Veröffentlicht: 10.11.2024
Ich habe es ja schon geschrieben, an unserem ersten Tag mit Sonnenschein in Hangzhou besuchen wir die Liuhe Pagode. Es ist ein absolut empfehlendswertes Ausflugsziel, welches aber nur die Personen ansteuern sollten, die sehr gut zu Fuß unterwegs sind. Für meine Schwiegereltern wäre der steile Aufstieg in der Pagode zu schwer gewesen, ich bin froh, dass wir ohne sie hierhergefahren sind. Die Pagode hat eine lustige Eigenschaft, nämlich sie sieht wie eine Holzpagode aus. Tatsächlich ist es eine Steinpagode, welche von einer Holzkonstruktion vollkommen umgeben ist. Die "Sechs-Harmonien-Pagode", so die Übersetzung, liegt auf dem Yuelun-Berg umgeben von bewalteten Hügeln am Ufer des Qiantang-Flusses. Die Liuhe-Pagode ist circa 60 Meter hoch und hat eine achteckigen Grundriss. Der bestehende siebenstöckige Ziegelkern stammt aus der Zeit von Kaiser Gaozong der südlichen Song-Dynastie (1163), nachdem eine Vorgängerpagode schon 200 Jahre zuvor errichtet wurde. Wir steigen die Stufen bis zum Sockel empor, die Pagode wird von den umliegenden Wald umrahmt. Wir gehen in die Pagode hinein und hier erwartet uns eine steile Steintreppe nach oben, die von einer noch steileren Holztreppe abgelöst wird. Wir kämpfen uns Etage für Etage nach oben, besichtigen die verwinkelten Windungen jedes Stockwerkes, suchen die nächste Treppe und steigen weiter empor. Im Herzen des Backsteinturms ist die Decke in jedem Stockwerk mit Drachen und Phönixen bemalt, die von Wolken, Pflaumenblüten, Orchideen, Chrysanthemen und andere Blumen sowie Wasserkastanien umgeben sind. In den Fluren befinden sich in Nischen Wandgemälde, die zum Teil erst 2003 bei Renovierungsarbeiten entdeckt wurden und aus der Zeit der Ming-Dynastie stammen. Oben angekommen haben wir im hölzernen Fassadenbau eine tolle Aussicht auf den Qiantang Fluss und dessen Kulisse. Nur schweren Herzens entscheiden wir uns wieder für den Abstieg. Hinter der Pagode sitzt ein mächtiger steinerner Zhitan, der als Mönch jahrelang das Geld gesammelt hat, um den Wiederaufbau der Pagode während der Song-Dynastie zu organisieren. Noch weiter hinten im Wald ist die neue Liuhe-Glocke aus Bronze aufgestellt, welche im Stil der Ming-Dynastie (1368-1644) gegossen wurde. Sie ist 2,25 Meter hoch, wiegt 2,3 Tonnen und trägt eine Inschrift des wichtigen chinesischen Historikers Mao Zhaoxi (1929 – 2023). Es heißt, dass die Menschen seit alters her die Glocke der Liuhe-Pagode schlugen, um sich einen friedlichen Qiantang-Fluss, ein wohlhabendes Land und ein sicheres Leben zu wünschen. Heute ist es für die Einheimischen eine Tradition geworden, die Liuhe-Glocke am Vorabend des chinesischen Neujahrsfestes zu schlagen, um Segen und Glück zu erbitten. Weiter geht unser Spaziergang im waldigen Pagodengelände zum Goldfischteich, denn die Liuhe-Pagode ist einer der Geburtsstätte des Goldfisches. Neben der abschließenden Ausstellungshalle befindet sich eine Stele mit eingravierten Gedichten des schon mehrfach erwähnten Kaisers Qianlong (1711-1799) über die Pagode. Er hat sie bei seinen Inspektionsreisen mehrmals besucht. In der kleinen Ausstellungshalle selbst wird die Liuhe-Pagode als wichtiges Symbol der Harmonie dargestellt, eine Harmonie zwischen Konfuzianismus, Buddhismus und Taoismus. Ein Harmoniestreben, welches heute auch noch im großen China eine wichtige kulturelle Bedeutung hat und das Leben in China so angenehm macht.