Mit uns auf Wethreise
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Damals: 1776

Veröffentlicht: 04.07.2016

.... genauer: Am 4. Juli 1776, wurden die 13 bestehenden britischen Kolonien in Nordamerika zum ersten Mal in einem offiziellen Dokument als "Vereinigte Statten von Amerika" bezeichnet. Und das nicht auf irgendeinem Dokument, sondern auf der Unabhängigkeitserklärung von Großbritannien, was sie von nun an zu einem souveränen und demokratischen Staatenbund entwickeln ließ.

Kein Wunder also, dass dieser Tag ganz besonders groß im ganzen Land gefeiert werden muss! So auch in Naples. Mit einer Parade am Morgen und einem Feuerwerk am Abend. Auf beides waren wir schon sehr gespannt, hat man doch schon des öfteren Mal davon etwas aufgeschnappt.

Leider wurden Hausfassaden fast gar nicht dekoriert und bei genauerem Beobachten stellten wir fest, dass auch fast gar kein Haus einen Fahnenmast im Garten stehen hat. Oh! Was ist denn hier los? Na gut, wir ließen uns weiterhin überraschen.


Wir brachen morgens also gegen 9.15 Uhr in Richtung alten Stadtkern auf um noch Glück mit der Parkplatzsuche zu haben. Um uns herum sahen wir schon einige Menschen, die sich in Richtung Paradenstrecke orientierten, bepackt mit Sonnenschirmen, Klappstühlen, Kühltaschen und natürlich auch mit dem ein oder anderen Accessoire, welches diesen Feiertag küren sollte. Auch wir schlossen uns dieser Ameisenkette an und sie führte uns zu einer begrünten Straßenecke, auf welcher ein riesiger Baum und ein netter Pavillon viel Schatten spendeten - zwar in dritter Reihe zur Parade, aber Schatten war uns dann doch etwas lieber.

Punkt 10 Uhr donnerten laute Salutschüsse durch die Luft (ich habe nicht mitgezählt, aber traditionell sollten es 13 sein), man hörte die Sirene des Feuerwehrwagens kurz aufheulen und es ging los. Irgendwie erwartete meine durch Medien geprägte Phantasie laute Fanfaren, Spielmannszüge, Tamburin-drehende-Mädchen, Trompetenbläser, Menschen in Kleidung von 1776.... Tja, was soll ich sagen... das ist so eine Sache mit der Phantasie und der Erwartung.... auch am höchsten Feiertag dieses riesengroßen Landes.

Also es ging los und man konnte ein städtisches Feuerwehrauto bewundern, viele alte Autos, die geschmückt und präpariert waren um Werbung für diverse politische Leute zu machen (auch hier waren Trump-Anhänger zugegen), es gab eine Gymnastikgruppe, ein paar wenige Handwerksbetriebe liefen Werbung, und die Pfadfinder waren auch dabei. 

Nur vereinzelt gab es Gruppen, die ich irgendwie in mein Erwartungsbild integrieren konnte und welche für mich eben auch dazugehören. So gab es zwischen drin verstreut ca. drei Wagen mit Kriegsveteranen, die mit viel Respekt und Beifall beklatscht wurden.

Dann kamen wir in den Genuss der Nationalhymne gespielt von einem Violisten, der im Cabrio gefahren wurde und etwas später wurde eine groooooße Flagge von vielen stolzen Helferhänden getragen. Plötzlich stoppten alle, ein Mann bat all aufzustehen, die Hüte abzunehmen, die Hand aufs Herz zu legen und mit ihm den Fahneneid zu sprechen.

Genau SO muss das sein, dachte ich mir. Und um ehrlich zu sein, gefiel es mir auch sehr gut. Älteren Herrn Respekt zu zollen für das was erlebt und überlebt haben, finde ich sehr ehrenvoll und dieser Status hilft ihnen hoffentlich so manche Erlebnisse besser verarbeiten oder tragen zu können und im Alter noch immer feste Identität zu haben, zu der sie mit Stolz stehen können. Es würde an dieser Stelle zu politisch, aber ich möchte es auf der individuellen Ebene sehen und denke dabei an meinen kürzlich verstorbenen Opa, der ebenfalls ein großes Paket an unverarbeiteten Kriegserlebnissen sein 94-jähriges Leben lang mit sich tragen musste. 

Auch gemeinsam die Nationalhymne zu singen, wirkt als ein sehr verbindender Moment. Es scheint außerhalb des Fußballs dafür gar keine Basis in Deutschland zu geben. Das finde ich sehr schade und sage an dieser Stelle (für mich selbst ganz unerwartet) "Danke Fußball! Wenigstens ein bisschen Nationalstolz darf an dieser Stelle aufkommen!"

