe Meeresspiegel? Mit dem Flughafen „El Alto“ auf fast 4100 m.ü.M. besitzt die Stadt nämlich den höchsten Zivilflughafen der Erde.


Todesgefahr?

Während unserer Zeit in La Paz wagten wir uns auf die bekanntlich gefährlichste Strasse der Welt. Wir bewältigten mit massiven Mountainbikes zirka 64 Kilometer und knapp 3500 Höhenmeter. Alle Klimazonen durchquerten wir auf dem Weg – von kalter Bergluft, über feuchtwarmen Regenwald bis hin zu heisser Trockenheit. Es imponierte uns, wie zahlreiche Kreuze die Unfallstellen markierten. Bis im Jahre 2007 war sie noch als zweispurige Strasse befahrbar. Heute dient die „Death Road“ vor allem abenteuerlustigen Touristen. Wir genossen den Geschwindigkeitsrausch und die beeindruckende Landschaft auf dem Drahtesel. Todesangst hatten wir jedoch nicht.


Zeit zum Entspannen

Wir überlegten uns, den bolivianischen Amazonas für ein paar Tage zu besuchen. Den Bus buchten wir, um die 14- bis 16-stündige Reise günstig zu bewältigen. Wir waren jedoch skeptisch gegenüber der langen Reise und der teuren Tour in den Pampas, da wir mit Tieren und Dschungel auf unserer Reise in Costa Rica und auf Galapagos bereits recht verwöhnt wurden. So entschieden wir uns, weiter südlich nach Sucre zu fliegen. Die Hauptstadt Boliviens (Regierungssitz in La Paz) hat ein ruhiges Ambiente. Sie ermöglichte uns, zwei Tage unsere Batterien zu laden und den Gesundheitszustand auf Vordermann zu bringen. Während dem Entspannen hier merkten wir, wie selten wir auf unserer Reise ohne Wecker aufwachten - eine handvoll Tage vielleicht? So streng ist also unser Reiseleben. Es ist jedoch anzumerken, dass es bis anhin um ungefähr 18:00 Uhr dunkel war und wir tendenziell früh zu Bett gingen.


Rasend durch die Wüste

Mit durchschnittlich 120 km/h heizten wir mit einem Taxi für umgerechnet Fr. 7.50.- pro Person nach Potosí. Wir erreichten Spitzengeschwindigkeiten von 170 km/h und das mit einem nicht angegurteten Fahrer, der am Steuer telefonierte. Überholmanöver von Sattelschleppern, ohne nach vorne blicken zu können, Littering aus dem Fenster, die grosse Abfallmenge am Strassenrand und sein allgemein rücksichtsloser Fahrstil schockierten uns. Er hatte die Maria Mutter Gottes auf dem Unterarm tätowiert, den gekreuzigten Jesus auf das Armaturenbrett geklebt und machte das Kreuz in einer zehnminütigen Frequenz. Dies verlieh ihm wahrscheinlich diese übersinnliche und realitätsfremde Sicherheit. Wir stellten fest, dass dies die meisten Auto- und Busfahrer in Südamerika so machen. Es ist ja schliesslich auch günstiger, als unzählige Versicherungen für sich und das Fahrzeug abzuschliessen.

Wir schafften es nach einer zweieinhalbstündigen Horrorfahrt nach Potosí.


Minenarbeit in Potosí

Eine Minenstadt, in der sich die Leute lange Zeit eine silbrige oder sogar paradoxerweise goldige Nase am Silber- und Zinkabbau in den Minen verdienten. Die Blütezeit ist vorbei, die harte Arbeit unter miserablen Umständen besteht jedoch weiter. Wir hatten die Möglichkeit, eine Silbermine zu besuchen und sahen diese Arbeitsbedingungen mit eigenen Augen. Antonio, ein ehemaliger Minenarbeiter, zeigte uns die Welt in der Mine. Er brachte uns mit Humor die traurige Realität der einst reichsten Stadt Südamerikas näher. Als sein knapp 50-jähriger Vater vor acht Jahren bei der Arbeit gestorben war, hörte er auf, die Knochenarbeit weiter auszuführen. Wir stiessen auf eine Tour, die nicht auf Touristen ausgerichtet war. So bekamen wir ein echtes Bild eines Arbeitsalltags unterm Berg.

