Salam ya Amman
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Englischunterricht, die Zweite.

Veröffentlicht: 21.11.2019

Dienstag + Mittwoch, 19. + 20. November

8:00 am. Nach Joggen und Frühstück mit den Mädels treffe ich mich mit Sophia im Manara Bookshop in Weibdeh. In der wärmenden Mittagssonne auf der Terrasse von Manara sitzend bereiten wir unseren Englisch-Unterricht für Tarabot vor – morgen ist es wieder so weit. Nachdem wir fertig sind, Arabisch-Unterricht in der Uni, dann nach kurzer Pause, unsere Vorlesung.

Dr. Rawan, unsere Dozentin, ist nicht da, weshalb wir mit unserer heutigen Gast-Dozentin alleine sind. Sie heißt Jud und arbeitet in dem Forschungsinstitut, in dem Clara ihr Praktikum macht. Sie stellt uns heute Body Mapping als Forschungsmethode in der Arbeit mit Kindern vor, was zufälligerweise sehr gut zu unserer Ton-Aktivität passt, die wir am Montag bei Tarabot durchführen werden. Auch hier geht es darum, sich seinem eigenen Körper bewusster zu werden, indem eine Silhouette von einem Kind gezeichnet wird, um dann auf die verschiedenen Körperteile einzugehen. Abgesehen von dem physischen Aspekt sollen ausgehend von den Körperteilen auch die verschiedenen Sinne der Kinder untersucht werden, und das Umfeld, in dem sie sich bewegen. Erreicht wird das durch Fragen, die den Kindern gestellt werden, z.B. wohin sich das Kind bewegen würde, was seine Gedanken beschäftigen, was es gerne in seiner Freizeit macht usw.

Nachdem Jud uns die Forschungsmethode vorstellt, sollen wir das Body Mapping dann in Gruppen selbst durchführen, mit einer fiktiven Kinderfigur und der Annahme, dass wir gleichaltrige Forschungsteilnehmer*innen sind. Wir zeichnen Ahmad, ein Junge, der hier in Amman lebt, und verschiedene Herausforderungen in seinem Alltag zu bewältigen hat. Es ist gar nicht so einfach, sich in eine solche Person und Situation hineinzuversetzen. Aber wir bekommen zumindest eine Ahnung davon, wie eine solche Forschungsmethode mit Kindern funktionieren könnte. Und natürlich ist Ahmads Silhouette auch eine künstlerische Hochleistung.

6:30 am. Im Gegensatz zur letzten Woche stehe ich heute früh genug auf, um pünktlich bei Tarabot zu sein und unseren Englischunterricht noch in Ruhe vorzubereiten. Und heute sind es die Kinder, die wegen dem Berufsverkehr am Morgen spät dran sind, weshalb wir uns mit der Vorbereitung wirklich Zeit lassen können. Sophia und ich haben durchgesetzt, dass Tarabot eine Lizenz für eine Webseite gekauft hat, von der aus man Zugang zu einer Fülle von Arbeitsblättern, Liedern und vielen anderen Englisch-Materialien hat. Mit den neuen Zugangsdaten können wir also noch Lieder und Songtexte herunterladen, mit denen wir dann die Kinder empfangen.

Nachdem Samer uns noch einmal wärmstens empfohlen hat, Mädels und Jungs abwechselnd zu platzieren, um mehr Ruhe in den Klassenraum zu bringen, ist das dann gar nicht mehr notwendig: Dr. Aminas Tochter bietet ab heute gleichzeitig zu unserem Englisch-Kurs einen Mathe-Kurs im Nebenraum an, an dem nun einige unserer Schüler von letzter Woche teilnehmen. Unsere Klasse ist jetzt also von 18 auf 9 Schüler*innen geschrumpft, und das macht wirklich einen enormen Unterschied: es gibt heute nicht einmal eine einzige Unterbrechung, sodass Sophia, Samer als Übersetzer und ich die geteilte Aufmerksamkeit der Kids genießen.

Und alles läuft ungewohnt nach Plan: die Kinder lesen konzentriert alle Wörter und Sätze, die wir ihnen vorstellen, singen lauthals die Lieder mit, und schreiben alles in Schönschrift in ihre Hefte und Blöcke, die sie heute wieder mitgebracht haben. Auch die Spiele, die wir vorbereitet haben, kommen gut an, sodass dann um 11 Uhr, als der Unterricht laut Plan eigentlich vorbei ist, eine ungewöhnliche Situation auftritt: die Kinder wollen den Klassenraum nicht verlassen. Sophia und ich können also noch zusätzlichen Stoff durchnehmen, bis die Lehrerin der Kinder schließlich in unsere Klasse kommt und alle mitnimmt. Wir bekommen heute wirklich von allen Seiten positives Feedback für unseren Unterricht.

… von fast allen Seiten. Dr. Amina sagt uns, dass die Kinder im benachbarten Mathe-Kurs sich beschwert haben, als die laute Musik bis in ihren Kursraum durchgedrungen ist, und gesagt haben, dass sie auch in die „Spaß-Klasse“ gehen wollen. Wir haben ab nächster Woche also Lautsprecher-Verbot. Aber damit können wir leben. Wir bekommen jetzt erst einmal einen Chicken-Burger und Trinkepäckchen von Fuad und können uns eine kleine Pause gönnen.

Am Nachmittag kommt Clara uns dann bei Tarabot besuchen, um zusammen mit Fuad und Kemo unsere Aktivität am Montag durchzusprechen. Wir bekommen alle Materialien versprochen, die wir benötigen, und auch ansonsten sind die beiden offensichtlich mit unserem Plan zufrieden. Wir sind wirklich schon sehr gespannt, wie das alles laufen wird.

Als wir heute dann gegen 3 Uhr unseren Praktikumstag beenden, sind Sophia und ich uns einig: wir legen vor dem Nachhauseweg noch einen Stopp bei Abu Wahid ein. Wir waren schon seit einer guten Woche nicht mehr da und vermissen sein Essen schmerzlich. Es macht wirklich einen Unterschied in der Lebensqualität, wie Sophia sehr richtig feststellt. Mit Abu Wahids Hummus ergibt das Leben einfach sehr viel mehr Sinn. Nachdem wir für eine halbe Stunde im Geschmacksparadies schwelgen, mache ich mich dann mal wieder auf den Weg ins Manara. Hier werde ich in den nächsten Tagen sicherlich noch einige Stunden verbringen.


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