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Die Arbeit an der Schule in Mumbai

Veröffentlicht: 15.12.2017

Wie bereits in meinem ersten Eintrag beschrieben, habe ich in Mumbai an einem Praktikum in einer Schule teilgenommen und gearbeitet. Ziel war es, mit den Kindern zu tanzen und die deutsche Kultur etwas näher zu bringen. Dafür habe ich hier Vorort die Unterkunft, den Transport und die Verpflegung gestellt bekommen.

Und diese 6 Wochen waren wirklich eine aufregende Erfahrung! Nicht nur, weil ich das erste mal Lehrerin war, sondern auch, weil ich somit verstehen konnte warum die Menschen hier sind, wie sie sind. Denn schließlich liegen die Wurzeln einer jeden Kultur in der Erziehung der Kinder.

Ich weiß noch genau, wie ich nach den ersten Schultagen zu Aline meinte, dass alle Kinder auf der Welt gleich sind und ich zu dem Zeitpunkt noch dachte, es würde ein leichtes werden. Recht schnell stellte sich aber heraus, dass es noch eine schwierige Aufgabe für mich werden wird, mich an die Mentalität der Kinder und den Schulalltag zu gewöhnen. Sicherlich sind alle Kinder gleich, ab ab einem gewissen Alter bemerkt man dann jedoch die kulturellen Hintergründe.

Ich war in der Ryan Global School in Andheri in Mumbai. Sie ist eine von 20 christlichen Schulen und diese sind auch noch in weiteren Ländern vertreten. Auch wenn nicht alle Schüler Christen sind, ist das Christentum der Leitfaden dieser Schulen. Viele Schüler sind Hindus und Muslime, daher bleibt die Schule auch an diesen Feiertagen geschlossen und oftmals wird der Unterricht dann am Samstag nachgeholt.


Die grundlegenden Dinge sind mit Schulen aus Deutschland zu vergleichen, jedoch gibt es sicherlich viele Unterschiede. Handys werden von allen Schülern am Morgen an der Rezeption abgegeben. Es wird grundsätzlich Englisch gesprochen. Besonders gut finde ich auch, dass es Putzkräfte gibt, die den ganzen Schultag anwesend sind und auf die Reinheit des Schulgebäudes achten und die Lehrer auch unterstützen. Die Toiletten in meiner Schule waren ja manchmal das Grauen! Sie tragen hier als „Dienstkleidung“ türkise Saris. Das macht die ohnehin schon schönen Gänge noch bunter :)

Der 2. Stock, der 2. und 3. Klaessler. Hier haben wir einen Pausenraum gehabt und uns oft aufgehalten

An unserem ersten Tag wurden wir direkt ganz herzlich beim morgendlichen Assembly begrüßt und erhielten eine Karte und eine Blume. (Ich weiß noch nicht ganz wie ich diese Blume nun die vielen Tage noch transportieren soll.. :D) Die ersten Tage waren total aufregend und vergingen wirklich schnell.


Wir haben recht zu Beginn mit den Lehrern abgesprochen, dass wir ein Abschlussprojekt entwickeln werden und zum Sporttag einen Welcome-Song, zwei Prayersongs (aus Finnland/Deutschland) und zwei weitere Tänze choreografieren werden. Ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt sehr eingeschränkt in meiner Freiheit, da Kirchenlider nicht unbedingt Songs sind, mit denen ich den Kindern einen Einblick in den Jazz und Modern Dance geben wollte. Es fühlte sich eher so an, als würden sie hier ihren Plan durchziehen wollen und der kulturelle Austausch besteht darin, deutsche und finnische Songs dafür zu verwenden. Wobei wir selbst da eingeschränkt waren: „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ könnten wir auf keinen Fall nehmen, denn sie können ja keinen Song über eine verrückte Oma abspielen. Ich habe mich an dieser Stelle gefragt, wer aus dem Publikum wohl den Text verstehen würde.. naja egal, wir haben die Situation einfach so akzeptiert und uns gesagt, dass wir das beste draus machen werden.