Am Morgen kaufen die tapferen Minenarbeiter auf dem für sie ausgerichteten Markt Kokablätter, gepresster Quinoa mit Stevia, Zigaretten, Alkohol und vor allem Sprengstoff ein. Übrigens ist Potosí der einzige Ort auf der Welt, wo man Dynamit legal auf der Strasse erwerben kann. All die aufgezählten Dinge brauchen sie, um den undenkbar strengen Arbeitstag zu meistern. Die Kokablätter kauen sie zusammen mit dem gezuckerten Quinoa, um angeblich die Höhe der Mine auf zirka 4500 m.ü.M. besser zu vertragen und vor allem, um die existenziellen Bedürfnisse wie Hunger und Durst zu unterdrücken. Den Alkohol nutzen sie, der „Mutter Erde“ beim Eingang und den Teufeln in der Unterwelt danke zu sagen und Hoffnung in ihnen zu schöpfen. Sie schütten den zu Beginn der Woche auf den Boden und hoffen auf eine gewinnträchtige und unfallfreie Schufterei. Am Ende der Woche nutzen sie ihn für ein herzliches Dankeschön. Der Feinstaub in diesen zum Teil furchtbar engen Minengängen belegt die Lungen der Arbeiter regelrecht. Deshalb ist es auch so, dass die wenigsten Minenarbeiter über 50 Jahre alt werden. Wenigstens hatte die Menschenrechtsorganisation seit einigen Jahren die Kinderarbeit im Berg verboten. Die UNESCO Weltkulturerbe ernannte den Berg zum Schutz, wollte jedoch nichts von dem unmenschlichen Zustand der Leute in den Minen wissen. Rufen die undenkbar schlechten Arbeitsbedingungen hier nicht dazu auf, die gesamte Arbeit zu hinterfragen? Es kann doch nicht sein, dass die durchschnittliche Arbeitsperiode nur gerade 15 bis 20 Jahre beträgt, oder? Wir beschweren uns über einen Arbeitsweg von über einer Stunde und die Minenarbeiter in Potosí kriechen einen mühevollen und staubigen Weg zirka 200 Meter oder mehr in die Tiefe. Der ganze Einblick und die Schilderungen Antonios beeindruckten uns sehr. Erst als wir schliesslich aus der Höhle krochen, gab er uns zur Antwort, dass pro Woche drei bis vier Personen an den Folgen der Minenarbeit sterben. Wir waren schockiert und zugleich erstaunt, wie humorvoll Antonio mit der Situation umgeht. Diese bittere Wahrheit ist vermutlich nur mit einer Prise Humor auszuhalten.

Die Minenbesichtigung hatte auch ein beklemmendes Gefühl in uns ausgelöst. Wir hatten viel zu Auge bekommen und konnten uns ein Bild des zähen Lebens unter dem Berg ausmalen, allerdings nichts an der Lage ändern.


Die unendliche Weite

Von der Armut der Menschen in Potosí reisten wir weiter in die Armut der Vegetation – die Salzwüste Uyuni.

Bis wir die Weite der grössten Salzwüste der Welt zu Gesicht bekamen, mussten wir jedoch im nussigen Duft von Babykacke und sonstigen Ausdünstungen der Menschen im Bus ausharren. Schade, waren unsere Waschklammern für die Nase im grossen Gepäck verstaut. Der heute in der Mine aufgenommene Feinstaub in den Nasenlöchern reichte nämlich auch nicht aus, den Gestank genügend zu absorbieren. Es bestand keine Möglichkeit, dem penetranten Geruch zu entkommen. Zum Glück dauerte die Busfahrt nach Uyuni nur gerade vier Stunden.

Als wir uns am nächsten Tag auf die Wüstentour aufmachten, bemerkten wir, dass unsere Nasenhaare vom Vortag immer noch leicht gelähmt waren. Nein, natürlich nicht! Wir erlebten eine unvergessliche, dreitägige Reise mit einem 4x4 Land Cruiser durch die Wüste. Besonders Spass hatten wir am kreativen Fotografieren. Juhuuu, wir haben einen hohen „Salär" von Erlebnissen.

Die Vulkanlandschaft mit den verschiedenfarbigen Lagunen brachte uns zum Staunen. Manchmal hatten wir das Gefühl, auf einem anderen Planeten zu sein.

Antworten

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