Eine weitere Gruppe, die sich präsentierte, waren Jugendliche in Uniformen mit Maschinengewehren oder etwas ähnlichem. Mit Schreckschussmunition ballerten sie durch die Luft. Ich habe bei anderen Zuschauern nachgefragt: Es gibt anscheinend schon während der High School Zeit die Möglichkeit sich nebenbei der Army anzuschließen und irgendwelche Basics zu erlernen - eben auch den Gebrauch von Waffen. Für mich ein sehr erschreckendes Bild, für die anderen Umherstehenden eben wieder mal normal. Dabei kam eine Erinnerung in mein Bewusstsein: Ein Jugendlicher an meiner alten Arbeitsstelle besuchte in den Sommerferien für einige Wochen seinen Opa in den USA und kam dort mit seinem gleichaltrigen amerikanischen Cousin in guten Kontakt. Beide waren ungefähr 17 Jahre alt. So konnte "mein" Jugendlicher Ge- und Verbote zweier verschiedener Nationen erleben und Vergleichen. Als er wieder zurück kam, stellte er etwas fest, woran ich bei dem Anblick der Jugendlichen bei der Parade denken musste: " Weißt du in Amerika bin ich mit 16 Jahren alt genug um Auto zu fahren und in den Krieg in fremde Länder zu ziehen, aber ich darf kein Bier trinken. Das darf ich erst mit 21 Jahren. Also theoretisch könnte ich schon tot sein ohne vorher ein simples Bier getrunken zu haben." Ja, er hat es gut formuliert, wie ich finde.... 



















Nun gut, die Parade war vorübergezogen und wir machten uns wieder auf den Weg zurück zur Wohnung. Hatte ich erwähnt, dass trotz des großen Feiertags fast alle Geschäfte offen hatten? Schade irgendwie. Ein Mann im Supermarkt sagte zu mir "its all about  the money!"...

Nach einem 3-stündigen Mittagsschläfchen, was uns für die Abendplanung sehr entgegenkam, rödelten wir in der Wohnung, packten schon mal einen Koffer und besprachen eine angedachte Weiterreise in der nächsten Woche.

Der Himmel verdunkelte sich in dieser Zeit und es rollten sehr große Donnerwolken über die Stadt. Irgendwann begann es auch zu regnen. Wir versuchten dennoch unser Glück und machten uns auf um am Strand das versprochene Feuerwerk zu bewundern. Relativ schnell haben wir diese Gedanken aber wieder aufgegeben, denn Regen ist das eine, aber mächtige Blitze etwas anderes. Da sollte besser keiner am Strand herumlaufen. So fuhren wir im Schneckentempo hinter einer ganzen Perlenkette an Autos von der einen Seite der Stadt auf die andere Seite, wo am Pier das große Feuerwerk stattfinden sollte. Unser neuer Plan war jetzt, einen guten Parkplatz zu finden und im Auto sitzend das Feuerwerk anzuschauen. Da haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die gleiche Idee hatten wohl tausende von anderen Leuten auch. Also hieß es Geduld bewahren und sich mit dem Strom durch die Straße zu drücken. Als an dem geplanten Parkplatz ankamen, hörte tatsächlich der Regen auf und wir hatten ca. 5 Minuten um zum Pier zu laufen, wo wir gerade noch die letzten Klänge der live gesungenen, einleitenden Nationalhymne mitbekamen und schon ging die Knallerei los, untermal von sehr schöner Musik. Es war wirklich toll und obwohl es schon 21 Uhr war, hielt es Frederik tapfer aus. Ich hatte leider vergessen die Speicherkarte in den Foto zurück zu stecken, darum gibt es hierzu keine Bilder. Aber wie ein Feuerwerk aussieht, wisst ihr ja alle. Außergewöhnlich für mich waren Rakten, die nach ihrem Abschuss zu Herzen oder mehrfarbigen Smileys explodierten. Und was dem ganzen noch die Krönung verpasste waren die enorm langen scharfen Blitze, die riesige leuchtende Bilder quer in den dunklen Himmel brannten gleichzeitig zum Feuerwerk.

Als es rum war passierte das gleiche, wie auch schon bei unserer Hinfahrt - alle wollten natürlich nach Hause. Also ging es im selben Entenmarsch in Zeitlupe wieder zurück, nur mit dem Unterschied, dass es schon nach 22 Uhr war und Frederik sehr ungemütlich wurde. Endlich angekommen, rief er nur noch Bett und ging freiwillig ins Schlafzimmer. Wir folgten ihm auch sehr bald.

Am Dienstag morgen war wieder Strand und Meer auf der Tagesordnung und es passierte etwas unfassbares: direkt vor uns, nur ca 10m entfernt schwammen zwei Delfine im Wasser und labten sich an der Reichhaltigkeit der kleinen Fische. Einzigartig, aufregend, wunderschön und für mich ein wahres Geschenk das erleben zu dürfen! 

Und ausgerechnet hatte uch heute morgen die gute Kamera daheim gelassen  🙈🙊🙉



Am stand kam ich noch mit einem älteren Herren ins Gespräch, den wir bei jedem Strandbesuch an uns vorbeigehen sehen konnten. Diesmal sammelte er den Müll des vergangenen Abends auf. Nach einem Unfall hatte er die Wirbelsäule gebrochen und es sah so aus als könne er nie wieder laufen. Zwei Notoperationen und viel Physiotherapie später wurde er entlassen mit der Aufforderung so viel wie möglich zu laufen. Und das tut er auch. Täglich 5 Meilen den Strand auf und ab und dabei nutzt er die Zeit und sammelt Müll ein. Jeden Tag eine große Tüte voll. Toll dass es solche Leute gibt!!! 😊👍

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