Mein Schulalltag war sehr gewöhnungsbedürftig. Der Fahrer holte uns jeden Tag 7:30 von Hotel ab und wir sind dann gegen 8:30 in der Schule angekommen. Zunächst haben wir 2 Wochen warten müssen, ehe wir nach mehrmaliger Nachfrage einen richtigen Stundenplan erhalten haben. Dieser war allerdings zumeist unnütz, denn wir saßen oft in der Aula und haben uns überraschen lassen, welche Klasse wohl kommen würde. Ich frage mich wie die Schüler sich an einen geregelten Ablauf gewöhnen können, wenn der Stundenplan jeden Tag variiert und es keine festen Stunden gibt, dies schafft sicherlich keine gute und stabile Lernatmosphaere. Das war für mich oft nervenaufreibend, zwang mich aber auch dazu spontan zu sein. Ich habe irgendwann aufgehört die Stunden explizit zu planen, sondern eher nur grob festgelegt, was ich in der kommenden Stunde erreichen will.Ich habe die Stunden zusammen mit Rianna aus Finnland gehalten. Es war sehr gut zu zweit zu sein, da man so sicherlich mehr Kontrolle über die Kinder hatte, mehr Ideen zusammentragen konnte und wenn mal einer schlapp, müde und kaputt war, konnte der andere einspringen und helfen. Generell wird hier alles auf den letzten Drücker erledigt und kaum etwas im Voraus geplant, es gab unzählige Situationen die das bestätigt haben. Samstags haben wir einen Auftritt mit 5 Klassen? Ach die Chorprobe ist am Mittwoch, die Zeit wird reichen zum Singen und zum Erlernen der Tanzschritte dazu. Die 2 Austauschlehrer aus Europa können doch schnell dabei helfen. Dafür lassen wir ihre Stunden einfach mal kurzerhand ausfallen.Wann soll der Sporttag stattfinden? Der ist am 1.12., nein wir verschieben den mal auf den 6.12., nein doch lieber auf den 16.12. Diese Klasse hat gerade keinen Lehrer? Dann können sie ja jetzt Tanzunterricht mit unseren Praktikanten haben. Die Anzahl der Gruppen variierte stark, manchmal waren wir zu 6. und manchmal waren wir locker 50 Schüler und Lehrer in einem Raum. Die Stunden haben wir meist mit einem Mix aus freier Arbeit, angeleitetem Unterricht und Spielen gestaltet. Man hat sichtlich erkannt, dass es für die Kinder eine komplett andere Unterrichtsform war, als die die sie kennen.

Die 1. Klasse bei der Aufgabe, die Musik die sie hoeren zu verbildlichen, anschliessend haben wir zu den gemalten Bildern Tanzschritte entwickelt (z.B.: wenn Regentropfen gemalt wurden, haben wir welche mit unseren Fingern dargestellt)

Die Kinder waren sehr oft sehr aufgedreht, haben viel geschrien und sind oft wild durch den Raum gerannt. Das hat aber auch eine einfache Erklärung: es gibt keine Pausen in denen sie sich groß auspowern können und mal den Kopf frei kriegen. Die Frühstückspause dauert 10 Minuten, zwischen den Stunden gibt es keine 5-Minuten-Pausen in denen man den Raum wechselt (das erfolgt einfach so schnell es geht) und die Mittagspause dauert gerade einmal 40 Minuten. Da bleibt aber auch nicht viel Zeit zum Spielen und Toben wenn man noch etwas essen will.

Alles läuft hektisch ab, und es gibt kaum Zeit für die Schüler sich zu erholen und sich mal auf sich selbst zu konzentrieren.Wenn wir Übungen machten, wobei die Kinder frei durch den Raum laufen sollten haben sie uns oft mit großen Augen angeschaut und wussten nicht was sie machen soll. Sie blieben einfach auf der Stelle stehen. Schon komisch wo man hier anfangen musste zu arbeiten.


Das viele rumbrüllen ist hier normal. Wenn eine Lehrerin bei uns so eine Ansage machen würde wie hier, wären die Kinder für den Rest der Stunde still und würden es sich nicht mehr trauen zu quatschen. Hier ist es jedoch normal das die Kinder noch während die Lehrerin spricht dazwischen quatschten. Das hat mich manchmal wirklich zur Weißglut gebracht.Die Kids kennen nur die totale Gehorsamkeit oder das völlige Freidrehen. Es gibt keine ausgeglichene Mitte, was die improvisatorische Arbeit oftmals schwer gemacht hat. Trotzdem denke ich, dass die Kinder sich in der Zeit ein wenig dran gewöhnt haben, da ich auch schon Fortschritte erkennen konnte. Darüber war ich wirklich glücklich. Wir haben auch Tanzstunden mit dem Tanzlehrer von hier gehabt. Sein Unterricht war streng und eintönig. Als wir dies das erste mal beobachtet haben, waren wir wirklich nicht begeistert. Die Kinder sagen nicht glücklich aus und konnten sich nicht einen Moment selbst von der Musik treiben lassen. Er war das beste Beispiel, dass den Kindern wieder nur die totale Gehorsamkeit eingetrichtert wurde!


Hier werden Schüler mit körperlicher, als auch geistiger Behinderung in die Klassen integriert. An sich finde ich, dass es eine gute Sache ist, da die Kinder so mögliche Berührungsängste verlieren und zusammen lernen und Spaß haben. Trotzdem war es manchmal ein Hindernis, vor allem mit den Kindern mit geistiger Behinderung, da diese dann oft lautstark den Unterricht gestört haben und somit auch die anderen am Lernen gehindert haben. Manchmal fiel es mir schwer etwas zu erklären, wenn eines der Kinder an dem Schlagzeug saß und meine Stimme mit dem Trommeln übertönt hat. Trotzdem fand ich es immer wieder toll zu sehen, wie die Kinder zusammen agieren. Wenn zum Beispiel der Junge mit Behinderung durch die tanzenden Kinder lief haben alle anderen versucht ihn bei den Händen zu nehmen und mit ihm zu tanzen. Das fehlt das bei uns in Deutschland. Bei mir in der Schule kam es nie zum Kontakt mit Menschen mit Behinderung, daher hatte auch ich eine kleine Barriere im Kopf. Diese lockerte sich erst ein wenig, als ich im Tierpark oft die Behindertengruppen bedient habe.


In der Zeit in der wir da waren, fand der Kindertag statt. Der wurde richtig gefeiert und die Lehrer haben die Schueler richtig gefeiert. Ich finde es schoen, dass auch mal die Kinder so gelobt und motiviert werden.

Beim morgentlichen Assemblz wurden auch immer die Geburtstagskinder auf die Buehne geholt und es wurde fuer sie gesungen und Glueckwunschkarten ueberreicht. Diese Kinder durften an dem Tag auch ohne Uniform kommen und das tragen was sie wollen. Ich finde das ist eine schoene Sache.


Zu den Projekten:

Da wir mit Kindern im Kindergartenalter bis hin zur 12. Klasse gearbeitet haben und die Gruppen manchmal aus 5 Kindern bestand, manchmal aber auch aus 50 Schuelern, mussten wir den Unterricht und auch die Abschlussprojekte unterschiedlich gestalten.

Der Unterricht mit Klassenstufe 6 bis 12, dies war jedesmal wieder das Grauen da der Laerm riesig war und die Schueler ewig brauchten um in den Reihen zu stehen. Zudem kommt, das sie in diesem Alter nicht unbedingt super motiviert  sind.

Ich mit einer kleinen Gruppe der 1. Klaessler. Hier war es das einzige mal moeglich, eine ruhige Atemuebung mit den Kindern zu machen.


Für die ganz Kleinen (2-5 Jahre) haben wir „So ein schöner Tag“ von Tim Toupet ausgewählt. Das Lied ist perfekt für die kleinen, da die Schritte einfach zu verstehen sind und sie sogar mitsummen und -singen können.

Das Fliegerlied (So ein schoener Tag)


Die aller Kleinste der Schule war gerade ienmal 2 Jahre alt und war in der Kindergartemgruppe, die die Kinder an den Schulalltag gewoehnen soll


Für den Prayersong aus Deutschland habe ich ein schreckliches Lied ausgesucht. „Der Jesus-Tanz“, über dieses Lied habe ich mich vor 2 Jahren noch lustig gemacht und nun tanze ich dazu mit der Klasse 2A. Die Kids lieben dieses Lied aber. Es hat einen tollen, schnellen Rhythmus und auch einige Stellen zum mitsingen. Die 3. Klassenstufe hat einen Song aus Finnland erhalten und tanzt mit einem großen Tuch und Regenschirmen dazu. Mir gefällt, dass es besonders bunt aussieht.



Die restlichen Songs sind aus Finnland. So hatte jeder von uns beiden Chancen die Songs selbst zu choreografieren, aber wir haben auch einiges zusammen erarbeitet.

Ein Kreistanz zu einem finnischem Song

Für die höheren Klassen waren wir nicht zuständig was den Sporttag angeht, das haben der Sportlehrer und der Tanzlehrer übernommen. Sicherlich muss es für die 6.-8. Klassen etwas schnelles und aktives sein (langsam gibt es ja nicht) sein: Zumba. Die Schüler haben 6 Tanzschritte gezeigt bekommen und diese ganze 4 Wochen immer wieder geübt. Das war schlimm für mich anzusehen, da die Kinder kaum noch Spaß dran hatten und gelangweilt wirkten. Die 9.-12. Klassen sollten menschliche Pyramiden bauen. Da steht aber bis heute keine Choreografie. Es hieß letzten Freitag wir sollen Stuhl-Aerobic mit ihnen machen. Mich hat zu dem Zeitpunkt gar nichts mehr geschockt und ich hab diese absurde Idee einfach hingenommen und gelacht. Blöd nur, dass wir keinen Unterricht mehr mit ihnen hatten und nun nichts passiert. Schlimm ist das aber auch nicht.Es ist schade das wir den Sporttag und die Präsentation nicht mehr sehen werden, aber wir bekommen ein Video zugeschickt und hatten am letzten Arbeitstag eine Generalprobe und mussten ein Interview halten. Alles in allem war es eine tolle Erfahrung. Ich weiß nun, dass ich sicherlich keine Lehrerin werde. Es ist eine tolle Arbeit, aber ich könnte es mir nicht für den Rest meines Lebens vorstellen. Außerdem bin ich zum Entschluss gekommen, dass ich keine typischen Lieblingskinder hätte, sondern eher Hasskinder.. :D Ich werde die Kinder und auch die netten Lehrer vermissen. Aber auch die liebe Essensfrau, die uns jeden Tag sogar extra auf Wunsch hin Obstsalat zubereitet hat. Ich hab viel gelernt, auch über mich selbst. Ich bin froh so mutig gewesen zu sein, JA zu Indien zu sagen. Trotzdem alle so geschimpft haben, ich solle das nicht machen. Gut, dass ich auf mich selbst und mein Gefühl gehört habe!


Noch ein Bild vom letzten Tag, an dem durch Zufall das Assembly am Ende des Schultages stattfand. Wir wurden gelobt und uns wurde viel Glueck fuer die Zukunft gewuenscht. Alle waren traurig, dass wir gehen.


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